E-Fulfillment bei der Coca-Cola Beverages AG

01. September 2001



In vielen Branchen lassen sich die klassischen Rollen Kunden, Lieferanten und Wettbewerber nicht mehr scharf voneinander abgrenzen. Die wechselseitigen Verflechtungen in der Distributionskette von Coca-Cola Schweiz zeigen das anschaulich: Die Kunden des Abfüllers sind gleichzeitig Fulfillment-Partner für eine E-Commerce-Lösung, über die Wiederverkäufer und Konsumenten bestellen können. Diese Fallstudie erläutert, wie in einer Applikation verschiedene Stufen der Distributionskette angesprochen und mit rollengerechten Funktionen bedient werden.


1. Das Unternehmen

Produkte und konzernale Arbeitsteilung
Coca-Cola ist weltweit die Konsumgütermarke schlechthin. In der Schweiz wird Coca-Cola seit 1936 abgefüllt und hat heute einen Marktanteil von über 50 % im Markt für CSD (Carbonated Softdrinks/ Süsswasser). Die Marktbearbeitung wird gemäss einem weltweit praktizierten Franchisingschema aufgeteilt:


Die Coca-Cola Schweiz AG ist eine Tochtergesellschaft der Coca-Cola Company in Atlanta, sie ist die Schweizer Lizenzgeberin für Marken wie Coca-Cola, Fanta, Sprite und Nestea. Coca-Cola Schweiz AG besitzt die Markenrechte, verkauft das Konzentrat und betreibt das Konsumentenmarketing.


Coca-Cola Beverages AG (im Folgenden kurz "CCB" genannt) ist die einzige Lizenznehmerin für die Produktion und Distribution von Coca-Cola-Produkten in der Schweiz. CCB produziert das Fertigprodukt, füllt es ab und ist zuständig für Logistik, Handelsmarketing und Verkauf. Die CCB ist ein Tochterunternehmen der europäischen Coca-Cola Helenic Bottling Company "CCHBC" mit Sitz in Athen, die weltweit zweitgrösste Coca-Cola Lizenznehmerin, zu der 24 europäische Ländergesellschaften gehören. Diese Fallstudie beleuchtet das Fulfillment der CCB.

Abb. 1.1: Standorte der Coca-Cola Beverages AG
Abb. 1.1: Standorte der Coca-Cola Beverages AG



An 3 Standorten werden Coca-Cola-Getränke abgefüllt, über 800 Mitarbeiter in Verkauf, Produktion und Logistik bewegen gut 300 Mio. Liter im Jahr, was einem Umsatz von über 400 Mio. CHF entspricht. In Dietlikon ist der Hauptsitz der CCB, hier werden alle Verpackungsformen abgefüllt und zwischengelagert. In Bolligen und Bussigny wird das gesamte Sortiment gelagert, jedoch nur ein Teil davon abgefüllt. CCB liefert ihre Produkte von allen Standorten aus, die flächendeckende Erschliessung wird aber erst durch die ca. 300 Getränkegrossisten erreicht.


Branche, Zielgruppe und Unternehmensziele
CCB operiert im gesättigten Markt der Erfrischungsgetränke. In einer mehrstufigen Distributionskette wird eine Vielzahl von Absatzkanälen mit ganz unterschiedlichen Anforderungen bedient. Die Absatzkanäle stellen die letze Vertriebsstufe dar, dort bezieht der Konsument das Getränk:

  • Verkaufsstellen des Lebensmittelhandels
  • Restaurants und Cafés
  • Betriebe und Büros
  • Sport und Unterhaltung
  • Reisen und Verkehr
  • Schulen und Universitäten

Konsumenten und Absatzkanäle sind jedoch zu unterscheiden von den Vertriebskanälen der CCB, die von ihr direkt beliefert werden.

