Aufbau einer Datenbank-Lösung beim Verband Schweizerischer Pferdezuchtorganisationen

01. September 2004



Diese Fallstudie beschreibt den Prozess des Aufbaus der neuen Datenbank des Verbandes Schweizerischer Pferdezuchtorganisationen sowie deren Möglichkeiten. Durch diese Erneuerungen bietet der VSP den Interessierten an Pferdezucht und -sport in Zukunft die Möglichkeit, umfassende Informationen sowie Neuigkeiten zu den Anlässen aus dem Internet zu beziehen.


1. Verband Schweizerischer Pferdezuchtorganisationen

Der Verband Schweizerischer Pferdezuchtorganisationen (VSP) wurde 1963 unter dem Namen Schweizerischer Pferdezuchtverband gegründet. Die Idee war, alle Rassen- und Zuchtorganisationen unter einem Dachverband zu organisieren. Zu seinen Aufgaben gehören die Förderung der Schweizerischen Pferdezucht und -haltung, die Unterstützung seiner 16 Mitglieder bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und die Vertretung seiner Mitglieder gegenüber verschiedenen Anspruchsgruppen:

  • Behörden auf kantonaler sowie eidgenössischer Ebene
  • Andere Organisationen, die sich mit Zucht, Haltung oder Gebrauch von Pferden befassen
  • Andere nationale sowie internationale Organisationen

 


„Die Boxalino AG war in der Lage, trotz beschränkten finanziellen Mitteln eine moderne Datenbank-Lösung zu entwickeln, die auch zukünftigen Anforderungen ohne weiteres genügen wird. “
(Hansjakob Leuenberger, VSP)


Der VSP ist ein Dienstleistungsbetrieb, welcher für seine Mitglieder die politische Vertretung gegenüber dem Bund wahrnimmt, Zuchtveranstaltungen organisiert, Massnahmen im Absatzbereich (z.B. für den Pferdeexport und für Schlachtpferde) ergreift, das Herdenbuch und die Buchhaltung führt. Im Herdenbuch werden alle Schweizer Pferde erfasst.

Diese Fallstudie beschreibt den Prozess des Aufbaus der neuen Datenbank des VSP sowie deren Möglichkeiten. Durch diese Erneuerungen bietet der VSP den Interessierten an Pferdezucht und -sport in Zukunft die Möglichkeit, umfassende Informationen sowie Neuigkeiten zu den Anlässen aus dem Internet zu beziehen.


2. Von der Information zur Kommunikation mit den Mitgliedern

Der VSP übernimmt die Information der Mitglieder der Zucht- und Rassenorganisationen. Dazu gibt er ein in deutsch und französisch erscheinendes Bulletin heraus, welches mit einer Auflage von 15'000 Exemplaren 16 Mal pro Jahr erscheint. Zur Zeit ist dieses Bulletin das Hauptmedium, in welchem aktuelle Mitteilungen der Rassen- und Zuchtorganisationen, Sportresultate, das laufend aktualisierte Pferderegister und alle Veranstaltungs-Ausschreibungen publiziert werden. Die Finanzierung erfolgt durch die Abonnements- und Publikationspflicht der einzelnen Verbandsmitglieder und Veranstalter von Sportanlässen sowie durch Werbeeinnahmen aus Inseraten.

Aufgrund des hohen Aufwandes für die Redaktion und Übersetzung ist das Bulletin finanziell nicht selbst tragend. Der neue Internetauftritt des Verbandes (www.vsp-fsec.ch) soll das Bulletin finanziell unterstützen und ergänzen. Damit folgt der VSP dem Informationsverhalten der jüngeren Generation, welche das Internet als bevorzugtes Medium zur Informationsgewinnung nutzt. Im Vordergrund steht die Publikation von aktuellen Sportanlässen sowie von Ausschreibungen. Mit der Zeit sollen die restlichen Bulletin-Informationen sowie Fachartikel, Berichterstattungen und informative Beiträge ebenfalls auf das Internet übertragen werden.


