Effiziente und zielgerichtete Informationsversorgung der Mitglieder bei santésuisse

01. September 2003



Die santésuisse als Branchenverband der Schweizer Krankenversicherer verkörperte vor der Integration der E-Business-Lösung die typischen Merkmale eines behäbigen Verbandsapparats. Um seinem Informationsauftrag im Schweizer Gesundheits- und Krankenversicherungswesen gerecht werden zu können, setzt der Verband heute auf E-Business-Technologien. Eine einhergehende Imageverbesserung durch die E-Business-Integration konnte als positiver Zusatzeffekt verbucht werden und eine kostengünstige, effiziente und vor allem zielgerichtete Informationsversorgung der Mitglieder des Verbandes erreicht werden.


1. Der Verband

Die santésuisse als Betreiberin der E-Business-Lösung ist der Branchenverband der Schweizer Krankenversicherer. Als solcher nimmt sie die Interessen ihrer Mitglieder (alle Krankenversicherer der Schweiz) wahr, indem sie diese gegenüber den schweizerischen Behörden bzw. über ihre Geschäftsstellen gegenüber den kantonalen Behörden vertritt. Die santésuisse unterstützt zudem eine zielgerechte Zusammenarbeit mit den am Gesundheitswesen beteiligten Organisationen und Institutionen, um so gemeinsame Lösungsansätze im Gesundheitswesen zu erarbeiten . Als Branchenorganisation fördert die santésuisse das Verständnis für die Krankenversicherer in Politik und Öffentlichkeit. Sie formuliert und vertritt die Position der Mitglieder zu sozial- und gesundheitspolitischen sowie zu gesellschaftlichen Fragestellungen. Ziel des Verbandes ist es zum einen, ein positives Image der Schweizer Krankenversicherer in der Gesellschaft zu etablieren und zum anderen, seinen Informationsauftrag zu erfüllen. Dieser Informationsauftrag bezieht sich dabei sowohl auf die Bereitstellung von Informationen für die Mitglieder des Verbandes (z.B. Verträge mit Spitälern) wie auch für die interessierte Öffentlichkeit (z.B. Positionen zur KVG-Revision).

Hintergrund:

Die santésuisse ging ehemals aus dem Konkordat der schweizerischen Krankenkassen (KSK) hervor, dessen Grundstein 1891 als Freizügigkeitsverband der Krankenkassen-Verbände Zürich, Thurgau und St. Gallen/Appenzell gelegt wurde. Im Jahre 1914 wurde mit dem Inkrafttreten des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (KUVG) die erste gesamtschweizerische Ordnung für das Krankenkassenwesen begründet. Mit der Wahl des ersten, vollamtlichen Konkordatssekretärs im Jahre 1924 vollzog man die Abkehr vom bisher praktizierten Vorortsystem. Eine spätere Revision des KUVG hatte die Abspaltung der Unfallversicherung zur Folge und erwirkte das Krankenversicherungsgesetz (KVG). Erst durch den Zusammenschluss mit Fédération romande und Federazione ticinese im Jahre 1985 wurde dann ein gesamtschweizerischer Dachverband aller Krankenkassen geschaffen, welcher nach erfolgter Fusion mit den Kantonalverbänden seit 2002 als gesamtschweizerisch agierender Verband der Krankenversicherer unter dem Namen santésuisse auftritt.

Die Struktur des Verbandes ist nach vier Regionen und Abteilungen aufgegliedert. Die Generalversammlung der Krankenversicherer stellt den Verwaltungsrat (derzeit 14 Mitglieder), welcher die Direktion der santésuisse bestimmt. Die Direktion wiederum besitzt die Weisungsaufsicht über die Regional- und Abteilungslungen. Die vier Regionen von santésuisse teilen die Schweiz in die Gebiete West, Mitte, Ost I und Ost II. Über all diese Regionen sind die Abteilungen Ökonomie und Recht, Politik und Kommunikation, Tarife und Preise, Services sowie Ressourcen und Logistik aufgespannt (Matrixorganisation).