Abb. 1.2: Vertriebskanäle der Coca-Cola Beverages AG
Abb. 1.2: Vertriebskanäle der Coca-Cola Beverages AG



In der Rolle eines Marktleaders und Innovators will CCB trotz stagnierendem Marktvolumen im Segment der alkoholfreien Getränke nachhaltig wachsen. Der Anspruch, eine führende Stellung in der Schweizer Konsumgüterindustrie einzunehmen und sich als wichtiger Partner von Gastronomie, Getränke- und Lebensmittelhandel zu behaupten, führte zu den folgenden operativen Stossrichtungen:

  • Effizienzsteigerungen in der Wertschöpfungskette als Ganzes: Es sollen Systeme und Prozesse eingesetzt werden, die den Erwartungen der Zukunft gerecht werden und den hohen Ansprüchen an Sicherheit und Umweltverträglichkeit genügen.
  • Innovatives, starkes Handelsmarketing

2. E-Business-Vision und E-Business-Strategie

Aus dieser selbstverordneten Marktpositionierung heraus ist auch der Stellenwert von E-Business abgeleitet:


Coca-Cola Beverages AG will als professioneller Partner seiner Kunden die Rolle eines Leaders und Innovators auch im E-Business behaupten. Mit dem Coca-Cola-Shop als Dienstleistungscenter soll Mehrwert für alle beteiligten Partner geschaffen werden, indem Kunden online bestellen, auf Informationen und Dienstleistungen zugreifen und Kontakt aufnehmen können.


Strategie
Die nachfolgend erläuterte E-Business-Strategie definiert, wie im Marketing und in der Logistik Nutzen erzeugt wird. Vor dem hier vorgestellten Konzept gab es noch kein Internetangebot für die Kunden von CCB, die bestehende Website der Coca-Cola Schweiz AG www.coca-cola.ch richtet sich ausschliesslich an die Konsumenten. Bei der Entwicklung des E-Business-Konzepts kam der CCB innerhalb der Coca-Cola HBC eine Pionierrolle zu, denn keine andere Ländergesellschaft in Europa hatte diesbezüglich Erfahrungen.


E-Business-Konzept des Anbieters
Das E-Business-Geschäftskonzept der CCB wurde ab Frühjahr 2000 in einer Periode von etwa 6 Monaten erarbeitet. Nachdem der Anstoss dazu aus dem Marketing kam, zeichnete der CIO (Chief Information Officer) für die Detaillierung verantwortlich. An der Konzeptentwicklung war auch der spätere Umsetzungspartner aseantic massgeblich beteiligt. Das Konzept wurde im Herbst 2000 von der Konzernmutter in Athen bestätigt. Neben den operativen Vorteilen im Schweizer Markt soll es auch als Pilot für andere Länder dienen. Aus den Erfahrungen der Schweiz will man folgende Erkenntnisse gewinnen:

  • Wie können die Kunden in eine effizientere Gestaltung der Gesamtlogistikkette eingebunden werden?
  • Welche neuen Erkenntnisse zu den genauen Kundenbedürfnissen können aus dem Kundenfeedback zu den angebotenen Funktionen gewonnen werden?
  • Etablierung eines Benchmarks für E-Commerce bei der Coca-Cola HBC

Im Mittelpunkt des Konzepts steht eine E-Commerce-Lösung, die sich an alle nachgelagerten Stufen der Vertriebskette - einschliesslich Konsumenten - wendet. Dabei wird nicht angestrebt, die bestehenden Vertriebspartner in der Kette zu umgehen, vielmehr sollen sie in Ihrem Absatz unterstützt werden. Die Lösung ist in Abb. 2.1 grau hinterlegt, sie deckt etwa die Hälfte des Distributionsvolumens ab. Es ist ersichtlich, dass im E-Commerce-Kanal vier Zielgruppen unterschieden werden müssen: zu den direkt belieferten Kunden gehören die Getränkegrosshändler und einige Gastronomiebetriebe. Indirekte, durch Getränkegrosshändler belieferte Kunden sind weitere Wiederverkäufer sowie Konsumenten als Heimlieferkunden.

