JURA Elektroapparate AG: Customer Self Service

03. November 2005



Bereits Ende 2001 hat JURA mit der IMPRESSA F90 den ersten internetfähigen Kaffeevollautomaten mit Touchscreen auf den Markt gebracht, was den Führungsanspruch hinsichtlich Technologie unterstreicht.
Bestärkt durch die gute Marktakzeptanz und die positiven Erfahrungen mit der Internetanbindung lanciert JURA im Herbst 2005 eine neue Form von Kundendienst, die rund um die Uhr via Internet in Anspruch genommen werden kann – und alle individuellen Aspekte des jeweiligen Kaffeevollautomaten umfassend berücksichtigt.

Die Erstellung dieser Fallstudie wurde unterstützt von:


1. JURA Elektroapparate AG

Seit 1931 entwickelt die JURA Elektroapparate AG (JURA) innovative Haushaltsgeräte auf höchstem Niveau und ist heute einer der zwei weltweiten Marktleader für Kaffeevollautomaten. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 430 Mitarbeiter/-innen und verkauft in über 40 Länder. Der Umsatz im Jahr 2004 betrug 260 Mio. Franken, wobei über 80% des Umsatzes im Ausland erzielt wurden. Bei JURA in der Schweiz werden Leistungen in der Entwicklung, der Markenführung, dem Vertrieb und dem Service erbracht. Die Produktion ist an ein Schweizer Unternehmen ausgelagert. Die Elektronik-Entwicklung wird von Toptronic geleistet; einem Spin-off-Unternehmen von JURA. Lediglich die Produktion einzelner Elektronikkomponenten ist an eine Firma in Malaysia ausgelagert: JURA Kaffeevollautomaten sind somit Swiss made.

JURA versteht sich in Bezug auf die Kaffeequalität, die Technologie, die Ergonomie und das Design als Leader. Mit der Differenzierungsstrategie erschliesst das Unternehmen prioritär die Hochpreissegmente im In- und Ausland. Bereits Ende 2001 hat JURA mit der IMPRESSA F90 den ersten internetfähigen Kaffeevollautomaten mit Touchscreen auf den Markt gebracht, was den Führungsanspruch hinsichtlich Technologie unterstreicht.

„Die Internetanwendungen helfen unserem Kundendienst,
mehr Zeit für eine persönliche Kundenberatung aufzubringen.“
(Michael Wegmüller, E-Business-Verantwortlicher, JURA)



Bestärkt durch die gute Marktakzeptanz und die positiven Erfahrungen mit der Internetanbindung lanciert JURA im Herbst 2005 eine neue Form von Kundendienst, die rund um die Uhr via Internet in Anspruch genommen werden kann – und alle individuellen Aspekte des jeweiligen Kaffeevollautomaten umfassend berücksichtigt.


2. Relevanter Markt und Vertriebsstrukturen

JURA bearbeitet intensiv den Markt für Kaffeevollautomaten für den Heim- und Bürogebrauch. JURA hat einen weltweiten Marktanteil von ungefähr 20%. Den grössten Weltmarktanteil hält die Saeco International Group S.p.A. aus Italien. Weitere Konkurrenten sind kleinere, lokale Anbieter, die oftmals neben Kaffeevollautomaten weitere Elektroapparate anbieten.

Der Markt für Kaffeevollautomaten entwickelt sich parallel zur Kaffeekultur in den jeweiligen Ländern. Die Substitutionskonkurrenz für das Produkt Kaffee ist länderspezifisch; genauso wie das Kaffeetrinkverhalten.

JURA verkauft Kaffeevollautomaten im In- und im Ausland nicht direkt an Endverbraucher, sondern an den Fachhandel sowie an Ladenketten. Der einzige Kontakt zu den Endverbrauchern kommt im Bereich „Kundendienst“ für Wartungen und Reparaturen zustande. Seit 2003 bietet JURA mit einer neu geschaffenen „Service-Fabrik“ die Möglichkeit, selbst die Kaffeemaschine bei JURA in Niederbuchsiten vorbeizubringen und der Analyse der Maschine und allfälligen Reparaturen in einem angenehmen Umfeld beizuwohnen.


3. Bisherige Nutzung der Internet-Technologien

Der Internetauftritt von JURA (www.jura.com) unterstützt die Markenführung und richtet sich an die Endverbraucher. Dabei sind inzwischen die Auftritte der Vertriebspartner weltweit weitestgehend vereinheitlich; einzig in den USA weicht der Auftritt aufgrund von marktspezifischen Aspekten etwas ab.

