INTERSPORT Schweiz AG: Sportliche SAP Einführung mit ExpertRETAIL

16. August 2007



Diese Fallstudie beschreibt die Einführung des ERP-Systems mySAP Retail bei der INTERSPORT Schweiz AG. Die Umstellung von einer proprietären ERP-Lösung auf ein standardisiertes SAP-System soll dem Unternehmen langfristig hohe Marktanteile sichern und Wartungskosten reduzieren. Die vorliegende Fallstudie betrachtet insbesondere das Integrationspotenzial des neuen Systems und den Datentransfer zwischen INTERSPORT und angeschlossenen Fachhandelspartnern.


1. Das Unternehmen

Die INTERSPORT Schweiz AG (ICH) ist die grösste Einzelhandelsorganisation für Sportartikel in der Schweiz. Für die angeschlossenen Fachhandelspartner bietet sie primär Dienstleistungen für die Bereiche Produkte und Sortiment, Marketing, Standort/POS, Geschäftsbetrieb (z.B. Informatik) und Finanzen an. Die Fachhandelspartner nutzen diese Dienstleistungen dabei entweder im vollen Umfang (Franchisepartner) oder nur teilweise (Einkaufspartner).

Hintergrund, Branche, Produkt und Zielgruppe
Die INTERSPORT Schweiz AG, mit Sitz in Ostermundingen (BE), ist neben 13 weiteren Länderorganisationen zu gleichen Teilen an der INTERSPORT International Corp. (IIC) beteiligt. Diese Dachgesellschaft wurde 1968 gegründet, um die Verhandlungsposition gegenüber Sportartikelherstellern zu stärken. Dank tieferer Einkaufspreise und Synergien beim Einkauf sind die Fachhandelspartner als unabhängige klein- und mittelständische Unternehmen gegenüber grösseren Einzelhandelsorganisationen konkurrenzfähig. Neben der Vermarktung fremder Sportmarken führt IIC auch Eigenmarken. Diese werden nur über die eigenen Fachhandelspartner verkauft; bei INTERSPORT Schweiz stehen sie für ca. 5 bis 8 % des Gesamtumsatzes. In 28 Ländern arbeiten mehr als 4'700 Geschäfte als Franchise- oder Einkaufspartner mit den jeweiligen Ländergesellschaften zusammen.

In der Schweiz ist INTERSPORT mit 201 Franchise- und 64 Einkaufspartnern mit über 350 Geschäften präsent und weist einen Marktanteil von 25 % auf. Im Geschäftsjahr 2005/2006 erzielte ICH einen Gewinn von 2.7 Mio. CHF bei einem Umsatz von 221 Mio. CHF auf Stufe Grosshandel. Gewinn und Umsatz konnten im Vergleich zum Vorjahr um ca. 23 % gesteigert werden. ICH hat ca. 50 Mitarbeitende.

Unternehmensvision
Die Unternehmensvision für die INTERSPORT Schweiz AG wird von Nicholas Berry (Verwaltungsratspräsident) wie folgt formuliert:


“To be essential for our clients”
Unser Ziel ist es, für die 200 besten unabhängigen Sportfachhändler der Schweiz in ihrem täglichen Kampf um Kunden unentbehrlich zu sein.


Stellenwert von Informatik und E-Business
Die Geschäftsleitung der INTERSPORT Schweiz AG betrachtet die Informationstechnologie (IT) als strategisch. ICH hat sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe der IT die teilweise vorhandenen, strukturellen Nachteile des Franchisings auszugleichen. Durch IT soll ICH künftig nahezu wie ein vertikal-integriertes Unternehmen funktionieren. Die Investitionen der vergangenen Jahre führten zunächst zur Reduktion von IT-Betriebs- und Wartungskosten. Zukünftig soll nun die Integration mit den Franchise-Partnern vorangetrieben werden. Ein Ziel der Integration ist die Sammlung von Abverkaufsdaten der Shops als Grundlage für die Planung der ICH und als Service für die Franchise-Partner (z.B. für Benchmarking).


2. Der Auslöser des Projekts

Ausgangslage und Anstoss für das Projekt
Anlass für die Suche nach einer neuen ERP-Lösung war die veraltete IT-Infrastruktur bei INTERSPORT. Die bis Mai 2004 eingesetzte ERP-Individualsoftware war auf die individuellen Bedürfnisse von INTERSPORT zugeschnitten. Sie konnte allerdings den steigenden Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Neben dem hohen Wartungsaufwand und der fehlenden Möglichkeit, neue Technologien zu integrieren, gab vor allem die mangelnde Möglichkeit für eine stärkere Lieferanten- und Kundenintegration den Anstoss für das Projekt.