Abb. 2.1: E-Business-Aktivitätsfelder von Coca-Cola in der Schweiz
Abb. 2.1: E-Business-Aktivitätsfelder von Coca-Cola in der Schweiz



Leistungsumfang
Die E-Commerce-Applikation unterscheidet die unterschiedlichen Distributions-
wege und bietet für jeden zugeschnittene Funktionsmodule (Tab. 2.2) an.

Tab. 2.2: Funktions-/Zielgruppenmatrix
Tab. 2.2: Funktions-/Zielgruppenmatrix



Getränkegrosshändler und direkt belieferte Wiederverkäufer
Getränkegrosshändler sowie einige Gastronomiebetriebe und Shops werden von CCB direkt beliefert. Die E-Commerce-Applikation führt den registrierten Einkäufer direkt in die Sortimentsmaske, in der mit wenigen Clicks eine Bestellung zusammengestellt werden kann. Angezeigt werden die Preise aus zwei unterschiedlichen Listen, entweder die Preise für Grossisten oder diejenigen für Gastronomie/Shops. Dieses Arbeiten mit Preislisten entspricht dem aus den Offline-Kanälen gewohnten Verfahren. Die tatsächlichen Fakturawerte hängen von individuellen, in Rahmenvereinbarungen festgelegten Konditionen und den Lieferkosten ab, darüberhinaus bestehen Bonusvereinbarungen. Auf eine Nettopreisermittlung wurde aus Komplexitätsgründen verzichtet.
Neben individuellen Einkaufslisten und der Bestellhistorie wird der Bestellprozess durch die Auswahl von Logistikeinheiten (Europalette, Schicht) oder Verkaufseinheiten unterstützt. Zur Optimierung der Logistikkosten kennzeichnet die E-Commerce-Applikation die Positionen, bei denen Paletten nicht voll beladen sind. Das Gewicht der Gesamtsendung wird ausgewiesen. Getränkegrossisten haben die Wahl zwischen Abholung und Lieferung. Bestellungen bis 12:00 Uhr werden am kommenden Werktag oder einem späteren Wunschtermin durch eines der 3 Regionallager ausgeliefert, der Prozess ist in Abb. 2.3 abgebildet. Bestelldaten werden mehrmals stündlich an das ERP-System übertragen, dort erfolgt die Auftragsabwicklung und die konventionelle Rechnungsstellung per Post.

Abb. 2.3: Prozesskette im Verkauf an die direkten Kunden der CCB
Abb. 2.3: Prozesskette im Verkauf an die direkten Kunden der CCB



Die Marketing unterstützung für die Wiederverkäufer ist ausgefeilt und detailliert, darin spiegelt sich der Anspruch an ein exzellentes Marketing in der ganzen Vertriebskette wieder. Es umfasst Verkaufsprogramme und Beratungselemente für die Sortimentszusammenstellung und Preisgestaltung, z.B. in der Gastronomie. Für Promotionen stehen Bilder und Schriftzüge in verschiedenen Auflösungen für unterschiedliche Marketinganwendungen zum Download bereit. Darüber hinaus finden sich sorgfältig aufbereitet auch detaillierte Angaben - teils als Anweisungen, teils als Empfehlungen - für den Aufbau von Online-Sortimentsabbildungen, die sogenannten
E-Merchandising-Richtlinien (Abb. 2.4).