Branche, Produkt und Zielgruppe:

Die santésuisse ist als Verband im Gesundheitswesen tätig und hier speziell im Bereich der Krankenversicherung. Da es sich bei diesem Verband nicht um ein gewinnorientiertes Unternehmen handelt, spielt die Entwicklung des Marktpotenzials eine eher untergeordnete Rolle.
Die santésuisse ist als Dienstleister zu verstehen, dessen Kernleistung die Informationsversorgung der Mitglieder und interessierter Personenkreise darstellt. Als Zielgruppen werden unter anderem Interessenten aus folgenden Gruppen angesprochen: Medien, Politik, Mitglieder (Krankenversicherer), internes Personal, Studierende (z.B. Anfragen zu Diplomarbeiten zum Gesundheitswesen der Schweiz) und Lehrende (z.B. Zugriff auf Grafik- und Statistik-Datenbank).
Die Informationsversorgung wird dabei über das Internet und ein speziell entwickeltes Extranet sichergestellt, welches lediglich den Mitgliedern zugänglich ist. Die Interessenten können via Internet Informationen zu allen Bereichen und Fragestellungen des Gesundheitswesens abrufen (vgl. Abb.1.1).

Abb.1.1: Leistungen der santésuisse
Abb.1.1: Leistungen der santésuisse



Im Bereich Politik und Recht die aktuellen Diskussionspunkte im Gesundheitswesen verfolgt werden (Aktuelles) und die Stellung des Branchenverbands zu diesen Themen eingesehen werden (Positionspapiere der santésuisse). Interessierten steht zudem die Möglichkeit des Preisvergleichs von Medikamenten mittels der Eingabe des Medikamenten-Wirkstoffes zur Verfügung. Die Einsicht in den aktuellen Stand kantonaler Verhandlungen ist lediglich den Mitgliedern von santésuisse möglich.

Im Bereich Zahlen und Fakten können u. a. Statistiken und Grafiken zum Gesundheitswesen eingesehen und bezogen werden, eine Dienstleistung, von der vor allen Dingen im Lehrbetrieb beschäftigte Personen Gebrauch machen. Die Möglichkeit, mittels eines Newsletters auf dem Laufenden gehalten zu werden, Richtlinien und die Verträge (z.B. zwischen den Krankenkassen und bestimmten Spitälern etc.) einzusehen, ist wiederum den Mitgliedern von santésuisse vorbehalten.

Das bedeutendste Dienstleistungsangebot der santésuisse findet sich im Bereich Service wieder. Neben den öffentlich zugänglichen Publikationen (z.B. das 1x1 der Krankenversicherung oder das Handbuch der Schweizerischen Krankenversicherung), FAQs und Teilbereiche der Vertrags- und Preisgestaltung (z.B. Höhe der Verzugszinsen bei überfälligen Beiträgen) sind hier speziell die Informationsversorgung der Mitglieder durch Rundschreiben und der Zugriff auf das Zahlstellenregister (ZSR) via nahtlos integriertem Extranet von grosser Bedeutung. Das Zahlstellenregister beinhaltet alle Zahlstellennummern der Leistungserbringer im Gesundheitswesen (z.B. Spitäler, Ärzte, Therapeuten etc.). Mittels dieser Nummern können Leistungserbringer identifiziert (Name, Tätigkeit, Ausbildung, Berechtigungen, medizinisches Inventar etc.) und zur Leistungsverrechnung mit den Krankenkassen legitimiert werden. Eine eingeschränkte Version des ZSR ist öffentlich im Internet nutzbar.

Speziell für die Interessenten der Medien sind im Bereich Presse Communiqués, Presseanfragen und ein Pressearchiv öffentlich zugänglich.

Des Weiteren informiert die santésuisse über Bildungs- bzw. Fortbildungsangebote (Bereich Schulung) wie beispielsweise Aufbaukurse zur Branchenkunde. Diese Angebote werden den Teilnehmern in Rechnung gestellt.