Auf Basis eines Content Management Systems werden über 30 Websites der Ländergesellschaften und Distributoren betrieben. Wenn ein neuer Distributor in das JURA-Netzwerk aufgenommen wird, so kann in kürzester Zeit eine neue Website mit spezifischem Sortiment und landesspezifischen Informationen für den Distributor bereitgestellt werden.

Neben umfassenden Produktinformationen bieten die Websites dem unentschlossenen Besucher auch eine interaktive Entscheidungshilfe, welcher Maschinentyp den eigenen Bedürfnissen am besten entspricht. Den Besitzern von JURA-Kaffeemaschinen werden mittels interaktiven Bedienungsanleitungen, dem so genannten Knowledge Builder, hilfreiche Tipps und Tricks zu jeder Kaffeemaschine vermittelt.

Für die Fachhändler in der Schweiz hat JURA ein Extranet aufgebaut, in dem den Vertriebspartnern hilfreiche Zusatzinformationen zu den JURA-Kaffeemaschinen bereitgestellt werden. Um den Partnern einen Informationsvorsprung zu bewahren, werden Informationen zu neuen Produkten, Dienstleistungen und Marketingkampagnen immer zuerst den Vertriebspartnern kommuniziert. Eine wichtige Applikation für die Vertriebs- und Servicepartner besteht in der Möglichkeit, Ersatzteile via Internet auszuwählen und direkt zu bestellen.

Ein Intranet für die JURA-Mitarbeiter/-innen befindet sich im Aufbau und wird die Zusammenarbeit durch die webbasierte Abbildung ausgewählter Prozesse und eine zentrale Dokumentenablage vereinfachen.


4. Neuartige Internet-Nutzung mit dem IMPRESSA Web Pilot

Die 2001 lancierte JURA-Kaffemaschine „IMPRESSA F90“ verfügte als erste Kaffemaschine über eine – noch etwas eingeschränkte – Internetanbindung. Trotz technischen Restriktionen und nur geringen Marketinganstrengungen wurde eine stattliche Anzahl der „Connectivity-Kits“, die für die Internetanbindung benötigt werden, als kostenpflichtiges Zubehör verkauft. Die Innovation wurde von vielen Medien aufgegriffen und half JURA sich weiter als Technologieleader zu positionieren.

Aufgrund der guten Erfahrungen entschloss sich JURA im Jahr 2004, die Idee der Internetanbindung für zukünftige Kaffeevollautomaten noch stärker zu berücksichtigen. Dementsprechend wurde parallel zur Entwicklung des neuen Flagschiff-Modells „IMPRESSA Z5“ eine neue Generation des Connectivity-Kits mit der Bezeichnung „IMPRESSA Web Pilot“ entwickelt, mit dessen Hilfe einerseits die Kaffeemaschine via PC konfiguriert werden kann, andererseits aber auch Gerätedaten von der Kaffeemaschine an einen PC übergeben werden können und dank einer Web-Schnittstelle auch Daten mit dem Service-Portal von JURA ausgetauscht werden können.

Dabei dient eine von JURA entwickelte PC-Software als Benutzeroberfläche für die vielfältigen Einstellungen des Kaffeevollautomats. So können beispielsweise Tasten mit speziellen Rezepten belegt werden oder auch individuelle Einstellungen wie zum Beispiel die Kaffeemenge für einen Cappuccino eingestellt werden. Gleichzeitig lassen sich vordefinierte Rezepte auf die Kaffeemaschine übertragen, wobei die Übertragung über einen Zwischenspeicher erfolgt. Dieser Zwischenspeicher, die so genannte „Connectivity Box“, ist Teil des IMPRESSA Web Pilot und ist vergleichbar mit einem speziellen MemoryStick: Die Box kann sowohl bei der Kaffeemaschine als auch am PC in einen mitgelieferten USB-Adapter eingesteckt werden und ermöglicht das Lesen und Schreiben von Daten.

Abbildung 1: Informationsflüsse mit dem IMPRESSA Web Pilot.



Abbildung 1: Informationsflüsse mit dem IMPRESSA Web Pilot.


Neben dem Austausch von Informationen vom PC zur Kaffeemaschinen lassen sich auch Nutzungsdaten und spezielle Einstellungen der Kaffeemaschinen auf den PC und mithilfe der IMPRESSA Web Pilot-Software auch in das Internet übermitteln. In die andere Richtung lassen sich Software-Updates und Rezepte vom Internet via PC auf die Kaffeemaschine überspielen.


