Proaktives Steuerorgan dank papierlosem Abrechnugssystem

14. Dezember 2009



Die Stiftung Behindertentransport Kanton Bern (BTB) unterstützt mit einem Angebot an geeigneten Transportmöglichkeiten die Integration von Personen mit eingeschränkter Mobilität in ihr gesellschaftliches Umfeld. Die von der kantonalen Verwaltung beauftragte Organisation ist verantwortlich für die gesamte Angebots- und Budgetsteuerung sowie für Verträge mit den Transportunternehmen für Freizeitfahrten im Kanton Bern. Diese Fallstudie zeigt, wie die Stiftung Behindertentransport Kanton Bern (BTB) zusammen mit der nowhow solutions AG ein papierloses Abrechnungssystem einführte. Mit diesem System kann die BTB die Zeitspanne bis zur Verfügbarkeit der Daten zu Fahrten verkürzen und so ihren Auftrag als Steuerungsorgan des Behindertentransportes aktiv wahrnehmen.


1. Stiftung Behindertentransport Kanton Bern

Die Ende 1997 gegründete Stiftung Behindertentransport Kanton Bern (BTB) unterstützt mit einem Angebot an geeigneten Transportmöglichkeiten die Integration von Personen mit eingeschränkter Mobilität in ihr gesellschaftliches Umfeld. Die von der kantonalen Verwaltung beauftragte Organisation ist verantwortlich für die gesamte Angebots- und Budgetsteuerung sowie für Verträge mit den Transportunternehmen für Freizeitfahrten im Kanton Bern. Der Begriff der „Freizeitfahrt“ ist in diesem Kontext als Gegensatz zu Arbeits- und Schultransporten, die direkt durch die IV finanziert und abgerechnet werden, zu verstehen.

Die BTB verfügt über rund 250 Stellenprozente und erhielt vom Kanton Bern für das Jahr 2009 ein Budget von 4,7 Mio. Schweizer Franken. Damit kann sie den rund 4‘000 berechtigten Personen, welche sich zu zwei Dritteln aus AHV-Kunden und einem Drittel IV-Kunden zusammensetzen, insgesamt 130‘000 Fahrten ermöglichen. 36 akkreditierte Transportunternehmen stellen die Mobilität dieser Personengruppe innerhalb des gesamten Kantons Bern sicher.

„Personen im IV- und im AHV-Alter wollen zunehmend ein selbständiges Leben zu Hause führen. Der Bedarf an Transportmöglichkeiten steigt. Diese fördert die Lebensqualität,
bringt aber auch hohe Kosten mit sich.“
Ronald Liechti

2. Mobil trotz Gehbehinderung


Obwohl öffentliche Verkehrsmittel in den letzten Jahren sukzessive an die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern und Gehbehinderten angepasst wurden, sind viele dieser Menschen auf die Nutzung von individuellen Behindertentransporten angewiesen. Im Kanton Bern haben sie die Möglichkeit, für die persönliche Freizeitmobilität auf ausgewählte professionelle Transportunternehmen zurückzugreifen. Diese erbringen einen Taxiservice von Haustür zu Haustür inklusive kleinerer Hilfestellungen wie das Zusammenlegen des Rollstuhls oder die Begleitung zur Haustüre. Dazu können die Gehbehinderten selbstständig ein Taxi eines akkreditierten Transportunternehmens anfordern und nutzen. Die Fahrtstrecke wird der BTB gemeldet, die einen grossen Teil der Fahrtkosten, welche anhand einer Kostentabelle ermittelt werden, übernimmt. Der Fahrgast zahlt einen Selbstbehalt. Jedem berechtigten Gehbehinderten steht ein monatliches Kontingent an Transporten zu (zurzeit 16 Fahrten pro Monat).


3. Herausforderung Kostentransparenz

Die Herausforderung für die BTB liegt darin, stets genau zu wissen, wie viele Fahrten bereits ausgeführt wurden und welche Kosten dabei angefallen sind. Als gemeinnützige Stiftung ist sie einerseits interessiert, die Mobilität und die Integrationsfähigkeit gehbehinderter Menschen zu maximieren. Als Stiftung ohne Defizitgarantie ist die BTB andererseits auf eine sorgfältige Budgetkontrolle angewiesen. In diesem Spannungsfeld ist die BTB auf schnell verfügbare Informationen angewiesen – sowohl um als Steuerungsorgan des Behindertentransports funktionieren zu können als auch um die Mobilitätsbehinderten über ihr verfügbares Kontingent zu benachrichtigen.