Neben den oben genannten Informationen werden im Bereich santésuisse allgemeine Informationen über den Verband (z.B. Dienstleistungen, Geschichte, Vision und Leitsätze des Verbands etc.) via Internet zur Verfügung gestellt. Im Extranet können Mitglieder zudem interne Informationen abrufen, beispielsweise zu Berichten der Direktion oder Verwaltungsratssitzungen.

Der Bereich Intern informiert Mitglieder zusätzlich über neuste Entwicklungen und Entscheidung im Verwaltungsrat (VR), in Kommissionen oder Arbeitsgruppen.

Vision des Verbands:

Als führende Branchenorganisation in der Schweizer Gesundheitspolitik vertritt die santésuisse rund 7.2 Mio. Versicherte. Sie folgt dabei der Vision eines freiheitlichen, sozialen und finanzierbaren Gesundheitswesens. Dementsprechend soll das Gesundheitsweisen von der Wahlfreiheit der Versicherten sowie der Kongruenz von Kompetenz und finanzieller Verantwortung geprägt sein. Darüber hinaus ist gemäss der Vision der gesamten Bevölkerung der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung zu ermöglichen.

Mit ihrer gesundheitspolitischen Sachkompetenz engagiert sich die santésuisse für ein wettbewerbsorientiertes Gesundheitswesen und tritt gegen Kostenexplosion und Prämiensteigerungen ein.

Langfristiges Ziel ist es, für die Krankenversicherungsbranche einen optimalen Handlungsspielraum zu schaffen und das Verständnis für die Krankenversicherer, ihre Tätigkeit, ihre Positionen und ihr Image gegenüber allen Dialoggruppen zu stärken. Zur Unterstützung der Zielerreichung fiel der Entscheid für eine E-Business-Lösung.


2. E-Business-Strategie

Die Entscheidung, eine E-Business-Lösung für den Verband zu konzipieren, wurde vor allem von folgenden Überlegungen getragen:

  • Die Informationsversorgung der Mitglieder via Rundschreiben wurde bislang postalisch sichergestellt, so dass hohe Kosten für das Versenden der Schreiben entstanden.
  • Die Verwaltung des Zahlstellenregisters wurde von einer Drittfirma gegen eine monatliche Gebühr vorgenommen. Der Bezug von Daten aus dem ZSR wurde entsprechend über diese Firma abgewickelt. Um unabhängig von Dritten agieren zu können und Kosten einzusparen, sollte die Verwaltung des ZSR alleine beim Verband liegen.
  • Einen zusätzlichen Auslöser stellte der Bedarf nach elektronischen Informationen dar (z.B. Verträge, Grafiken, Statistiken etc.).

Zur Umsetzung dieser Überlegungen hat man sich für die Konzeption einer Lösung entschieden, welche basierend auf einer Webplattform die elektronische Abwicklung der anfallenden Handlungsabläufe bewerkstelligen kann.

Stellenwert von E-Business in der Verbandsstrategie:

In den Zeiten des Konkordats der schweizerischen Krankenkassen (KSK) entwickelte sich das Image eines behäbigen Verbandes. Mit dem E-Business-Projekt konnte gezeigt werden, dass der Verband zeitgemäss und technisch versiert ist. Gleichzeitig wurde dadurch die Glaubwürdigkeit gestärkt. Einhergehend mit der Namensänderung in santésuisse wurde auch ein Strukturwandel vollzogen. So wurde der Aufsichtsrat durch eine Reduktion auf 14 Geschäftsstellen – und damit auf lediglich vier Regionenleiter(innen) anstelle von je einem Präsidenten pro Kanton – verkleinert, so dass eine Straffung der Struktur erreicht werden konnte.