Vorstellung der Geschäftspartner
Die Geschäftspartner der INTERSPORT Schweiz AG in diesem Projekt waren die SAP (Schweiz) AG als Anbieter des ERP-Systems mySAP Retail und der Implementierungspartner EFP Consulting.

Anbieter von Business Software
SAP (Schweiz) AG repräsentiert die SAP AG in der Schweiz. Das Unternehmen SAP ist weltweit der führende Anbieter von Business-Softwarelösungen und der drittgrösste unabhängige Softwarelieferant. SAP Schweiz mit Hauptsitz in Regensdorf (ZH) hat ca. 560 Mitarbeitende. mySAP Retail ist eine branchenspezifische ERP-Lösung aus der Produktfamilie SAP All-in-One, mit der SAP den Mittelstand adressiert. mySAP Retail basiert auf mySAP, wobei brachenspezifische Geschäftsprozesse bereits vorkonfiguriert sind. Die Lösung dient der Unterstützung der Sortimentspolitik, variabler Absatztechnologien sowie einer am Kunden orientierten Verteillogistik. Zielsetzung ist die geschlossene Abbildung der Wertschöpfungskette vom Endverbraucher bis hin zum Lieferanten sowie die Optimierung der Abläufe und Steuerungsprozesse im Waren- und Datentransfer zwischen Lieferanten, Handel und Konsumenten.

SAP Business One ist eine Lösung für kleine bis mittelständische Unternehmen. Architektur und Funktionalität haben im Gegensatz zu den All-in-One-Lösungen keine Verbindung zu mySAP oder R/3, sondern basieren auf der Software eines im Jahr 2002 übernommenen israelischen Softwareherstellers.

Implementierungspartner
EFP ist mit der EFP Consulting AG und EFP Systemhaus AG seit 1992 auf dem Schweizer Markt vertreten. Sie ist eine der führenden SAP-Partnerinnen in der Deutschschweiz und in der Suisse Romande (Westschweiz). In den Bereichen Business Warehouse und Netweaver hat EFP den Status eines Special Expertise Partners der SAP (Schweiz) AG.
Der Geschäftsfokus von EFP ist die Realisierung von Gesamtprojekten auf Basis von SAP. Insbesondere werden die Bereiche SCM/SRM und Advanced Planner & Optimizer (APO) sowie die Einführung von voreingestellten Systemen in klein- und mittelständischen Unternehmen adressiert. Unter der Bezeichnung ExpertRETAIL bietet EFP Consulting beispielsweise die Einführung und Inbetriebnahme der SAP All-in-One-Lösung mySAP Retail an


3. Integrierte Datenerfassung zwischen den Partnern

In den folgenden Abschnitten wird der Datentransfer zwischen den beteiligten Partnern aus vier verschiedenen Sichten betrachtet. Die Geschäftssicht liefert dabei einen Überblick über das Szenario. Die Prozesssicht betrachtet Aktivitäten der Artikelbestellung und des Verkaufs. Die Interaktion der beteiligten Anwendungssysteme beschreibt die Anwendungssicht. Die technische Sicht liefert schliesslich einen Überblick über die bei den Geschäftspartnern eingesetzte Infrastruktur.

Geschäftssicht und Ziele
Fachhandelspartner der INTERSPORT Schweiz AG können Sportartikel aus verschiedenen Sortimenten zu günstigen Beschaffungskonditionen beziehen und anbieten. Um den angeschlossenen Fachhändlern möglichst gute Konditionen anbieten zu können, handelt INTERSPORT International auf internationaler Ebene und Intersport Schweiz auf nationaler Ebene mit den Sportartikelherstellern Rahmenverträge aus (vgl. Abb. 1). Die dort vereinbarten Einkaufskonditionen gelten für alle INTERSPORT-Fachhändler.
INTERSPORT Schweiz wählt für den Bereich Grosshandel mit Eigenmarken aus dem Gesamtsortiment von IIC einen Teil als Sortiment für die Schweizer Geschäfte aus. Die Artikelmuster dieses Sortiments werden von ICH bei der so genannten Musterung in der Zentrale in Ostermundigen ausgestellt. An diesen Tagen können die Fachhandelspartner die Muster betrachten und vor Ort die Artikel für die kommende Saison bestellen. Im Anschluss werden die Waren von den Herstellern produziert und an die ICH geliefert.
Nebst der Grosshandelsleistung bietet ICH ihren Fachhandelspartnern Factoring als Dienstleistung an. Dabei tritt ICH als Factor auf und erwirbt die Forderungen der Sportartikelhersteller gegenüber den Fachhandelspartnern.
Um die Beschaffung (Konditionen, Mengen usw.) optimieren zu können, sollen zukünftig seitens der Fachhandelspartner Abverkaufsdaten aus den Filialen an ICH übermittelt werden. Der dafür notwendige Datenaustausch war einer der Hauptgründe für die Investition in das neue ERP-System.

