AstraZeneca AG: Einheitlich und effizient Kongresse organisieren

19. Oktober 2005



AstraZeneca entstand 1999 aus der schwedischen Astra AB und der britischen Zeneca Group PLC und gehört heute weltweit zu den führenden pharmazeutischen Unternehmen.
Die Veranstaltung von Kongressen ist für AstraZeneca eines der wichtigsten Instrumente, um den Informationsaustausch mit den medizinischen Fachpersonen zu pflegen. Die vorliegende Fallstudie beschreibt, wie das Pharma-Unternehmen es dank eines Kongressinformationssystems schafft, diese Veranstaltungen effizient zu organisieren.


Die Erstellung dieser Fallstudie wurde unterstützt von:


1. AstraZeneca AG

AstraZeneca entstand 1999 aus der schwedischen Astra AB und der britischen Zeneca Group PLC und gehört heute weltweit zu den führenden pharmazeutischen Unternehmen. Sie ist auf sieben Therapiegebiete spezialisiert: Magen-Darm, Herz-Kreislauf, Zentralnervensystem, Onkologie, Atemwege und Anästhesie sowie Infektion und Schmerz.

In der Schweiz sind rund 200 Mitarbeiter/-innen für AstraZeneca tätig. Sie beschäftigen sich hauptsächlich mit Marketing und Vertrieb der rezeptpflichtigen Medikamente. Zielpublikum sind Allgemeinpraktiker, Fachärzte, Spitäler und Apotheken.

„Jede Business Unit hatte ihre eigene Best Practice, Veranstaltungen zu organisieren. Durch die unterschiedliche Arbeitsweise war der Wissensaustausch zwischen den Kongress-Verantwortlichen kaum möglich.“
(Marc Schneider, Astra Zeneca AG)


Die Veranstaltung von Kongressen ist für AstraZeneca eines der wichtigsten Instrumente, um den Informationsaustausch mit den medizinischen Fachpersonen zu pflegen. Die vorliegende Fallstudie beschreibt, wie das Pharma-Unternehmen es dank eines Kongressinformationssystems schafft, diese Veranstaltungen effizient zu organisieren. Gemeinsam mit Netarchitects SA hat sie den Prozess des Kongressmanagements vereinheitlicht. Verschiedene Benutzergruppen greifen auf die Kongress-datenbank zu und profitieren damit gegenseitig von Erfahrungen mit Veranstaltungsorten, Hotels, Kongressräumlichkeiten. Die Datenbank dient somit als zentrales Informationssystem.


2. Dialog mit den medizinischen Fachpersonen

AstraZeneca investiert in ihren Forschungszentren weltweit jeden Arbeitstag 18 Millionen Franken in die Entwicklung neuer Wirkstoffe und Medikamente. Resultat sind innovative, zukunftsgerichtete und patientenorientierte Medikamente.

Der Vertrieb der entwickelten Produkte ist aufgrund rechtlicher Beschränkungen in der Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente komplex: Primäre Zielgruppe für AstraZeneca sind die Allgemeinpraktiker und Fachärzte. Sie kaufen die Medikamente zwar nicht, verschreiben diese aber den Patienten. Sie übernehmen in diesem Sinne eine Gatekeeper-Funktion.

AstraZeneca nimmt ihre Informationspflicht sehr ernst: Sie vermittelt den Ärzten Informationen über die neusten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dafür sind die Aussendienst-Mitarbeiter/-innen von AstraZeneca verantwortlich. Sie sind nach den Therapiegebieten organisiert und besuchen die Ärzte, die auf dem jeweiligen Therapiegebiet arbeiten, regelmässig. Ziel ist es, ihnen die Bedeutung der angebotenen Produkte für die spezifischen Krankheiten aufzuzeigen. Während dieser Besuche erhalten die Aussendienstmitarbeiter/-innen auch Informationen über Nebenwirkungen oder Anwendungserfahrungen, die sie an die internen medizinisch-wissenschaftlichen Stellen zurückmelden.

Allerdings ist der Zugang zu den Ärzten aufgrund ihres Zeitdrucks zunehmend eingeschränkt. Deshalb haben andere Kanäle für den Informationsaustausch an Bedeutung gewonnen. Neben der Einzelbetreuung der Ärzte dienen Kongresse der Information über Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten.