Die E-Business Vision der santésuisse lässt sich damit wie folgt charakterisieren:

Die santésuisse als Branchenverband der Schweizer Krankenversicherer strebt mit ihrer E-Business-Lösung eine elektronische Unterstützung und Abwicklung ihres Informationsauftrags und eine Aufwertung ihres Images in der Öffentlichkeit an. Zudem sollen durch die Integration der Lösung langfristig Kosteneinsparungseffekte verzeichnet werden.



E-Business-Einsatzfelder im Verband:

Die Einsatzfelder, über die sich die E-Business-Lösung erstreckt, sind auf das Internet und das Extranet fokussiert. Mittels Internet wird die Informationsversorgung der interessierten Personenkreise gewährleistet, während das integrierte Extranet lediglich den Mitgliedern von santésuisse zur Verfügung steht. Die Anmeldung ans Extranet erfolgt teilweise automatisiert: Anwender mit einem E-Mail-Appendix eines Schweizer Krankenversicherers (vorname.nachname@krankenversicherer.ch) können so ohne Anfrage beim Webmaster mit den Basisfunktionalitäten automatisch registriert werden.

Partner der Integrationslösung:

Da der Verband vor Einführung der Internetlösung noch keine Aktivitäten hinsichtlich E-Business unternommen hatte, musste zur Erarbeitung und Integration der Lösung zunächst ein geeigneter Partner gefunden werden. Mittels Ausschreibungen und Bewertungsraster konnte die Carpathia Consulting GmbH in Zürich als geeigneter Partner ermittelt werden. Diesem auf E-Business spezialisierten Beratungsunternehmen wurden die Entwicklung des E-Business-Konzepts und der E-Business-Strategie, die Projektleitung und die Produktentwicklung übertragen. Neben Kompetenz war vor allem das Verständnis der Teammitglieder untereinander von Wichtigkeit für die Zusammenarbeit, was sich auch schon in früheren gemeinsamen Projekten zeigte. Der Partner für die technische Umsetzung – die insign GmbH in Glattbrugg – wurde von der Beratungsfirma vorgeschlagen und vom Projektteam bestätigt. Der insign GmbH obliegen neben der Programmierung auch die Entwicklung des Content Management Systems, des Applikationsservers und die Betreuung des Webservers. Das Team der santésuisse greift jedoch nur indirekt über die Carpathia Consulting GmbH auf die insign GmbH zu, so dass die Verhandlungen lediglich mit einem Partner geführt werden müssen.


3. Integrationslösung

Extranet, dem die Applikation icms (insign content management system) zugrunde liegt. Eine weitere Besonderheit stellt die Anbindung der Intranets der Krankenversicherer (soweit vorhanden) an die Integrationslösung dar (vgl. Abb. 16.2). Eine genauere Beschreibung der Integrationslösung hinsichtlicht Geschäfts-, Prozess- und Anwendungssicht wird im Folgenden gegeben.

Abb.3.1: Integrationslösung der santésuisse (Übersicht)
Abb.3.1: Integrationslösung der santésuisse (Übersicht)



Geschäftssicht:

Vor Einführung der E-Business-Lösung wurde die Informationsversorgung der Mitglieder und Interessierten noch via Telefon, Fax oder auf dem Postweg durchgeführt, so dass jeder einzelne Kontakt über die santésuisse (zu dieser Zeit noch KSK) direkt ging. Mit einer sukzessiven Verlagerung der Daten und Informationen auf das Extranet und das Internet im Rahmen der E-Business-Integration konnten die direkten Kontaktschnittstellen drastisch verringert werden (vgl. Abb. 3.2). Der Datenfluss findet nun über den wesentlichen Teil der Integrationslösung, nämlich die Webplattform statt.