Abb. 2.4: Beispiel für Online-Produktedarstellung aus der E-Merchandising-Richtlinie
Abb. 2.4: Beispiel für Online-Produktedarstellung aus der E-Merchandising-Richtlinie



Über die Bestellfunktion und allgemeine Informationen hinaus sind damit folgende Added Services verfügbar:

  • Informationen über aktuelle Promotionsangebote
  • Zugriff auf spezielle Verkaufsprogramme
  • Zugriff auf POP-Artikel (Point of Purchasing, Becher etc.) und auf Verkaufsgeräte (Kühler, Automaten etc.)
  • Hinterlegung von eigenen Einkaufslisten (Sortimentseingrenzungen)
  • Anzeige der Bestellhistorie und der kumulierten Umsätze mit Vorjahresvergleich
  • Statistikfunktionen, die CCB und dem Händler eine genaue Marketingsteuerung und Erfolgskontrolle ermöglichen sollen (Implementierung Herbst 2001)
  • Marketingunterstützung für Drucksachen, Läden und individuelle Online-Shops



Indirekt belieferte Wiederverkäufer
Indirekte Wiederverkäufer, vorwiegend Gastronomiebetriebe und kleinere Shops, werden von den Getränkegrossisten beliefert. Sie können sich registrieren und finden das gleiche Funktionsspektrum wie Grossisten vor (Abb. 2.5).

Abb. 2.5: Prozesskette im Verkauf an indirekt belieferte Wiederverkäufer
Abb. 2.5: Prozesskette im Verkauf an indirekt belieferte Wiederverkäufer



Sie können ihr eigenes Profil anlegen und pflegen, auch sie sehen ihre früheren Online-Bestellungen. Einschränkungen ergeben sich lediglich aus den nicht verfügbaren Vergangenheitsdaten aus dem ERP-System wie kumulierter Umsatz, da der Getränkehändler die Faktura stellt. Statt dessen finden sich kanalspezifische Funktionen wie die Hinterlegung eines festen Getränkehändlers, an den die Bestellungen übermittelt werden sollen. In einem Freitextfeld können Produkte bestellt werden, die nicht von Coca-Cola stammen, z.B. Bier. Über die Applikation hat CCB nun auch einen direkten Kontakt zu den indirekt belieferten Wiederverkäufern und damit einen besseren Zugang zu Marktinformationen.


Konsumenten
Als Dienstleistung für die Getränkegrossisten wurde eine Bestellmöglichkeit auch für Konsumenten vorgesehen. Diesen werden die Listenpreise für Heimlieferdienste des Verbands Schweizer Getränkegrossisten angezeigt. Nach der Erfassung des Warenkorbs wird dem Konsumenten eine Auswahlliste von den Getränkegrosshändlern angeboten, die mit CCB eine Lieferbereitschaft für seine Postleitzahl vereinbart haben. In dieser Vereinbarung mit CCB hat sich der Grossist zur Einhaltung einer Lieferfrist von 2 Tagen und zur Einhaltung weiterer Servicestandards verpflichtet. Lieferung, Rücknahme von Leergut und Inkasso übernimmt der vom Konsumenten ausgewählte Grossist entsprechend seinen Gepflogenheiten, er tritt als Vertragspartner in das von CCB lediglich vermittelte Kaufangebot des Konsumenten ein. Für die Übergabe der Bestelldaten bietet CCB die Kanäle Fax, E-Mail und XML an. In den ersten 4 Monaten nach Freischaltung nutzte allerdings noch kein Getränkehändler die Möglichkeit, XML-basierte Bestellungen entgegenzunehmen. Es wird keine Online-Bezahlung angeboten, die schlanke Shopfunktionalität sieht weder eine Registrierung noch andere über die einzelne Auftragsvermittlung hinausgehenden Services vor.

Abb. 2.6: Prozesskette im Verkauf an Konsumenten
Abb. 2.6: Prozesskette im Verkauf an Konsumenten