Der bisherige administrative Ablauf verlief wie folgt: Um eine Übersicht über die zu Verfügung stehenden Fahrten zu erhalten, erhielten die Gehbehinderten von der BTB jeden zweiten Monat eine bestimmte Anzahl Gutscheine. Auf diesen wurden die getätigten Fahrten erfasst. Wie sich zeigte, war aber die Gutscheinhandhabung für viele umständlich, was sich beispielsweise im Vergessen oder Verlust von Gutscheinen manifestierte. Die Daten der getätigten Fahrten wurden vom Transportunternehmen in Form der ausgefüllten Gutscheine oder via ein spezielles Erfassungsprogramm dem Behindertenheim Rossfeld gemeldet. Das Behindertenheim übernahm für die BTB – neben der Pflege der Kundenstammdaten – administrative Aufgaben wie die Eingabe der Fahrtendaten bzw. das Einlesen der vom Fahrdienst angelieferten Daten in eine von der BTB parametrisierte Datenbank. Tage bis Wochen später traf schliesslich die Rechnung der Transportunternehmen bei der BTB ein. Obwohl jede gefahrene Strecke gemeldet werden musste, waren die aggregierten Daten aus der Datenbank oft inkonsistent mit der zu zahlenden Gesamtrechnung. Die Budgetkontrolle litt bei diesem Prozess, da die wahren Kosten erst nach dem späten Erhalt aller Rechnungen transparent wurden. Die BTB war aus diesem Grund in ihrer Funktionen als Steuerungsorgan eingeschränkt.

Sie bat deshalb nowhow solutions AG, die selbst parametrisierte Datenbank auf deren Weiterentwicklungsfähigkeit und Wartbarkeit zu prüfen.


4. Eine papierlose Abrechnung

Parallel zur Sichtung der bestehenden Datenbank, um Migrations- und Optimierungsmöglichkeiten zu analysieren, entwickelte nowhow solutions AG verschiedene alternative Konzepte einer Lösung, die die Bedürfnisse aller Anspruchsgruppen im gesamten Prozess des Behindertentransports berücksichtigt. Dabei begnügte sich nowhow solutions AG nicht nur mit Fragen zur Automatisierung und zur Implementierung einer Anwendung, sondern arbeitete auch Vorschläge zur Prozessoptimierung aus und legte diese der BTB vor.

Gemeinsam erarbeiteten nowhow solutions AG und BTB schliesslich ein Detailkonzept und entschieden sich für die Umsetzung von PUMA, das papierlose Abrechnungssystem, das auf dem Open Source Framework Apache OFBiz basiert.

PUMA bildet sämtliche Beziehungen zwischen der Stiftung BTB, den Transportunternehmen, dem Behindertenheim Rossfeld und den Mobilitätsbehinderten ab und beschleunigt den Informationsfluss zwischen ihnen (vgl. Abbildung 1). Dadurch profitieren alle involvierten Anspruchsgruppen von einem erleichterten Ablauf des Transportprozesses.

Abb. 1: Abwicklung des Behindertentransportes mit PUMA


Abb. 1: Abwicklung des Behindertentransportes mit PUMA

Elektronische Konten für Mobilitätsbehinderte
Mit PUMA erhält jeder Gehbehinderte ein eigenes elektronisches Konto. Die Kontingente werden regelmässig auf die Konten gutgeschrieben. Eine periodisch per E-Mail zugestellte Information zeigt an, welche Fahrten unternommen wurden und wie viele Fahrten noch zu Verfügung stehen. Wer keine E-Mailadresse besitzt, erhält einen Kontoauszug per Post. Einfache Mutationen wie Adressänderungen können die Mobilitätsbehinderten selbst in PUMA vornehmen.

Die Gutscheine, auf welchen die Fahrten bisher eingetragen wurden, sind durch einen Ausweis in Kreditkartengrösse ersetzt worden, den die Gehbehinderten vor jeder Fahrt vorweisen müssen.

Bedienerfreundliche Datenbank für das Behindertenheim Rossfeld
Das Behindertenheim Rossfeld erhält mit PUMA eine neue Datenbank, die sich bezüglich Usability deutlich von der alten abhebt. Bei technischen Problemen steht der Support von nowhow solutions AG zu Verfügung.

Webanbindung für Transportunternehmen
Statt wie bisher die Fahrten für Gehbehinderte mittels der ausgefüllten Gutscheine melden zu müssen, können die Transportunternehmen Strecke, beförderte Person und Kosten komfortabel über eine Webapplikation eintragen. Wenn nötig, lässt sich über die Webapplikation abklären, ob die Gehbehinderten ihr Kontingent bereits ausgeschöpft haben. Grössere Unternehmen, die ein eigenes Dispositionssystem führen, können die Daten über eine direkte Schnittstelle an PUMA übermitteln. Die Rechnung für den vergangenen Monat kann das Transportunternehmen direkt aus PUMA generieren und als PDF an die BTB übermitteln.

Detaillierte Übersicht für die Stiftung Behindertentransport Kanton Bern
Die Stiftung kann zeitnah die Strecken und die Kosten in PUMA nachvollziehen, denn beide Informationen beruhen auf denselben Daten.