Abb. 3.2: Informationsschnittstellen vor und nach der E-Business-Integration aus Sicht der santésuisse
Abb. 3.2: Informationsschnittstellen vor und nach der E-Business-Integration aus Sicht der santésuisse



Prozesssicht:

Im Weiteren soll die Prozesssicht (Informationsdienstleistung der santésuisse; vgl. Abb. 3.1) am Beispiel der Rundschreiben und der Bereitstellung der Nummern im Zahlstellenregister – zwei ausgewählte Hauptdienstleistungen – näher dargestellt werden. Diese beiden Dienstleistungen sind mit dem Relaunch der santésuisse Webplattform im Jahr 2001 im Extranet umfassend erweitert worden. Die hier verfügbaren Daten und Informationen richten sich hauptsächlich an die ca. 12'000 Mitarbeitenden von Schweizer Krankenversicherungen und sind für deren tägliche Arbeit unerlässlich.

Rundschreiben

Vor allem im Bereich der Rundschreiben stellte man vom herkömmlichen Internet-Pull-Ansatz auf ein Push-Konzept um. D.h., dass die santésuisse ihre Mitglieder täglich (oder mehrmals täglich) per E-Mail auf neue Informationen bzw. Rundschreiben hinweist. Durch Aktivierung des in der E-Mail angegebenen Hyperlinks können die Mitglieder auf das genannte Rundschreiben in der Datenbank zugreifen. Ein Berechtigungskonzept steuert dabei den Versand der E-Mail, so dass nur solche Mitglieder über neue Rundschreiben informiert werden, die diese auch beziehen. Mit diesem Verfahren ist auch für eine längere Zeit die Aktualität der Schreiben gewährleistet, da die Dokumente in der Datenbank jederzeit modifizierbar sind, der Link sich jedoch nicht ändert.

Während in einer kurzen Übergangszeit die Rundschreiben neben der elektronischen Publikation noch per Post versendet wurden, erfolgt die Distribution seit dem 1.1.2002 ausschliesslich über das Extranet. Mittels einer Stichwortsuche kann der Anwender die Rundschreibendatenbank ausserdem nach den gewünschten Inhalten durchsuchen. Neben den Kosteneinsparungen durch den Wegfall der Versandkosten seitens der santésuisse konnten bei den Mitgliedern die Archivierungskosten gesenkt werden. Schliesslich wurde mit der Gewährleistung eines jederzeitigen Zugriffs auf die Datenbank eine zusätzliche Ablage der Rundschreiben bei den Mitgliedern überflüssig. Des Weiteren können die Mitglieder individuell konfigurieren, welche Rundschreiben (z.B. aus welchem Kanton) sie abonnieren wollen. So genannte Pflichtrundschreiben werden allerdings grundsätzlich an jedes Mitglied versendet, so dass eine „Mindestversorgung“ mit Informationen sichergestellt ist. Durch die Möglichkeit des Rundschreiben-Abonnements wurde zudem die Gefahr der Informationsüberflutung minimiert: Jedes Mitglied bekommt diejenigen Informationen geliefert, die es benötigt, und wird von überflüssigen Informationen verschont.

ZSR-Nummern-Abonnement

Die zweite Hauptdienstleistung der santésuisse ist die Bereitstellung der Nummern im Zahlstellenregister. Diese Nummern werden von den Versicherern für deren elektronischen Zahlungsverkehr mit den Leistungserbringern (Ärzte, Spitäler etc.) benötigt und können im Extranet der santésuisse abgerufen werden. Es handelt sich bei dieser Dienstleistung um einen Abonnement-Dienst, bei dem jeder Abonnent die Menge, die geografische Selektion, das Bezugsintervall und das Format der Daten selbst festlegen kann. Die so konfigurierten Daten werden dem Abonnenten periodisch aufbereitet und zum Download (via Extranet oder via FTP) verfügbar gemacht. Durch die Verlagerung dieses Dienstes auf die santésuisse können Mutationen der Daten sofort nachvollzogen und geprüft werden. Seit Anfang 2003 beziehen alle Krankenversicherer die Daten, die sie für die Abwicklung des elektronischen Zahlungsverkehrs mit den Leistungserbringern benötigen, von der Webplattform der santésuisse.