Partner


Internet Agentur
In einer früheren Phase, in der die Lizenzgeberin Coca-Cola Schweiz für eine konsumentenorientierte Winterpromotion eine Internet-Agentur suchte, wurde der Auftrag unter mehreren Agenturen ausgeschrieben. Drei Anbieter wurden zu einem Detaillierungsworkshop eingeladen. Die Entscheidung unter Einbezug der CCB fiel zu Gunsten der aseantic ag in Biel aus, vor allem wegen ihrer Branchenkompetenz. Zwar konnten andere Anbieter auf beachtliche Referenzen zu technischen Lösungen oder Anwendungen, z.B. in der Finanzbranche, verweisen, aseantic hingegen hat detaillierte Kenntnisse über den Konsumgütermarkt. Nach diesem Auftrag folgte ein weiterer für die Markenseite www.coca-cola.ch. So entstand eine Vertrauensbeziehung, aus der heraus aseantic in die Konzeptentwicklung bei CCB einbezogen wurde und diese massgeblich beeinflusste. Schliesslich erhielt aseantic auch den Auftrag für Design und technische Realisierung. Sowohl in der Konzept- als auch in der Realisierungsphase wurde ein Kostendach vereinbart.


Weitere Partner
In der Detaillierung der E-Business-Anwendung der CCB wurde ein Konzept gefunden, das die gesamte Distributionskette mit vier unterschiedlichen Logistikprozessen abbildet, ohne weitere Partner für das Fulfillment hinzuziehen zu müssen:

  • E-Commerce-Bestellungen unterscheiden sich in der Auftragsabwicklung und im Inkasso nicht von den anderen Auftragseingängen. Die Steuerung erfolgt durch das bestehende ERP-System.
  • Die Bezahlung bei Online-Bestellungen erfolgt nach Rechnungstellung zu den gleichen Konditionen wie in den Offline-Kanälen.
  • Die Weiterentwicklung und der Betrieb der E-Commerce-Applikation lässt sich sauber vom Betrieb des internen EDV-Systems trennen, es ist nur eine beschränkte Datenübergabe erforderlich, die nicht in Echtzeit erfolgt. Somit ist aseantic auch der einzige neue Geschäftspartner, der durch die E-Commerce-Applikation beigezogen werden musste.



Die E-Commerce-Lösung ist ein neues Medium zur Integration von direkten und indirekten Kunden, denen ein zusätzlicher Kanal für Bestellungen zur Verfügung gestellt wurde. Die Etablierung neuer Fulfillment-Instrumente wurde bewusst vermieden.


3. Fulfillment-Lösung

Wie die meisten Markenartikelhersteller verkauft Coca-Cola nicht direkt an Endkonsumenten. Damit ist auch eine E-Commerce-Lösung mit direktem B2C-Fulfillment ausgeschlossen. Wie vorgängig beschrieben sieht die heutige Lösung das Fulfillment gegenüber Wiederverkäufern und Endverbrauchern (Heimlieferdienst) durch ca. 300 Getränkegrossisten in der Schweiz vor. Diese übernehmen die Auslieferung und das Inkasso mit klassischen Instrumenten, gesteuert durch das bestehende ERP-System. Das Fulfillment mit grösseren Einzelhandelsunternehmen, mit denen Integrationen durch EDI-Systeme bestehen, ist nicht Gegenstand dieser Fallstudie.


Stellenwert der Lösung für die Fulfillment-Partner
Nur wenige Getränkegrossisten haben eine Website, geschweige denn einen E-Shop. Nach Abschluss einer E-Business-Vereinbarung mit CCB, in der die Verantwortlichkeiten, der Servicestandard und die Postleitzahlen des Verkaufsbereichs des Grossisten definiert werden, kann der Getränkegrossist Bestellungen seiner Kunden über eine Vermittlung durch die E-Commerce-Applikation der CCB erhalten. Für die Getränkegrossisten treten keine Kosten auf.


Drei Monate nach der Lancierung haben 20 % der Zielgruppe bereits mindestens ein mal im Shop bestellt. Bei der weiteren Zielgruppendurchdringung rechnet man mit kleineren Schritten, weil die Aufgeschlossenen unter den Kunden naturgemäss zu den Early Adopters zählen. In Interviews mit einigen Anwendern, die sich alle als Internet-Einsteiger bezeichneten, zeigt sich folgendes Meinungsbild zur Lösung der CCB:

  • CCB ist der erste Getränkelieferant mit einer E-Business-Lösung, in der Branche sind aber weitere Projekte bekannt
  • Die Initiative wird aufgrund des damit verbundenen Erfahrungsaufbaus begrüsst, die Gesprächspartner halten E-Commerce mittelfristig für relevant
  • Im Vergleich zu den bisherigen Faxbestellungen auf Vordrucken dauert eine Internetbestellung länger, motiviert durch eine Promotion von CCB und den Lerneffekt nimmt man das auf sich
  • Geschätzt wird der Zugriff auf Vergangenheitsdaten und Produktepromotionen
  • Bestellungen von Kunden sind bisher sehr selten, für diese wäre ein Getränke-Vollsortiment und nicht nur das Coca-Cola-Sortiment erforderlich

4. Implementierung

Prozesse / Redesign
Bei der Konzeptentwicklung wurde zunächst mit Flussdiagrammen gearbeitet, in denen die neuen Prozesse abgebildet wurden. Diese Art der Darstellung ist abstrakt und erfordert eine intensive Beteiligung der Entscheidungsträger, um die Lösung als Ganzes erfassen zu können. Der Durchbruch in der Modellierung wurde durch eine siebzigseitige Powerpoint-Simulation erzielt, die die Benutzerinteraktion Eins zu Eins abbildete.


Um die Liefertermine für die direkt belieferten Kunden aus den Tourenplänen der drei Standorte ableiten zu können sind Harmonisierungen in der Transportdisposition erforderlich, ausserdem müssen diese Daten in der Applikation verfügbar gemacht werden. An diesem Prozess wird noch gearbeitet.


Der Verkauf hat den neuen Bestellkanal in seine operativen Ziele mit aufgenommen. Im Zweimonatsrhytmus wird festgelegt, wie hoch der Zielanteil der Internet-Bestellungen ist. Der Erfolgsgrad fliesst in die variable Vergütung der Verkaufsmitarbeiter mit ein. Für diese Feinsteuerung sind genaue Statistiken erforderlich, die aus dem Vertriebsinformationssystem der CCB erstellt werden können.


Technische Plattform und Architektur [Systemarchitektur]

Abb. 4.1: Architektur der E-Commerce-Lösung der Coca-Cola Beverages AG
Abb. 4.1: Architektur der E-Commerce-Lösung der Coca-Cola Beverages AG



Abb. 4.1 zeigt ein Schema der Systemarchitektur. Aus Sicherheitsgründen betreibt CCB den Webserver nicht selbst und gestattet nur einen rigide geregelten Zugriff auf das eigene ERP-System. Die Steuerung der Fulfillmentleistungen Auslieferung und Rechnungstellung erfolgt in der AS 400 Applikation, als Schnittstelle zum Internet-Server wurde ein Microsoft BizTalk-Server eingesetzt. Aufgrund dieser Vorgabe und wegen der bei aseantic vorhandenen Erfahrungen entschied man sich auch bei den weiteren Komponenten für Microsoft-Produkte. Den MS Commerce Server 2000 wählte man aufgrund seines guten Preis-/Leistungsverhältnisses. Die statischen Inhalte werden mit Hilfe des Redaktionstools "Online Manager" von aseantic gepflegt, auch der Zugriff auf die Passwortverwaltung. Die Rubrik "Jobs" wird von der Website www.coca-cola.ch gespiegelt. Als Betriebssystem wird MS Windows 2000 eingesetzt.


5. Betrieb

Die Applikation wurde am 1. April 2001 mit den Getränkegrossisten in Betrieb genommen, der Roll-out erweiterte die Zielgruppen in den beiden folgenden Quartalen. Aseantic betreibt den Webserver, CCB ist für die Standleitung, den BizTalk-Server und den FTP-Server verantwortlich. Zwei Marketingmitarbeiter kümmern sich heute um Marketing, Betrieb und Weiterentwicklung der Lösung. Sie decken auch den Anwendersupport ab, der täglich 2 bis 3 Anrufe entgegennimmt.