AstraZeneca organisiert solche Kongresse selber oder besucht gemeinsam mit ausgewählten Ärzten Kongresse anderer Organisationen. Diese Veranstaltungen sind im Gegensatz zu den Einzelbesuchen produktneutral. Als Referenten treten Professoren und andere Fachpersonen (Key Opinion Leader) zu einem bestimmten Therapiegebiet auf.

Die Ärzte erhalten an diesen Veranstaltungen wertvolle Informationen für die Behandlung ihrer Patienten. Deshalb bezahlen sie für die Teilnahme. Das Gesetz verpflichtet die Ärzte zur ständigen Weiterbildung. Für jede besuchte Weiterbildung erhalten sie deshalb Credits.


3. Arbeitsteilung beim Kongressmanagement

Für die Organisation der Kongresse arbeiten verschiedene Abteilungen Hand in Hand (vgl. Abbildung 1):

  • Marketing-Assistent/-innen: Pro Therapiegebiet ist eine Person verantwortlich für die Planung und Durchführung der Kongresse.
  • Produktmanager: Gemeinsam mit den Marketing-Assistent/-innen bestimmen sie das Thema und die Referenten der Veranstaltung.
  • Aussendienst-Mitarbeiter/-innen: Sie laden die Ärzte zu den Kongressen ein.
  • Kongress-Support: Diese Personen sind für die Betreuung der Teilnehmer vor Ort während des Kongresses verantwortlich.
  • Finanzabteilung: Sie informiert die Marketing-Assistent/-innen über den Stand der eingegangen Zahlungen.
  • Externe Reiseveranstalter: Im Auftrag der Marketing-Assistent/-innen buchen sie Flüge und Hotels.


Jede Marketing-Assistentin und jeder Marketingassistent hat im Laufe der Jahre eine eigene Methode zur Organisation der Veranstaltungen entwickelt. Die einen arbeiteten bspw. mit Excel-Tabellen zur Planung der Veranstaltung und zur Verwaltung der Teilnehmer. Andere hatten zu diesem Zweck eine Access-Datenbank programmiert.

Es war keine gemeinsame Wissensbasis über Hotels, Veranstaltungsorte, Referenten etc. vorhanden, obwohl die Kongresse zum Teil an den gleichen Orten durchgeführt wurden. Niemand konnte auf die Erfahrungen aus einer anderen Business Unit zurückgreifen.

Im Rahmen einer Reorganisation hat die AstraZeneca deshalb eine zentrale Kongressorganisation, die Congress Group, eingeführt.

Die Schaffung der Congress Group bedingte allerdings, die verschiedenen Methoden zur Kongressorganisation zu vereinheitlichen. Es galt, für alle eine Best Practice zwischen den vielen verschiedenen Methoden zu finden. Deshalb entschied Marc Schneider, der Congress Group ein Kongressinformationssystem zur Verfügung zu stellen. Dieses wurde gemeinsam mit Netarchitects SA entwickelt.


4. Kongresse effizient organisieren

Die Abbildung 1 zeigt die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Stellen bei der AstraZeneca. Dieser Prozess wurde entsprechend mit dem Kongressinformationssystem unterstützt.

Abbildung 1: Arbeitsteilung im Kongressmanagement.



Abbildung 1: Arbeitsteilung im Kongressmanagement.


Schritt 1: Kongress planen
Der Mitarbeitende der Congress Group eröffnet im Kongressinformationssystem einen neuen Kongress. Dazu legt er die allgemeinen Daten wie Datum, Ort und die maximale Anzahl Teilnehmer fest. Die Teilnehmerzahl ist jeweils beschränkt. Dazu definiert der Mitarbeitende der Congress Group, wie viele Teilnehmer jeder Aussendienst-Mitarbeitende einladen darf. Mittels aus dem System generierter Excel-Tabellen wird der Aussendienst-Mitarbeitende über seine Kontingente informiert.

Bei der Wahl des Kongresszentrums, des Hotels, der Restaurants, der Sitzungsräume und der Rahmenveranstaltungen stehen dem Mitarbeitenden der Congress Group die bereits erfassten Kongresszentren zur Auswahl. Er kann aber auch einen neuen Veranstaltungsort hinzufügen. Die Qualitätsbewertung der Orte durch frühere Kongresse helfen bei der Auswahl.