Die Maske der ZSR-Abonnement-Administration lässt je nach Berechtigung des Anwenders unterschiedliche Eingaben bzw. Änderungen zu. Dieses definierte Berechtigungskonzept erlaubt es, je nach Anwender oder Anwendergruppe einen unterschiedlichen Zugriff auf die Daten des Extranet zu gewährleisten und somit die gewünschte Informationsversorgung zu koordinieren.

Anwendungssicht:

Hinsichtlich der Anwendungssicht stehen die einzelnen Funktionen bzw. Module des icms Applikationsservers im Vordergrund (vgl. Abb. 16.4). Um eine vollständige CMS-Lösung bereitstellen zu können, sind mindestens die Module icms::content (Personalisierung, zeitgesteuerte Inhalte, Workflowmanagement etc.) und icms::navigation (realisiert dynamische, personalisierte Inhaltsstrukturen) notwendig. Darüber hinaus kann die Lösung um zusätzliche Module erweitert werden (z.B. icms::map zur Realisierung eines interaktiven Orts-/Lageplan). Innerhalb der santésuisse finden zudem unter anderem die Module icms::personalizer (zur personalisierten Aufbereitung der Extranetseiten), icms::interface (Anbindung externer Datenquellen), icms::faq (dient zur Publikation und Wartung von FAQs) und icms::commerce (zur Umsetzung eines individuellen Web-Shops) Anwendung.

Lösungsarchitektur:

Um das Portalkonzept technisch umzusetzen, wurde eine flexible und modular ausbaubare Lösung gesucht, welche zudem dem eng gezogenen finanziellen Rahmen Rechnung tragen sollte (vgl. Abb.3.3). Vor diesem Hintergrund einigte man sich auf den Einbezug von Open-Source-Technologien. Mit der insign GmbH konnte ein Technologiepartner gewonnen werden, welcher sich in diesem Bereich spezialisiert hat und mit seiner Content-Management-System-Lösung icms (insign content-management-system) eine offene Applikationsplattform anbietet. Diese ermöglicht es der santésuisse, die im Web bereitgestellten Arbeitsinstrumente flexibel zu erweitern bzw. zu verändern. Über die Funktionalitäten eines traditionellen Content-Management-Systems hinaus erlaubt diese Applikationsplattform zudem, komplexe, externe Datenbanken anzubinden und benutzergerechte Dienstleistungen modular aufzubauen.

Das zentrale Kernstück der Lösung icms bildet der icms Application Server (IAS), der in einem Datencenter in Zürich steht. Dieser übernimmt die zentrale Steuerung aller Applikationen und Prozesse. Die Daten werden von den einzelnen Modulen (z.B. icms::content) in Templates bereitgestellt und durch den im IAS integrierten Parser je nach Berechtigung des jeweiligen Users zusammengestellt. Die ausgegebenen Daten werden in HTML (bzw. PDF) präsentiert und sind damit für jeden handelsüblichen Browser lesbar. Aber auch weitere Formate (XML, WML) können bereitgestellt werden. Als Betriebssystem für den Einsatz von icms verwendet die santésuisse Linux und als Datenquelle wird auf die schnelle und stabile Datenbank MySQL zugegriffen.

Die Integration der Webplattform in die Intranets einzelner Krankenversicherer wird im Weiteren dargestellt. Auf Datenebene können die Datenbanken der Versicherer mit den Datenbanken der santésuisse via ODBC synchronisiert werden. Beispielsweise können über Nacht die Daten der Vertragsdatenbank der Krankenversicherer angepasst werden, so dass deren CMS jederzeit auf tagesaktuelle Vertragsdaten zugreifen kann. Auf Applikationsebene findet die Integration via „XML-Roundtrip“ statt. D.h., dass beispielsweise Anfragen des Versicherers innerhalb dessen CMS (z.B. Suche der Adressdaten eines Arztes etc.) direkt an den Applikationsserver der santésuisse gerichtet werden und dieser das Suchergebnis wiederum an das CMS des Versicherers zurückgibt. Es findet hier also lediglich ein Datenaustausch statt. Auf der Präsentationsebene besteht die Verknüpfung zwischen der santésuisse und den Krankenversicherern darin, dass sowohl die Daten als auch das Layout des Intranets der Krankenversicherer bei der santésuisse bezogen werden.