Abb. 1: Interaktion der Geschäftspartner von der Sortimentserstellung zum Endkundenverkauf (Eigenmarken der INTERSPORT)


Abb. 1: Interaktion der Geschäftspartner von der Sortimentserstellung zum Endkundenverkauf (Eigenmarken der INTERSPORT)


Prozesssicht
In Abb. 2 ist der Datentransfer [Datenaustausch] zwischen den einzelnen Geschäftspartnern von der Sortimentserstellung bis zum Verkauf der Artikel in den Intersport-Filialen dargestellt.

Abb. 2: Datentransfer von der Sortimentserstellung bis zum Endkundenverkauf


Abb. 2: Datentransfer von der Sortimentserstellung bis zum Endkundenverkauf

Der Prozess startet mit der Auswahl und der Zusammenstellung des Sortiments durch IIC. IIC pflegt die zugehörigen Artikelstammdaten in ihr ERP-System mySAP Retail ein. Diese werden an ICH übertragen. ICH ergänzt die Stammdaten um spezifische Daten, wie z.B. den Preis.

[Beschaffung] Während der Musterung bestellen die Fachhandelspartner die gewünschten Artikel. Die Fachhandelspartner erfassen die Bestellungen zunächst im Ordersystem der ICH. Von dort werden sie automatisch an mySAP Retail übertragen. Auf Basis dieser Bestelldaten wird das gesamte Bestellvolumen seitens ICH ermittelt und die Bestellung bei den Sportartikelherstellern ausgelöst. Bestellungen für Eigenmarken werden an IIC übertragen. ICH überträgt die Bestell- und Artikelstammdaten auch an die ERP-Systeme (SAP BusinessOne) der einzelnen Fachhandelspartner. Nachdem die Artikel von den Sportartikelherstellern produziert und über die ICH an die Geschäfte ausgeliefert wurden, beginnt der Endkundenverkauf. Zukünftig werden die Fachhändler regelmässig ihre Abverkaufsdaten pro Artikel an ICH übertragen.

Anwendungssicht
Im Mittelpunkt der in Abb. 3 dargestellten Anwendungslandschaft steht die Middleware-Komponente SAP Exchange Infrastructure (XI). SAP XI ermöglicht die Kommunikation von mySAP Retail seitens ICH mit den ERP-Systemen der Fachhändler und dem ERP-System von IIC. Das eigenentwickelte Ordersystem, über das bei der Musterung die Bestelldaten der Fachhändler erfasst werden, ist ebenfalls an SAP XI angebunden. Die Fachhändler nutzen für die Erfassung der Bestellungen vor Ort bei ICH Laptops, auf denen das Ordersystem läuft. Die Bestellungen werden zunächst lokal gespeichert und dann am Abend gesammelt an das mySAP Retail von ICH übertragen.

Abb. 3: Anwendungslandschaft der Geschäftspartner von INTERSPORT


Abb. 3: Anwendungslandschaft der Geschäftspartner von INTERSPORT

Die Bestell- und Artikelstammdaten werden ebenfalls an die ERP-Systeme der Fachhandelspartner übertragen. Durch diesen Datenaustausch entfällt die wiederholte, manuelle Eingabe der Daten durch die Fachhändler. Durch die zentrale Pflege der Stammdaten wird eine hohe Datenqualität gewährleistet. Die Abverkaufsdaten werden beim Artikelverkauf im Shop automatisch in den ERP-Systemen der Fachhändler erfasst und an das ERP-System von ICH übertragen. Das SAP Business Warehouse (BW) dient der Auswertung der Abverkaufsdaten der Fachhändler.