5. Customer Self Service mit individuellen Nutzungsdaten

Der IMPRESSA Web Pilot ermöglicht das Exportieren von Nutzungsdaten und Konfigurationseinstellungen aus der Kaffeemaschine auf den PC und schafft dadurch die Grundlage für detaillierte Analysen, die auf den effektiven Daten des betroffenen Gerätes basieren.

Während bisher nur ausgewählte Nutzungsdaten und Einstellungen über das Display der Kaffeemaschinen abgerufen werden konnten, können mit dem IMPRESSA Web Pilot nun über 120 Parameter übertragen werden. Diese wertvollen Informationen sind identisch mit den Daten, die von Service-Technikern mit entsprechendem Equipment aus einer JURA-Maschinen ausgelesen werden können.

Die auf den PC übertragenen Informationen können nun von dort aus per Mausklick auf ein neu geschaffenes Service-Portal im Internet überspielt werden. Mit diesem „Kundendienst-Manager“ kann der Konsument zu Hause jederzeit eine Online-Analyse seines Gerätes durchführen. Für die Identifikation des Kunden samt zugehöriger Maschine ist in der Regel keine Registration erforderlich, da der Händler auf Wunsch des Kunden die persönlichen Daten mit den Verkaufsinformationen an JURA weitergibt. Dadurch kann bereits bei dem ersten Login per IMPRESSA Web Pilot der Kunde und der Maschinentyp erkannt werden. Falls keine initiale Registration durch JURA bzw. den Händler erfolgte, so kann sich der Endkunde selbst online registrieren. Dabei wird mithilfe der eindeutigen ID des Gerätes sichergestellt, dass das Gerät des Kunden erkannt wird.

Abbildung 2: Schematischer Ablauf einer Online-Analyse.



Abbildung 2: Schematischer Ablauf einer Online-Analyse.


Dank der eindeutigen Identifizierung der Kaffeemaschine hinsichtlich Typ, Baujahr und anderen Parametern kann nun der Besitzer durch die Beantwortung geschlossener Fragen ein etwaiges Problem schrittweise einkreisen und erhält zuletzt eine Diagnose des Problems samt Empfehlungen zur Behebung desselben. Falls diese Empfehlungen den Kunden nicht zufriedenstellen, so können alle bisher gewonnenen Informationen inklusive den erfolgten Eingaben mit einem Mausklick an einen Kundenberater weitergereicht werden. Dieser nimmt sich der Anfrage an und kontaktiert je nach Situation den Kunden per E-Mail oder Telefon.

In den meisten Fällen ist jedoch mit einer abschliessenden Diagnose durch die Logik im Analyseprozess zu rechnen. Die hierarchisch aufgebauten Fragen zur Eingrenzung des Problems führen zu mehr als 150 möglichen Behebungsvorschlägen, wobei sehr spezifische Parameter, wie zum Beispiel die eingestellte Wassertemperatur der Kundenmaschine, als Grundlage dienen.

Die durchgeführten Analysen werden zu dem Kundenprofil und der zugehörigen Kaffeemaschine in der Internetlösung gespeichert und ermöglichen so dem JURA-Kundendienst wie auch dem Kunden selbst einen Blick auf frühere Vorkommnisse.


6. Nutzenpotentiale des IMPRESSA Web Pilots und konkrete Vorteile

Mit der erweiterten Nutzung des Internets in Form eines intelligenten elektronischen Kundendienstes verfolgt JURA unterschiedliche Ziele:
Neben zusätzlichen Dienstleistungen für den Kunden soll das Projekt zu Kostensenkungen im Bereich „After Sales“ und Kundendienst führen. So bewirkt der „Self Service“ durch den Kunden, dass die auftretenden Problemsituationen ohne einen JURA-Mitarbeiter/-innen selbstständig vom Kunden mithilfe der elektronischen Analyse gelöst werden können – und zwar zur vollsten Zufriedenheit des Kunden rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Auch lassen sich durch eine fachgerechte Bedienung der Kaffeemaschine erhebliche Garantiekosten einsparen, insbesondere da JURA aus Kulanzgründen oft Leistungen über den eigentlichen Garantieanspruch hinaus erbringt. Darüber hinaus kann der Benutzer dank dem Einsatz des IMPRESSA Web Pilots frühzeitig auf vorzunehmende Konfigurationsanpassungen, einen Austausch des Wasserfilters oder anstehende Reinigungen hingewiesen werden.