Für die Anreise der Teilnehmer werden im Kongressinformationssystem Standardreiserouten erstellt und beim Reisebüro entsprechend vorgebucht.

Schritt 2: Teilnehmer einladen und verwalten
Der Aussendienst-Mitarbeitende teilt der Congress Group mit, welche Ärzte aus dem relevanten Therapiegebiet er für den Kongress einladen möchte. Diese werden im Kongressinformationssystem dem Kongress hinzugefügt. Das Kongressinformationssystem ist mit dem CRM von AstraZeneca verknüpft: Mittels eines Formulars greift der Mitarbeitende der Congress Group aus dem Kongressinformationssystem auf das CRM zu und wählt den Teilnehmer dort aus. Gleichzeitig wird der Teilnehmer dem zuständigen Aussendienst-Mitarbeitenden zugeordnet. Per Brief werden die vorgeschlagenen Ärzte zur Veranstaltung eingeladen. Auf seinem nächsten Ärztebesuch erinnert der zuständige Aussendienst-Mitarbeitende den Arzt nochmals an die Einladung.

Meldet sich der Arzt direkt bei der AstraZeneca oder über seinen Aussendienst-Mitarbeitenden für den Kongress an, setzt der Mitarbeitende der Congress Group den Status auf angemeldet.

Wöchentlich erhält der Aussendienst-Mitarbeitende eine Rückmeldung über die ihm zugeordneten Anmeldungen und sein verbleibendes verfügbares Kontingent.
Per E-Mail schickt der Mitarbeitende der Congress Group eine Excel-Tabelle mit den Personalien der zum Kongress angemeldeten Ärzte an das Reisebüro, wo die Flüge, Züge und Hotels definitiv gebucht werden. Sobald er die Reisebestätigung hat, meldet er dies dem Arzt, damit dieser seine Reise planen kann.

Mittelfristig ist geplant, dass die Reisebüros selber Zugriff auf das Kongressinformationssystem haben, um die Anmeldungen und Buchungen zu verwalten. Dies wird die Mitarbeitenden der Congress Group von der Koordination der Reiserouten und Unterkünfte entlasten.

Schritt 3: Veranstaltung durchführen
Für die Kongress-Supporter vor Ort erstellt die Congress Group Teilnehmerlisten, Reiserouten, Fluglisten, Transferlisten etc. als Excel-Tabellen. Die Supporter können jedoch auch jederzeit selber im Kongressinformationssystem den aktuellen Stand der Anmeldungen und Abmeldungen verfolgen.

Schritt 4: Veranstaltung abschliessen
Die Finanzabteilung von AstraZeneca erfasst im Kongressinformationssystem, welcher Arzt die Teilnahmegebühr bezahlt hat. Sind nach der Durchführung der Veranstaltung alle Zahlungen beglichen, kann die Mitarbeitende der Congress Group den Kongress abschliessen. Dieser Vorgang kann nicht rückgängig gemacht werden. Der Kongress wird dabei auf read-only gesetzt und sämtliche Daten werden als Excel abgelegt. Die Teilnehmerliste wird als Excel exportiert und in die CRM-Applikation importiert.

Damit weiss der Aussendienst-Mitarbeitende, wenn er das nächste Mal einen Arzt besucht, ob und an welchem Kongress dieser teilgenommen hat.


5. Keine redundanten Daten

Die Grunddaten über die Ärzte, Fachspezialisten und Medien werden aus der CRM-Applikation bezogen und nach Durchführung eines Events wieder zurückgeschrieben, damit die Konsistenz über Systeme hinweg garantiert bleibt. Die Schnittstellen zwischen der CRM-Applikation und dem Kongressinformationssystem stellen sicher, dass die Daten nicht redundant gepflegt werden, aber trotzdem überall vorhanden sind.

Abbildung 2: Datenaufteilung CRM und Kongressinformationssystem.



Abbildung 2: Datenaufteilung CRM und Kongressinformationssystem.