Technische Sicht
Die an dem zuvor beschriebenen Prozess der Sortimentserstellung bis zum Verkauf beteiligten Systeme von ICH und den angeschlossenen Fachhandelspartnern kommunizieren über das Internet. ICH betreibt ausserdem ein Intranet, an das die zur Musterung verwendeten Laptops, die Arbeitsplatzrechner der Mitarbeitenden und die Serversysteme von mySAP Retail angeschlossen sind. mySAP Retail wird auf einem eigenen Server betrieben, wobei ein zusätzlicher Server für Konfigurations- und Testzwecke vorhanden ist. Auf zwei weiteren Servern werden das BW und die XI-Plattform betrieben. Das Intranet von ICH ist durch eine Firewall gesichert (vgl. Abb. 4).

Abb. 4: Technische Sicht INTERSPORT Schweiz AG


Abb. 4: Technische Sicht INTERSPORT Schweiz AG


4. Projektablauf und Betrieb

Ausgangspunkt für das Projekt zur Einführung von mySAP Retail war eine veraltete Individuallösung, die auf einer Vielzahl verschiedener Technologien basierte. Die Zukunftssicherheit dieser Lösung war nicht gegeben.

Investitionsentscheidung
Das strategische Ziel der Integration von Fachhandelspartnern sowie von Sportartikelherstellern konnte nach der Einschätzung der INTERSPORT Schweiz AG (ICH) mit der veralteten Individuallösung nicht erreicht werden. Zudem war der Wartungsaufwand für das bestehende System in der vergangenen Zeit vor der Investitionsentscheidung gestiegen und sollte reduziert werden. Kosten-Nutzen-Kalkulationen wie eine ROI-Analyse oder die Berechnung eines Business Case wurden nicht als Grundlage für die Investitionsentscheidung herangezogen. Im Vordergrund standen die strategischen Ziele Zukunftsfähigkeit durch die Nutzung einer standardisierten ERP-Lösung und Konkurrenzfähigkeit durch die stärkere Integration der Fachhandelspartner.

Als unternehmerische und wirtschaftliche Ziele für das neue ERP-System wurden einige Anforderungen [Pflichtenheft] klar definiert. Das neue System sollte so weit wie möglich (> 90 %) durch eine Standardlösung realisiert werden und eine überdurchschnittliche Offenheit aufweisen. Diese Offenheit wurde gefordert, um die beschriebene Integrationsfähigkeit anderer Systeme zu gewährleisten. Als weitere Ziele definierte ICH die Erhöhung der Transparenz über alle Betriebszweige, schnellere Lieferungen und verbesserte Auskunftsfähigkeit gegenüber Kunden. Die langfristige Sicherstellung einer auf aktuellen Technologien basierenden Plattform mit moderner Software und Hardware war ebenso gefordert.

Anfang 2003 beschrieb INTERSPORT den zu erfüllenden Rahmen der gesuchten Lösung in einem Pflichtenheft. Das Pflichtenheft wurde an sechs Anbieter von Standardlösungen mit Erfahrung im Einzelhandelsgeschäft gesandt. [Partnerwahl] Drei der Anbieter kamen aufgrund ihres Angebots in die engere Wahl. Kriterien waren u.a. die Einhaltung des strengen Budgetrahmens von 1.1 Mio. CHF sowie die Zukunftsaussichten des Anbieters. Die Anbieter wurden zu Workshops eingeladen, um ihre Lösung bei INTERSPORT zu demonstrieren. INTERSPORT entschied sich für mySAP Retail, da es alle geforderten Kriterien erfüllte und als einzige Lösung das Factoring im Standard unterstützen konnte.

Projektmanagement und Changemanagement
Das Projekt zur Einführung von mySAP Retail hatte enge zeitliche und finanzielle Vorgaben. Die neue Lösung musste innert kürzester Zeit realisiert werden, da der Produktivbetrieb ab dem 1. Mai 2004 angestrebt wurde. Durch diese Frist war das Projekt ab dem Kick-off am 17. September 2003 auf knapp acht Monate begrenzt.

Das Projektteam bestand aus ca. 20 Personen. Zwölf Mitarbeitende von EFP Consulting arbeiteten gemeinsam mit sechs bis acht Mitarbeitenden von ICH am Projekt. Dem Projektteam gehörten seitens INTERSPORT der Leiter Informatik sowie pro Modul eine verantwortliche Person an („Key User“). Durch diese Besetzung war die Einbeziehung der späteren Benutzer von Beginn an gewährleistet. Ein Steering Committee bestehend aus der Geschäftsleitung von ICH, einem Partner von EFP Consulting sowie den beiden Projektleitern sicherte den Projekterfolg.