Abb. 3.3: Integrationslösung der santésuisse (detailliert)
Abb. 3.3: Integrationslösung der santésuisse (detailliert)

 


4. Implementierung

Organisatorisch liegt die E-Business-Strategie in der Kompetenz der Abteilung Politik und Kommunikation (APK), welche auch die Integration der Lösung vorangetrieben hat. Neben dem Abteilungsleiter der Abteilung APK war seitens der santésuisse lediglich eine weitere Person (Redaktor/Webmaster der santésuisse) in das Projekt involviert. Unterstützt wurde dieses Team von einem Consultant, welcher mit der Realisation der jeweils geforderten Aspekte beauftragt wurde, so dass die Lösung im Wesentlichen in einem engen Kreis von drei Personen vorangetrieben werden konnte.

Im ersten Quartal 2001 wurde das erste Release der neuen Homepage mit Zugang zum Extranet lanciert. Im zweiten Halbjahr 2001 folgte die Anbindung der Vertragsdatenbank, welche über ein Login via Extranet zugänglich gemacht wurde. In dieser Datenbank können die Mitglieder die einzelnen Verträge mit den Spitälern oder Ärzten einsehen. Zusätzlich wird die gesamte Administration der Vertragsdatenbank online abgewickelt. Anfang 2002 wurde die Grafik /Statistiken-Datenbank eingebunden, die Rundschreibendistribution optimiert und der Newsletter-Dienst aufgeschaltet. In der zweiten Hälfte des Jahres 2002 konnte dann die vollständige Version des ZSR und deren Abonnementbewirtschaftung über das Extranet integriert werden. Die stete Überarbeitung der Homepage führte im ersten Halbjahr des Jahres 2003 zu einem zweiten Release, welcher zudem die Wünsche der Anwender berücksichtigen sollte


5. Betrieb

Unterhalt:

Für den Betrieb der Lösung ist die Carpathia Consulting GmbH zuständig. Aufgaben im technischen Bereich werden an die insign GmbH delegiert, die Aktualisierungen und Anpassungen an der Webplattform vornimmt sowie den Webserver der santésuisse betreut und wartet.

Kosten, Nutzen und Rentabilität:

Als laufende Kosten der Lösung schlägt sich hauptsächlich die technische Betreuung des Webservers durch die insign GmbH mit ca. 1'000 CHF monatlich nieder. Die Bewirtschaftung der Inhalte, Struktur und Benutzerberechtigungen können durch das integrierte CMS direkt von santésuisse erledigt werden.

Als einmalige Investitionen sind vor allen Dingen die in den jeweiligen Projektabschnitten realisierten Meilensteine auf der Kostenseite zu verbuchen (vgl. Abb. 5.1). Neben dem ersten Release der Homepage mit Extranet (ca. 130'000 CHF) stellt die Einbindung des ZSR (ca. 90'000 CHF) den zweitgrössten Kostenblock dar. Da dieser Betrag jedoch in etwa dem entspricht, was für die Verwaltung des ZSR bisher an die Drittfirma zu bezahlen war (jährlich ca. 80'000 CHF) hat sich diese Investition bereits amortisiert.

Mit einem über drei Jahre aufgelaufenen Gesamtvolumen von ca. 390'000 CHF (abzüglich der Einsparungen beim ZSR ca. 310'000 CHF) für die E-Business-Lösung konnte der Verband seinen Mitgliedern und Interessenten eine flexible und leistungsfähige Plattform zu deren Arbeitsunterstützung bereitstellen. Die jährlichen Weiterentwicklungskosten von ca. 100'000 CHF halten sich in einem annehmbaren Rahmen und erwecken bei den Mitgliedern nicht das Gefühl einer „Verschwendung“ ihrer Beiträge. Hinzu kommt, dass die hohen Kosten durch das Versenden der Rundschreiben per Briefpost (ca. 10-15 Schreiben pro Tag) entfallen.