6. Effizienz dank Linearisierung des Prozesses

Das Kongressinformationssystem schafft einerseits bei jedem einzelnen an der Kongressorganisation beteiligten Mitarbeitenden Nutzen. Andererseits erleichtert es auch die Koordination zwischen ihnen.

Die Mitarbeitenden der Congress Group profitieren von der Vereinheitlichung der Kongressorganisation. Sie greifen auf eine gemeinsame Wissensbasis zu Veranstaltungsorten, Hotels, Referenten etc. zu. Die Linearisierung des Prozesses hat weiter dazu beigetragen, die Prozesseffizienz zu steigern. Gegenseitige Stellvertretungen sind nun möglich, weil der Prozess transparent ist. Die Einarbeitungszeit neuer Mitarbeitenden konnte ebenfalls reduziert werden.

Die Aussendienst-Mitarbeitenden haben stets einen Zugriff auf den aktuellen Stand der Anmeldungen und ihr verfügbares Kontingent für die Einladungen. Im CRM-System sehen sie zusätzlich, welcher Arzt an welchem Kongress teilgenommen hat und können beim nächsten Arztbesuch darauf Bezug nehmen.

Direkte Kosteneinsparungen können in zweifacher Hinsicht realisiert werden: Das Kongressinformationssystem stärkt die Einkaufsmacht von AstraZeneca bspw. gegenüber Hotels, weil Buchungen koordiniert vorgenommen werden, oder weil die Kongressverantwortlichen argumentieren können, dass sie schon mehrmals in einem Hotel Kunden war. Dies wurde erst möglich durch die Transparenz auf die vergangenen Veranstaltungen. Andererseits kann bspw. über die Bewertung der Hotelzimmer ersichtlich sein, dass die zweitbeste Kategorie eines Hotelzimmers auch eine genügend gute Unterkunft bietet, und man nicht unbedingt die teuerste Kategorie buchen muss.


7. Lessons Learned

Bei abteilungsübergreifenden Projekten wie der Realisierung des Kongressinformationssystem gilt es, die betroffenen Personen stets frühzeitig zu involvieren. Im vorliegenden Fall ist Marc Schneider deshalb in einem Bottom-up-Approach an das Projekt herangegangen. Er hat die Bedürfnisse der Marketing-Assistent/-innen erhoben. So hatten sie die Möglichkeit, das System, mit dem sie arbeiten sollten, mitzukonzipieren.

„Wir – alle betroffenen Mitarbeiter/-innen von AstraZeneca und Netarchitects – haben im Projekt stets am gleichen Strick gezogen.“
(Marc Schneider, AstraZeneca AG)


Die enge räumliche Einbindung der Mitarbeiter von Netarchitects in das Projekt, hat sicherlich auch massgeblich zum Erfolg der Anwendung beigetragen. In der Hauptprojektphase hatten die Entwickler und Projektleiter von Netarchitects ihren Arbeitsplatz zur AstraZeneca verlegt. Dies förderte die Integration des externen Dienstleisters und stärkte die Identifikation des Projektteams. Mit diesem Vorgehen hat Marc Schneider eine Einheit zwischen extern und intern geschaffen. Dies ist seines Erachtens die Grundlage für den Erfolg der Zusammenarbeit: „Es gab nur noch ein Team und ein Ziel.“


Die Erstellung dieser Fallstudie wurde unterstützt von:


Betreiber der Lösung

AstraZeneca AG
Marc Schneider, IS & Purchasing Director
Branche: Gesundheitswesen/Medizin, Pharmazie
Unternehmensgrösse: MittelunternehmenAstraZeneca AG

Lösungspartner

Thomas Frey, Marketing
Netarchitects SA

Autoren der Fallstudie

Nicole Scheidegger
Sieber & Partners

19. Oktober 2005
Nicole Scheidegger; Pascal Sieber; Gerrit Taaks; Marc André Hahn: Die Organisation des E-Business V; Fallstudien über den Einsatz der Informatik und Telekommunikation für den geschäftlichen Erfolg von Unternehmen und Verwaltungen. Dr. Pascal Sieber & Partners AG; Bern 2005; ISBN-10 3-033-00620-5

Zu dieser Fallstudie sind keine Anhänge verfügbar.
1697
astrazeneca-netarchitects
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1697-astrazeneca-netarchitects
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