Zusätzlich lassen sich mit dem in PUMA implementierten Reporting-Tool auf Knopfdruck detaillierte Statistiken über die Behindertentransporte in grafischer und tabellarischer Form erstellen.


5. Beschleunigter Informationsfluss

PUMA hat im Behindertentransport des Kantons Bern nicht nur die Verwendung von Papier auf ein Minimum reduziert, sondern auch für alle Beteiligten die Prozesse derart optimiert, dass alle vom schnelleren, elektronischen Informationsfluss profitieren.

Höhere Benutzerfreundlichkeit für Mobilitätsbehinderte
Die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Verlust von Gutscheinen gehören der Vergangenheit an, da die Übersicht über die entrichteten und zu Verfügung stehenden Fahrten via E-Mail oder einem Kontoauszug in Papierform übermittelt wird. Ein Verlust des Ausweises fällt weniger ins Gewicht, da alle aktuellen Daten im elektronischen Konto erfasst sind und der Ausweis unkompliziert neu zugestellt werden kann.

Behindertenheim Rossfeld
Dank der stark verbesserten Bedienerfreundlichkeit gegenüber dem ehemals proprietären System können nun die Stammdaten der Mobilitätsbehinderten ohne Mühe gepflegt und allfällige von Transportunternehmen nach der vorgegebenen Frist gemeldete Fahrten nachträglich ins System eingetragen werden.

Beschleunigter Abrechnungsprozess bei Transportunternehmen
Mit der Möglichkeit, Fahrten direkt über eine Webapplikation einzutragen, entfällt der Umweg über das Behindertenheim Rossfeld. Für die Transportunternehmen bedeutet die Datenübertragung im Web auch eine Beschleunigung ihres Abrechnungsprozesses, insbesondere wenn die Rechnungen aus dem eigenen Dispositionssystem an die BTB übermittelt werden können.

Proaktives Steuerungsorgan Stiftung Behindertentransport Bern
Die Stiftung Behindertentransport Bern (BTB) besitzt mit PUMA eine verlässliche und konsistente Datengrundlage. Diskrepanzen zwischen gemeldeten Fahrten und Verrechnungskosten können nun vermieden werden, da beide Informationen auf denselben Daten basieren.

Weil PUMA den Abrechnungsprozess bei den Transportunternehmen beschleunigt, stehen die Daten auch schneller bei der BTB zu Verfügung. Bereits Mitte des Folgemonats können detaillierte Auswertungen über Fahrten und Kosten im abgelaufenen Monat vorgenommen werden.

„Mit PUMA sind wir in der Lage, einschneidende Entwicklungen frühzeitig zu antizipieren und proaktiv zu handeln. Davon profitieren alle Beteiligten.“
Ronald Liechti


Mit der verbesserten Datengrundlage und der verkürzten Auswertungszeit ist die BTB in der Lage, als Steuerungsorgan des Behindertentransports zu agieren. Da Entwicklungen schneller antizipiert werden, ist es möglich, das vorhandene Budget gezielt zugunsten der Gehbehinderten auszuschöpfen. So können die Anzahl der zu Verfügung stehenden Kontingente und der Selbstbehalt je nach ändernder Zahl der registrierten Gehbehinderten und bisheriger Gesamtausgaben angepasst werden.

Schliesslich entfällt mit dem papierlosen Abrechnungssystem auch der aufwändige Druck und Versand der Gutscheine.

Mit PUMA erhält die BTB eine zentrale Applikation, welche die Informationsqualität deutlich steigert und den Zahlungsabwicklungsprozess optimiert.


Betreiber der Lösung

Stiftung Behindertentransport Bern
Ronald Liechti, Geschäftsführer
Branche: Caritative Organisationen / Kirchen / Entwicklungshilfe, Organisation und Abwicklung von Freizeitfahrten für Behinderte
Unternehmensgrösse: KleinstunternehmenStiftung Behindertentransport Bern

Lösungspartner

Markus Studer, Projektleiter
nowhow solutions ag

Autoren der Fallstudie

Dilip Vimalassery, Nicole Scheidegger
Sieber & Partners

14. Dezember 2009
Nicole Scheidegger; Norman Briner; Dilip Vimalassery; Dominik Guggisberg; Pascal Sieber; Marc André Hahn; Rudolf Meyer; Alfred Bertschinger; Jürg Habermayr; Gerrit Taaks (2009): Die Organisation des E-Business IX. Innovation: Fallstudien über die Bedeutung der Informatik und Telekommunikation zur Steigerung der Innovationskraft von Organisationen. Dr. Pascal Sieber & Partners AG; Bern. ISBN 978-3-7272-1345-8

Zu dieser Fallstudie sind keine Anhänge verfügbar.
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behindertentransport-nowhowsolutions
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/2086-behindertentransport-nowhowsolutions
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