Partnerwahl
Die SAP Schweiz stellte EFP Consulting als Einführungspartner bereits bei der Evaluation vor. Die Mitarbeitenden von EFP Consulting begleiteten das Projekt von Beginn an mit dem gleichen Team. Aufgrund der guten Erfahrungen mit den zukünftigen Projektmitarbeitenden, entschied sich ICH für EFP Consulting als Einführungspartner.

Entstehung und Roll-out der Softwarelösung
Aufgrund der kurzen Projektdauer von acht Monaten wurde auf den üblichen Blueprint verzichtet und das SAP-System direkt aufgesetzt. Die bei ICH etablierten Prozesse wurden dokumentiert und bestmöglich auf die SAP-Standardprozesse abgebildet. Bei fehlender Abdeckung wurden teilweise auch Anpassungen der INTERSPORT-Prozesse vorgenommen.

Das SAP-Modul FI/CO stellte ICH vor unerwartete Probleme. Als Hauptproblem des Moduls gab der Lösungsbetreiber für die Schweiz unzureichende Kontenpläne an. Die Anpassung des Systems an die Schweizer Gegebenheiten gestalteten sich aufwendiger als geplant.
Die Key User des Projektteams erhielten Schulungen durch EFP Consulting. Die zukünftigen Benutzer wurden dann durch die jeweiligen Key User geschult.

In der zweiten Projektphase ab Januar 2004 mussten ca. 50'000 Artikel migriert werden. Dabei verzichtete das Projektteam aus Zeitgründen auf weitergehende Migrationstests. Die Geschäftstätigkeit war zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt und wurde am 1. Mai 2004 (Samstag) auf das neue System umgestellt. Bei der Inbetriebnahme des neuen Systems kam es zu keinen Komplikationen, der Betrieb lief ab Beginn der folgenden Woche problemlos.

Laufender Unterhalt
Die System-Hardware wird vor Ort bei ICH betrieben, wobei ein Dienstleistungsvertrag mit einem lokalen Hardware-Partner vereinbart wurde. Die Wartungs- und Betriebskosten des neuen Systems sind im Vergleich zum Vorgängersystem geringer. Seitens der IT sind lediglich zwei Personen für die Systembetreuung notwendig. Damit wurde ein wesentliches Projektziel erfüllt. Für den Spätherbst 2007 ist bereits der erste Releasewechsel geplant.


5. Erfahrungen

Nutzerakzeptanz
Die frühe Einbindung der späteren Nutzer in das Projekt führte zur Akzeptanz der neuen Lösung. Die Anpassung einiger interner Geschäftsprozesse an die SAP-Standardprozesse hat nach einer kurzen Umstellungsphase zu optimierten Prozessdurchläufen geführt. Neben der frühen Einbeziehung förderte die Unterstützung durch die Geschäftsleitung und eine umfangreiche Kommunikation von Beginn an den Projekterfolg und die Nutzerakzeptanz.
Die angeschlossenen Fachhandelspartner bewerten das verbesserte Serviceangebot von ICH positiv. Bei der Anbindung der ERP-Systeme der Fachhändler kam es aufgrund der heterogenen Systeme zu Verzögerungen. Durch den Einsatz der SAP XI Plattform bei ICH, sowie der Einführung von SAP Business One bei den Fachhändlern konnte die Anbindung aber verbessert werden.

Zielerreichung und bewirkte Veränderungen
Die vor Projektbeginn definierten Ziele wurden erreicht. Mit mySAP Retail ist eine Standardlösung gefunden worden, die auch spezifische Anforderungen von INTERSPORT wie das Factoring und die Anbindung der Franchisepartner erfüllt. Sowohl der angestrebte geringere Personalaufwand zur Wartung der neuen Lösung wurde erreicht, als auch die Einhaltung des zuvor definierten Budgets. Kritisch waren lediglich die sehr aufwändige Datenmigration und die anspruchsvolle Einführung des FI/CO-Moduls.
Veränderungen

Neben der Reduktion des Wartungsaufwands und der Verbesserung der Abschreibungsplanung stand auch die automatisierte Übertragung der Abverkaufsdaten der Fachhändler in das zentrale ICH-System im Vordergrund. Zur Erreichung dieses Ziels konnte die notwendige Infrastruktur noch nicht vollständig geschaffen werden, da noch nicht ausreichend viele Fachhandelspartner an das neue System angeschlossen werden konnten.