Abb. 5.1: Kosten der E-Business-Lösung
Abb. 5.1: Kosten der E-Business-Lösung

 


6. Erfolgsfaktoren und Schwierigkeiten

Bei der Einführung der E-Business-Lösung traten laut Angaben der Beteiligten keine grösseren Schwierigkeiten auf. Aufgrund der guten Personalstruktur wurde die Einführung innerhalb der santésuisse und auch bei den Krankenversicherern überwiegend positiv und mit Neugierde aufgenommen. Nur bei wenigen, insbesondere kleinen Krankenversicherern führte die Umstellung von „Print-Medien“ auf E-Mail sowie damit verbundene Anmeldevorgänge kurzfristig zu Umstellungsproblemen.

Die Gründe für den reibungslosen Ablauf sind zum einen in der guten internen Vorbereitung zu sehen. So wurden im Vorfeld der Integration realistische Szenarien aufgestellt, welche zudem die Grenzen des Budgets berücksichtigten. Zum anderen wurden die Mitarbeitenden und Krankenversicherer bei der Lösungsgestaltung integriert, so dass ein Grossteil der Wünsche der Anwender berücksichtigt werden konnte. Darüber hinaus stellt die Vorgabe klarer Entscheidungskompetenzen sowie die stets offene und faire Kommunikation zwischen den Projektpartnern einen wichtigen Erfolgsfaktor dar.

Nicht zuletzt begründet sich der Erfolg der E-Business-Lösung auch mit der Kernaufgabe des Verbandes. Die Gewährleistung der Informationsversorgung wird durch Verfügbarkeit von Grafiken, Statistiken oder Publikationen (z.B. Rundschreiben) via Extranet oder durch die Unterstützung bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs mit den Leistungserbringern mittels ZSR wesentlich erleichtert.

Fazit

Die Fallstudie santésuisse nimmt aufgrund der aussergewöhnlichen Positionierung des Verbandes einen besonderen Stellenwert in der Thematik der Integration von E-Business-Lösungen ein. Sie zeigt, dass E-Business nicht lediglich im Bereich der profitorientierten Unternehmen sinnvoll erscheint, sondern durchaus auch eine Anwendung im Bereich von Non-Profit Organisationen eine grosse Rolle spielen kann. Mit der Fallstudie konnte gezeigt werden, wie die Arbeitsabläufe im Verband beschleunigt und die Informationsversorgung der Mitglieder und Interessenten zielgerichtet sichergestellt werden konnten. Zudem ist der Fall ein Beispiel dafür, dass durch die Einführung von E-Business nicht nur interne Strukturen verändert werden können, sondern auch ein Imagewandel vollzogen werden kann.


Betreiber der Lösung

santésuisse
Peter Marbet, Leiter der Abteilung Politik und Kommunikation
Caesar Perrig, Redaktor/Webmaster
Branche: Sonstige Dienstleistungen, Branchenverband der Schweizer Krankenversicherer
Unternehmensgrösse: Mittelunternehmensantésuisse

Lösungspartner

Thomas Lang, Geschäftsführer
Carpathia Consulting GmbH
Martin Bachmann
insign gmbh

Autoren der Fallstudie

Gregor Zellner, Susanne Leist
Universität St. Gallen

01. September 2003
Zellner; Gregor; Susanne Leist (2003):Fallstudie santésuisse; in: Schubert; Petra; Wölfle; Ralf; Dettling; Walter (Hrsg.): E-Business Integration - Fallstudien zur Optimierung elektronischer Geschäftsprozesse; München; Wien: Hanser Verlag; 2003; S. 221 - 234.
PDF zur Fallstudie, wie diese in der eXperience Buchreihe erschienen ist.
1822
santesuisse-carpathia
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1822-santesuisse-carpathia
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