Personalisierung von Dienstleistungen zum Aufbau eines Kundenbindungskonzeptes bei Zoots.com

01. Juni 2002



Zoots Cleaners möchte den Reinigungsmarkt revolutionieren. Das Fallbeispiel dokumentiert ein innovatives Unternehmen, das es geschafft hat, durch Personalisierung der begleitenden Dienstleistungen um eine an sich standardisierte Kernleistung ein innovatives Kundenbindungskonzept aufzubauen. Die Kunden können ihre Wäsche in einem ‘Drive-through’-Fenster abgeben und abholen, oder bekommen sie direkt von zu Hause abgeholt und wieder geliefert. Dazu bekommen sie nach einmaliger Registrierung spezielle Wäschebeutel mit einem Barcode, mit denen sie schnell und einfach ihre Wäsche abgeben können. Auch kann im Internet der Status der Wäscheorder ständig beobachtet werden. Durch den Aufbau einer lernenden Beziehung mit jedem einzelnen Kunden hat es das Unternehmen geschafft, die Kundenbindung stark zu erhöhen.


1. Einleitung

Ein individueller Reinigungs-Service, der schmutzige Wäsche abholt und sie sauber und gebügelt wieder ins Haus bringt? Eine neue, revolutionäre Geschäftsidee? Nein, nicht ganz. Aber ein Beweis dafür, dass innovative Personalisierungsideen alt hergebrachte Industriezweige weiterentwickeln können. Doch zu Beginn eine Frage: Was kaufen Sie, wenn Sie Ihre Kleidung in eine chemische Reinigung geben? „Saubere Wäsche“ ist nur die auf dem ersten Blick richtige Antwort. Eigentlich kaufen Sie Bequemlichkeit. Und genau auf der Individualisierung der Bequemlichkeit beruht das Geshäftskonzept von Zoots.


In den USA gab es bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Vielzahl von Unternehmen, welche die verschmutzte Wäsche ihrer Kunden abgeholt, gereinigt und wieder frisch vor die Haustür geliefert haben – eine Entlastung für Millionen Familien. Allerdings starben diese frühen Reinigungs-Dienstleister (s. Abb. 1) mit dem Einzug der Waschmaschinen und Trockner in die privaten Haushalte weitgehend aus. Doch zunehmender Wohlstand, längere Arbeitszeiten und neue Familienstrukturen lassen aber die klassischen Reinigungen wieder stark wachsen.

Abb. 1: Ein früher Reinigungs-Dienstleister


Abb. 1: Ein früher Reinigungs-Dienstleister

2. Das Unternehmen

Zoots ist eine solche chemische Reinigung und Wäscherei und betreibt sowohl einen Tür-zu-Tür-Service als auch einzelne Geschäfte. 1998 von Tom Stemberg und Todd Krasnow gegründet, hat sich das Unternehmen der Philosophie verschrieben, die Erwartungen seiner Kunden zu übertreffen. Dies ist den beiden Gründern, die ebenfalls Schöpfer der Büro-Supermarkt-Kette Staples sind, sichtlich gelungen: Zoots bediente im März 2002 93 Städte rund um das Firmenzentrum in Newton, Massachusetts. Das Ziel des Unternehmens ist es, die führende chemische Reinigungs-Kette in den USA zu werden.


3. Geschäftsmodell

Was macht Zoots letztendlich so bemerkenswert? Das innovative Geschäftsmodell macht aus der eher unspektakulären Dienstleistung „Reinigung“ mit Hilfe des Internet eine massenindividualisierte Dienstleistung und erreicht somit eine vollständig neue Art der Kundenbindung. Denn auch ein relativ einfacher Prozess wie eine chemische Reinigung benötigt einige Informationen über die jeweiligen Vorlieben der Kunden. Genau hier setzt Zoots an und speichert die individuellen Informationen über seine Kunden in einem persönlichen Profil (Allergien auf bestimmte Waschmittel, Vorlieben bei Duftstoffen, gewünschte Art des Hängens oder Falten etc.). So erhält das Unternehmen bereits am Anfang alle wesentlichen Daten und muss diese nicht erst aus mehreren Interaktionen mit seinen Kunden lernen.