Investitionen, Rentabilität und Kennzahlen
Das Projekt wird von INTERSPORT als strategische Investition in die Zukunft betrachtet. Ein rein monetärer Kosten-Nutzen-Vergleich ist daher nicht möglich. Für das SAP-System wurden 65 Benutzerlizenzen gekauft, davon sind 40 ständige Benutzer bei ICH. Die übrigen Benutzer sind für die zur Musterung verwendeten Laptops vorgesehen. Die Lizenzkosten betrugen 300'000 CHF. Insgesamt betrug das Projektbudget 1.1 Mio. CHF.

Aus strategischer Sicht kann als grösster Nutzen die Integrationsfähigkeit des neuen Systems gesehen werden, deren volles Potenzial jedoch erst sichtbar wird, wenn die Anbindung der Fachhandelspartner abgeschlossen ist. Die Investition wird von der Geschäftsleitung als lohnend und erfolgreich eingestuft.


6. Erfolgsfaktoren

Spezialitäten der Lösung
Der vorliegende Fall der Einführung einer standardisierten ERP-Lösung bei der INTERSPORT Schweiz AG zeigt, wie sich ein Unternehmen durch den gezielten Einsatz von IT zukunftsorientiert und konkurrenzfähig am Markt positionieren kann. ICH steht konkret in Konkurrenz mit Einzelhandelsketten, die ebenfalls Sportartikel anbieten und ihrerseits von einer unternehmensweit homogenen Infrastruktur profitieren. Diesem Wettbewerbsnachteil begegnet ICH durch den Einsatz einer standardisierten SAP-Lösung, in die angeschlossene Fachhandelspartner integriert werden. Auf diese Weise kann der Datentransfer wie in einem vertikal integrierten Unternehmen funktionieren.

Reflexion der „Business Collaboration“
Das Geschäftsmodell von ICH bedingt durch die Anbindung von selbstständigen Franchisepartnern eine heterogene IT-Infrastruktur. Die angeschlossenen Fachhandelspartner nutzen in der Regel proprietäre ERP-Systeme, deren umfassende Integration in ein gemeinsames ERP-Konzept nur schwer zu realisieren ist. Beispielsweise der Austausch von Artikelstammdaten ist bei unterschiedlichen, nicht standardisierten Systemen aufgrund verschiedener Datenformate problematisch.

Der Einsatz einer standardisierten ERP-Lösung und den damit verbundenen standardisierten Datenformaten ermöglicht den Abgleich der Geschäftsprozesse der ICH und den Geschäften und die Optimierung des Datenaustausches. So bleibt den Fachhändlern beispielsweise die manuelle Datenerfassung von Artikelstammdaten erspart. Durch die homogenere Systemlandschaft und die Angleichung von Datenformaten und Geschäftsprozessen wird ausserdem die stärkere Nutzung von Abverkaufsdaten möglich, die seitens der Fachhandelspartner erhoben werden.

Lessons Learned
Durch die Einführung eines standardisierten ERP-Systems kann die INTERSPORT Schweiz AG auch zukünftig ihre starke Marktposition behaupten. Zudem ist durch die Integration der ERP-Systeme der Fachhandelspartner eine Möglichkeit gefunden worden, durch die ICH gegenüber vertikal integrierten Einzelhandelsketten zukünftig konkurrenzfähig bleiben kann.
Im Rahmen der Durchführung des Projekts hat sich gezeigt, dass ein konstantes Projektteam und die frühzeitige Integration der späteren Systemnutzer wichtige Faktoren für den Projekterfolg sind und einen problemlosen Übergang vom alten auf das neue System ermöglichen.


Betreiber der Lösung

INTERSPORT Schweiz AG
Stefan Sommer, CFO
Hans Rösselet, Leiter Informatik
Branche: Gross- & Einzelhandel, Sport
Unternehmensgrösse: MittelunternehmenINTERSPORT Schweiz AG

Lösungspartner

Bruno Flückiger, Partner, Managing Director Sales and Marketing
EFP Consulting AG

Autoren der Fallstudie

Kristin Wende, Kai Hüner
Universität St. Gallen

16. August 2007
Hüner; Kai M.; Wende; Kristin (2007): Fallstudie INTERSPORT Schweiz AG; in: Wölfle; Ralf; Schubert; Petra (Hrsg.): Business Collaboration Standortübergreifende Prozesse mit Business Software; S. 99 - 112; München: Hanser Verlag; 2007
PDF zur Fallstudie, wie diese in der eXperience Buchreihe erschienen ist.
1959
intersport-efp
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1959-intersport-efp
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