Rentabilität
CCB veröffentlicht keine finanziellen Angaben zu diesem Projekt. In Zusammenarbeit mit aseantic wurde deshalb eine Vergleichskalkulation [Kalkulation] für ein Projekt dieser Grössenordnung erstellt (Tab. 5.1). Spezifische Projektmerkmale von CCB sind darin nicht enthalten. Auf der Habenseite verbucht CCB Einsparungen aus der Verlagerung auf den elektronischen Transaktionskanal, die Vorteile im Marketing sowie den Kompetenzaufbau.

Tab. 5.1 Aufwände einer vergleichbaren E-Commerce-Applikation
Tab. 5.1 Aufwände einer vergleichbaren E-Commerce-Applikation


 


6. Erfolgsfaktoren

Hr. Studer, E-Business-Manager der CCB, nennt folgende Erfolgsfaktoren:

  • Im Unternehmen ist ein breites Commitment zum Projekt erforderlich.
  • Eine detaillierte Kenntnis der Unternehmensprozesse ist als Basis für E-Business unabdingbar, neue Abläufe müssen bis ins Detail durchdacht werden.
  • Schnelligkeit und kurze Entscheidungswege im Projekt sind erforderlich. Ein Fulltime-Projektleiter des Betreibers als kompetenter Ansprechpartner für den IT-Dienstleister ist vom Start weg erforderlich.
  • Projektmitarbeiter müssen mit der sehr heterogenen Qualifikation von internen und externen Personen in Bezug auf E-Business umgehen können. Es ist aussichtslos es allen recht machen zu wollen, Schlüsselpersonen müssen eruiert und gezielt eingebunden werden.
  • Es ist sinnvoll, Kundenbedürfnisse in der Konzeptphase zu erheben. Bei der Entwicklung der konkreten Funktionalitäten sollten Kunden aber nicht mit einbezogen sein, um der Gefahr überzogener Ansprüche vorzubeugen.
  • Für Tests müssen interne personelle Kapazitäten und 5-10 Pilotkunden für die Ãœberprüfung des Bestellablaufs vorgesehen werden.



Spezialitäten der Lösung und Unique Selling Proposition
Die E-Commerce-Lösung der CCB zeichnet sich durch eine effiziente und benutzergerechte Shop-Funktionalität und ein schlankes Fulfillment mit Rückgriff auf bestehende Instrumente und Marktstrukturen aus. Die E-Merchandising-Standards sind eine Besonderheit dieser E-Business-Anwendung. Es ist das Kunststück gelungen, mit einer Applikation verschiedene Kanäle in einer mehrstufigen Distributionskette abzubilden und das Tool so zu gestalten, dass alle beteiligten Partner davon profitieren und sich nicht durch CCB konkurrenziert sehen.


Lessons Learned
Die Detaillierung und Implementierung eines E-Commerce-Projekts ist aufwändig. Termin und Budget wurden bei CCB eingehalten, weil das Projektteam einerseits flexibel, andererseits fokussiert auf die Kernfunktionen handeln und entscheiden konnte.


Betreiber der Lösung

Coca-Cola Beverages AG
Rolf Studer, E-Business Manager
Branche: Gross- & Einzelhandel, Gross- und detailgeträkehandel, Süsswasser
Unternehmensgrösse: GrossunternehmenCoca-Cola Beverages AG

Lösungspartner

Patrick Haertsch, Account Director
aseantic AG

Autoren der Fallstudie

Ralf Wölfle
Fachhochschule beider Basel FHBB

01. September 2001
Wölfle; Ralf (2001): Fallstudie Coca-Cola; in: Dettling; Walter; Schubert; Petra; Wölfle; Ralf (Hrsg.; Fulfillment im E-Business - Praxiskonzepte innovativer Unternehmen; S. 41-54; München; Wien: Hanser Verlag; 2001.
PDF zur Fallstudie, wie diese in der eXperience Buchreihe erschienen ist.
1825
cola
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1825-cola
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