3. Die neu Website des VSP

Der neue Internetauftritt des VSP wurde durch die Boxalino AG realisiert. Für den redaktionellen Unterhalt der Website wurde das Content-Management-System (CMS) von Boxalino implementiert, welches den Redakteuren des Bulletins nach kurzer Einarbeitungszeit die einfache Aktualisierung der Inhalte im Internet ermöglicht.

In das CMS wurde ebenfalls ein Banner-Management-System eingebaut. Das Ziel des VSP ist es hierbei, den Unterhalt der neuen Website mit Hilfe der Werbeeinnahmen vollständig finanzieren zu können. Zu diesem Zweck sollen die bereits vom Bulletin her bestehenden Inserat-Kunden auf das neue Medium hingewiesen und überführt werden. Zudem erhofft sich der VSP die Gewinnung von zusätzlichen Interessenten für die neuen Werbeflächen.

Das Kernstück des neuen Internetauftritts ist die Abfragemöglichkeit von Pferdepässen und weiteren Informationen über das Internet. Im Folgenden wird zum besseren Verständnis der neuen Lösung die Idee der Pferdepässe kurz erläutert.


4. Der Pferdepass

Pferdepässe, auch Equidenpässe genannt, werden für den Export des Tieres wie auch für den Eintrag ins Sportregister zwingend vorgeschrieben. Neben dem Identifikationsausweis und dem Abstammungsschein enthalten sie weitere Merkmale des Pferdes, die so genannten grafischen und verbalen Signalelemente.

Abbildung 1: Der Pferdepass


Abbildung 1: Der Pferdepass

Die Identifizierung eines Pferdes (Erstellung des Identifikationsausweises) wird an Fohlenschauen und Feldtests durchgeführt. Für die Aufgabe zugelassen sind nur Tierärzte und vom VSP beauftragte Schausekretäre, die eine spezielle Ausbildung mit Prüfung des Schweizerischen Verbandes für Pferdesport (SVPS) durchlaufen haben. Zurzeit werden diese Daten noch von Hand erfasst und nachträglich am Computer in die Datenbank des VSP übertragen. In Zukunft sollen mobile Geräte vor Ort eingesetzt werden, um die Qualität der Datenerfassung zu erhöhen und den Zeitaufwand zu reduzieren. Aufgrund der hohen finanziellen Belastung ist eine Investition in solche Geräte im Moment jedoch noch nicht möglich.


5. Die XML-Datendrehscheibe

Der Identifikationsausweis und der Abstammungsschein, beides Bestandteile des Pferdepasses, werden in der Datenbank des VSP erfasst. Die Datenbank des SVPS enthält alle Sportregistereintragungen der Pferde und die Sportergebnisse. Mit Hilfe der XML-Datendrehscheibe sollen diese Informationen schrittweise auf der neuen Datenbank zusammengeführt und über ein Web-Interface des neuen Internetauftritts den einzelnen Interessengruppen zugänglich gemacht werden. Das Ziel ist es, dem Benutzer zukünftig alle über ein Pferd verfügbaren Informationen zusammenzufassen und den Bedürfnissen entsprechend anzubieten.

Aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse verfügen der VSP und der SVPS über zwei eigenständige Datenbanken. Bei Projektbeginn für den neuen Internetauftritt musste deshalb überprüft werden, ob die beiden Datenbanken zusammengeschlossen werden können oder ob die Möglichkeit besteht, die XML-Datendrehscheibe auf der Basis einer bestehenden Datenbank zu realisieren und die Daten der anderen auf diese zu überführen. Aufgrund folgender Schwierigkeiten kam man bei Boxalino zum Schluss, dass beide Möglichkeiten nicht realisierbar sind:

  • Einerseits wurden bei beiden bestehenden Datenbanken aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse verschiedene Technologien angewandt. Zudem handelte es sich um veraltete Technologien, welche den zukünftigen Ansprüchen der XML-Datendrehscheibe nicht mehr entsprechen würden.
  • Andererseits hätte die Zusammenlegung der Datenbanken oder die Integration einer der beiden in die andere zu finanziellem und zeitlichem Aufwand geführt, welcher für den VSP nicht tragbar gewesen wären.