4. Individualisierung

Die Registrierung bei Zoots im Internet ist schnell und einfach. Neben Anschrift, Bankverbindung und Passwort werden bei der Anmeldung auch Wünsche für die Wäsche berücksichtigt (s. Abb. 2): Soll beispielsweise beim Reinigungsprozess viel oder wenig Stärke verwendet werden? Sollen Hemden gefaltet oder auf Kleiderbügeln ausgeliefert werden, usw.? Des weiteren können bei der Reinigung bestehende Allergien berücksichtigt werden. Auch der Ort der Wäscheübergabe wird vereinbart. Die gemachten Angaben können selbstverständlich verändert werden.

Abb. 2: Angabe der Daten und Präferenzen bei der Registrierung


Abb. 2: Angabe der Daten und Präferenzen bei der Registrierung



Nach der Registrierung erhält der Kunde einen blauen Zoots-Wäschesack, der mit einem Strichcode versehen ist, um eine eindeutige Identifizierung zu gewährleisten. Die Bezahlung erfolgt jeweils am Monatsende über die Belastung des angegebenen Kontos. Neben dem Ändern der persönlichen Einstellungen wird dem Kunden auch die Möglichkeit angeboten, den aktuellen Status seines Auftrags abzufragen. Weitere Elemente sind Sonderangebote für bestimmte Kleidungsstücke und die Kundenbetreuung. Die Sonderangebote werden über Coupons angepriesen, welche direkt von der entsprechenden Internet-Seite ausgedruckt werden können. So verbindet Zoots auf einfache und wirkungsvolle Weise die klassischen Anforderungen an einen Dienstleister mit den vielfältigen Möglichkeiten des Informationszeitalters.


Wie oben bereits erwähnt betreibt Zoots sowohl einen Abhol-Service als auch Geschäftsstellen. Die Zoots-Niederlassungen sind stets zentral gelegen. Sowohl die Kontaktadresse als auch die Anfahrtsskizze zum nächstgelegenen Zoots können bequem über das Internet erfragt werden (Abb. 3). In diesen Geschäften kann der Kunde den Wäsche-Transfer über einen „drive-through“ realisieren. Dieser ist sieben Tage pro Woche und 24 Stunden pro Tag geöffnet. Ist der Auftrag bearbeitet, wird der Kunde per E-Mail benachrichtigt und kann seine saubere Wäsche in einem Schließfach abholen. Mit dieser Option will Zoots auch die Kunden ansprechen, die ihre Reinigung auf einem traditionelleren Weg erledigen möchten und den „Gang“ in ein Geschäft bevorzugen.

Abb. 3 : Wo ist der nächste Zoots?


Abb. 3 : Wo ist der nächste Zoots?

5. Fazit

Das Beispiel Zoots veranschaulicht eine gelungene Synthese von einer traditionellen, eher unspektakulären Dienstleistung, der Reinigung, und den umfangreichen Möglichkeiten der Internet-Technologie. Die Erweiterung der klassischen Aufgaben um neuartige Services wie beispielsweise das Anlegen und Pflegen eines eigenen Profils durch den Kunden oder die Abfrage des Bestell-Status erfolgt auf gelungene und vielversprechende Weise – denn die Individualisierung setzt genau dort an, wo der eigentliche Kundennutzen entsteht: bei der Bequemlichkeit.


Zoots fängt nicht an, den eigentlichen Reinigungsprozess zu individualisieren, sondern setzt dort auf stabile und massenhafte industrielle Prozesse. Doch zur Kundeninteraktion und Gestaltung der Kundenschnittstelle schafft das Unternehmen durch das Angebot von neuen, zusätzlichen und individuellen Leistungen die Differenzierung zur Konkurrenz. Ein Kunde muss bei der Anlage des Profils einmalig eine gewisse Investition in Form des Ausfüllens der Web-Formulare leisten, alle weiteren Schritte gehen dann aber viel einfacher und bequemer.


Betreiber der Lösung

Zoots.com
Branche: Sonstige Dienstleistungen, Reinigungs-Service, Wäschereinigung
Unternehmensgrösse: KleinunternehmenZoots.com

Autoren der Fallstudie

Nicole Kornacher
Hochschule für Fernsehen und Film München
Steffen Wiedemann
Ludwig-Maximilians-Universität München


Zu dieser Fallstudie sind keine Anhänge verfügbar.
2074
piller-zoots
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/2074-piller-zoots
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