Abgesehen von den angestrebten Kostensenkungen trägt der IMPRESSA Web Pilot auch zu einer Differenzierung der JURA-Produkte gegenüber der Konkurrenz bei. Die JURA-Kaffeemaschinen nehmen eine führende Stellung hinsichtlich Technologie und Design ein; ein Anspruch, der durch den innovativen Einsatz des Internets zum Vorteil des Kunden unterstrichen wird. Der elektronische Kundendienst bietet Zusatznutzen für den Kunden und vervollständigt damit auch das Bild eines hochwertigen Hightech-Produktes.


7. Zukünftige Herausforderungen

Die erste Kaffeemaschine mit IMPRESSA Web Pilot wird die „IMPRESSA Z5“ sein; bereits heute sind sämtliche Kaffeevollautomaten von JURA mit den entsprechenden Schnittstellen ausgerüstet. Damit ist die Grundlage geschaffen worden, für weitere Gerätetypen einen IMPRESSA Web Pilot zu entwickeln. Da die einzelnen Maschinentypen jedoch unterschiedliche Funktionen aufweisen, sind auch individuelle Frageraster zu erarbeiten, wobei die technische Architektur eine grösstmögliche Flexibilität und Tiefe erlaubt.

Nach dem erfolgreichen Aufbau des Online-Service-Portals und der angelaufenen Produktion der IMPRESSA Web Pilots steht nun die Vermarktung derselben im Vordergrund. Dabei sind die betroffenen Mitarbeiter/ innen des Aussendienstes und Kundendienstes zu schulen, und zündende Promotionskampagnen sind gemeinsam mit dem Vertrieb zu konzipieren und umzusetzen.

Für den Erfolg des IMPRESSA Web Pilot ist die Kundenakzeptanz zentral, nur wenn dieses Zubehör wahrgenommen, gekauft und eingesetzt wird, lassen sich Differenzierungsvorteile und Kosteneinsparungspotenziale realisieren.


8. Fazit

JURA setzt seit mehreren Jahren überaus erfolgreich das Internet für die Kommunikation mit Endkunden und Vertriebspartnern ein. Stetig steigende Zugriffe auf die verschiedenen Internetportale, zunehmende Anfragen per E-Mail und auch die erfolgreiche Lancierung der ersten „Internet-Kaffeemaschine“ 2001 führten dazu, dass heute unterschiedliche Internetdienstleistungen zunehmend als mögliche Ergänzungen des Kernprodukts evaluiert, konzipiert und umgesetzt werden. Im Zentrum steht das Bestreben, dem Anwender durch internetbasierte Dienstleistungen Vorteile zu bieten – und idealerweise bei verbessertem Service aus Kundensicht die Servicekosten zu senken.

Die von JURA lancierte Fernanalyse der eigenen Kaffeemaschine nutzt dabei die verschiedenen spezifischen Vorteile des Internets: Rund um die Uhr können unabhängig vom Aufenthaltsort hochgradig spezifische Analysen durchgeführt werden, wobei strukturiertes Expertenwissen und technische Detailinformationen zur Lösung führen.

Das im Rahmen des IMPRESSA Web-Pilot-Projektes gewonnene strukturierte Wissen zur Fehleranalyse ist dabei keinesfalls auf das Internet beschränkt: Ein zukünftiger Einsatz derselben Techniken zur Problemeinkreisung durch Kundendienst-Mitarbeiter/-innen könnte eine nachhaltige Verbesserung des Kundendienstes bei tieferen Kosten nach sich ziehen, woraus JURA ein nicht unerheblicher Wettbewerbsvorteil erwachsen könnte.



Die Erstellung dieser Fallstudie wurde unterstützt von:


Betreiber der Lösung

Jura Elektroapparate AG
Michael Wegmüller, E-Business Geschäftsführer
Branche: Maschinenbau/Feinmechanik, Elektroapparate, Kaffeemaschinen
Unternehmensgrösse: GrossunternehmenJura Elektroapparate AG

Lösungspartner

Gerrit Taaks, Partner
Unic AG

Autoren der Fallstudie

Nicole Scheidegger
Sieber & Partners

03. November 2005
Nicole Scheidegger; Pascal Sieber; Gerrit Taaks; Marc André Hahn: Die Organisation des E-Business V; Fallstudien über den Einsatz der Informatik und Telekommunikation für den geschäftlichen Erfolg von Unternehmen und Verwaltungen. Dr. Pascal Sieber & Partners AG; Bern 2005; ISBN-10 3-033-00620-5

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1967
jura-unic
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1967-jura-unic
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