 

Abbildung 2: XML-Datendrehscheibe für den Pferdepass


Abbildung 2: XML-Datendrehscheibe für den Pferdepass

Es wurde deshalb beschlossen, eine dritte Datenbank aufzubauen, die den neuen Anforderungen entspricht. Die neue Datenbank bezieht täglich die benötigten Daten über eine XML-Datendrehscheibe von den beiden bestehenden Datenbanken des VSP sowie des SVPS und bereitet diese vollautomatisch für individuelle Anfragen auf. Diese Lösung beinhaltet folgende Vorteile:

  • Eine schnelle und kostengünstige Installation sowie Inbetriebnahme.
  • Der Aufbau auf neusten Technologien erlaubt eine spätere Erweiterung und Anpassung an neue Applikationen.

6. Moderne Web-Appikationen erhöhen die Markttransparenz

Die neue Datenbank ermöglicht Interessierten an Pferdezucht und -sport, verschiedenste Informationen abzurufen.

Den Aktiven und Freunden des Pferdesports bietet die XML-Datendrehscheibe die Möglichkeit, sich im Vorfeld eines Anlasses im Internet ausführlich über die einzelnen Pferde zu informieren, um so die Konkurrenz besser beurteilen zu können. Die neue Datenbank ruft zu diesem Zweck die Daten des Pferdepasses aus der alten Datenbank des VSP ab und kombiniert diese mit den bereits erzielten Sportergebnissen eines Pferdes aus der Datenbank des SVPS. Der Benutzer kann die gewünschten Informationen über ein Web-Interface abfragen.

Im Pferdehandel gelten Wettbewerbspreise, weshalb sowohl die Käufer wie auch die Verkäufer von Pferden an ausführlichen Informationen interessiert sind. Käufer haben ein Interesse, die Abstammung eines Pferdes, seine Auszeichnungen von Sport- und Showanlässen, oder auch die biologischen Merkmale einsehen zu können. Diese ausführlichen Informationen dienen dazu, mögliche Investitionsrisiken oder Wiederverkaufspreise besser einschätzen zu können.

Verkäufer profitieren von der Gelegenheit, den Wert ihrer Pferde mit Hilfe des neuen Internetauftritts und seiner Abfragemöglichkeiten besser kommunizieren zu können. Besonders erfolgreiche Vorfahren eines Zuchtpferdes oder eines Rennpferdes können die Preise deutlich in die Höhe steigen lassen.


7. Die Witschafltichkeit der neuen Datenbank


„Pferde kosten sehr viel Geld und stellen wertvolle Investitionen dar.
Die Interessenten sind durchaus bereit, für gut aufbereitete Informationen etwas zu bezahlen.“
(Michael Ammann, Boxalino AG)



Pferde sind wertvolle Investitionen, weshalb der Nutzen von Informationen auf Käuferseite wie auch auf Verkäuferseite als sehr hoch angesehen werden kann. Dementsprechend sind die Interessenten bereit, für die Bereitstellung solcher Informationen einen Beitrag zu bezahlen. Diese Einnahmen werden auf Verbandsebene verwendet, um das Angebot der Plattform zu erweitern sowie durch Investition in neuste Technologien der Datenerfassung die Qualität weiter zu steigern.

Neben der XML-Datendrehscheibe und den damit verbundenen Web-Applikationen bietet der neue Internetauftritt noch weitere Vorteile für die verschiedenen Interessengruppen:

Die geringe Mitarbeiterzahl und die beschränkten finanziellen Mittel des VSP erfordern eine effiziente Arbeitsbewältigung. Trotzdem will der Verband allen Pferdebesitzern Hilfestellungen leisten. Die Website beinhaltet aus diesem Grund einen Informationsteil, in welchem sich Interessierte über Foren austauschen, häufig gestellte Fragen (FAQ) und deren Antworten konsultieren sowie Fachartikel zu aktuellen Themen einsehen können. Der VSP verspricht sich von diesem Service einerseits eine wertvolle Entlastung seiner Mitarbeiter und andererseits die Förderung von Kontakten und der Zusammenarbeit unter den Pferdebesitzern.

Neben Pferdebesitzern und aktiven Reitern gehören auch Reitschulen und Unternehmer aus den Bereichen Futterhandel, Reitzubehör und so weiter zu den Anspruchsgruppen des Verbandes. Für die meist kleinen und lokal agierenden Unternehmen ist die Plattform ein interessanter Werbeträger, welcher durch seine zentrale Rolle in der Kommunikation der einzelnen Verbandsmitglieder und Interessenten über sehr gute Besucherzahlen verfügt. In einem weiteren Schritt soll diesen Unternehmen deshalb eine Online-Shopping-Lösung angeboten werden. Die dadurch erzielten Mehreinnahmen sollen einerseits zur Deckung der laufenden Betriebskosten der Datenbank und des Internetauftritts eingesetzt werden. Andererseits ist es ein Ziel des Verbandes, sämtliche Inhalte neben deutsch und französisch auch in italienisch und englisch anzubieten.


8. Ausblick

Zurzeit werden die benötigten Daten aus den bereits bestehenden Datenbanken der beiden Verbände bezogen. Mit modernen Schnittstellen und einem State-of-the-art Push- und Pull-Verfahren wird den Verbandsmitarbeitern zukünftig ermöglicht, die Daten jeweils nur noch in der neuen Datenbank zu erfassen, ohne dabei die Aktualität jeder einzelnen Datenbank zu gefährden. Auf lange Sicht wird angestrebt, alle Daten auf die neue Datenbank zu migrieren und dadurch den IT-Aufwand weiter zu verringern.

Für die Förderung der Markttransparenz sind in mehreren Ländern Bestrebungen in Gange, einen internationalen Standard für den Pferdepass zu entwickeln. Beeindruckend ist dabei der starke Kooperationsgedanke über Verbands- und Landesgrenzen hinaus. Doppelspurigkeiten und unterschiedliche Standards sollen vermieden werden, um den internationalen Datenaustausch möglichst schnell umsetzen zu können. In naher Zukunft soll zu diesem Zweck ein Transponder entwickelt werden, welcher jedem Pferd auf der Welt eingesetzt wird. Diese Transponder werden dann in der Lage sein, Daten aus den einzelnen Datenbanken zu speichern und sie am jeweiligen Aufenthaltsort des Pferdes wieder verfügbar sowie aktualisierbar zu machen.


Betreiber der Lösung

Verband Schweizerischer Pferdezuchtorganisationen
Branche: Sonstige Dienstleistungen, Pferdezuchtorganisation
Unternehmensgrösse: KleinunternehmenVerband Schweizerischer  Pferdezuchtorganisationen

Lösungspartner

Michael Ammann, CTO Softwarehersteller
Boxalino AG

Autoren der Fallstudie

Nicole Scheidegger, Arnold Seefeld, Pascal Sieber
Sieber & Partners

01. September 2004
Nicole Scheidegger; Pascal Sieber; Gerrit Taaks: Die Organisation des E-Business IV - The Success of Remote Customer Interaction: Fallstudien über die erfolgreiche Kundenbetreuung und Kundengewinnung durch den Einsatz des Internets und der Mobilkommunikation; Haupt Verlag; Bern; Stuttgart; Wien 2004

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ps-vsp
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1699-ps-vsp
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