Die lens-shop GmbH wurde 1999 als Versandhandel für Kontaktlinsen und optische Erzeugnisse gegründet. Die Vertriebsphilosophie: günstige Preise, schneller Service und persönliche Betreuung.

"Eine Kontaktlinse ist ein ziemlich komplizierter Artikel", erläutert Liane Haller von der Münchner lens-shop GmbH, einem Versandhandel für Kontaktlinsen und optische Erzeugnisse. "Es gibt zwar nur vergleichsweise wenige Grundprodukte, aber viele Kombinationsmöglichkeiten mit Werten wie Stärke oder Zylinder - da kommen Tausende von Varianten zusammen." Bisher bestellten die Interessenten ihre Kontaktlinsen ausschließlich per Telefon, Fax oder Briefpost. Auf vielfältigen Wunsch der Kunden sollte es nun die Möglichkeit geben, die Artikel bequem und schnell im Internet zu bestellen.

Eine komplizierte Angelegenheit - wie es schien. Mehrere Anläufe scheiterten. Das Shop-System sollte unbedingt unterschiedliche Varianten eines Produktes ermöglichen, insgesamt tausende Kombinationen: kein Anbieter erfüllte diese Anforderungen. "Da wir unseren Kunden ein bequemes Einkaufen bieten wollen, war für uns zudem die genaue Zielgruppenansprache sehr wichtig", erzählt Projektleiterin Liane Haller. "Mit einer kommerziellen Standardsoftware können wir kaum auf die Bedürfnisse unserer Kunden eingehen. Beispielsweise wissen sie bereits, welche Linsen sie benötigen und wünschen sich daher eine speziell an diesen Bedarf angepasste übersichtliche Suchfunktion." Die Parameter der gewünschten Linse müssen klar auswählbar sein, so dass eventuelle Verwechslungsfehler oder Flüchtigkeitsfehler vermieden werden. Ebenso sollen die Kunden auch sofort sehen können, ob ihre Linse gerade im Angebot ist und wie sie mit Set-Angeboten Geld sparen können. Da viele Käufer sich kaum mit Computern auskennen, müssen Menüführung und Bestellvorgang so einfach wie möglich gehalten sein.

Ende 2001 kam über eine Empfehlung die plus-IT GmbH ins Spiel. Das Unternehmen aus Uffing in der Nähe von München ist Microsoft Gold Certified Partner für Business Intelligence und einer der führenden Anbieter auf diesem Gebiet in Deutschland. Gefragt, welcher der am besten geeignete Web-Shop am Markt sei, führte plus-IT Anfang 2002 eine Wettbewerbsanalyse durch. "Ursprünglich hatten wir gar nicht vor, eine eigene Lösung zu programmieren," berichtet plus-IT-Geschäftsführer Arno Bachhofer. "Die Business Logik der vorhandenen Shop-Systeme ließ sich aber nicht optimal auf die Geschäftsprozesse von lens-shop abbilden. Aus rund 50 Artikeln mit unterschiedlichen Varianten wären dann leicht 4000 bis 5000 Produkte geworden, denn jede Modifikation hätte als gesonderter Artikel erfasst werden müssen - ein immenser Aufwand und zudem sehr fehleranfällig."

Aufgrund der Marktanalyse von plus-IT und der eigenen schlechten Erfahrungen entschied sich die lens-shop-Geschäftsführung für die Programmierung eines eigenen Shop-Systems, das mit seiner Business Logik optimal auf die Geschäftsprozesse von lens-shop angepasst sein würde. Als sogenanntes Variantensystem ausgeführt, müssen die Mitarbeiter von lens-shop nun nur wenige Parameter pro Produkt eingeben. Der Web-Shop basiert vollständig auf Microsoft-Produkten; die Programmierung erfolgte mit Visual Studio .NET und C#.

Als Datenbank fungiert ein Microsoft SQL Server 2000 unter Windows 2000 Advanced Server. "Um die schnellste Performance für die Kunden zu erreichen und die Sicherheit im Web zu erhöhen, laufen alle Zugriffe auf die Datenbank als Stored Procedures ab." Die vorkompilierten SQL-Statements müssen zur syntaktischen Überprüfung nicht mehr in den Cache des Datenbank-Servers geladen werden - das ermöglicht kurze Zugriffszeiten.

"Das .NET Framework hat viele Vorteile", erzählt Arno Bachhofer, "so konnten wir das Shop-System völlig dynamisch anlegen." Wählen Kunden zum Beispiel via Browser einen Anbieter aus, wird eine Stored Procedure zur Datenbank ausgeführt und nur die Produkte dieses Unternehmens stehen zur Auswahl - das verbessert die Benutzerführung erheblich.

Viele Internetnutzer lehnen Cookies ab, die zu Identifikation des Nutzers auf den heimischen PC gespeichert werden. Entwickler Fuat Atabey: "Wir brauchen keine Cookies, die Lösung hierfür lieferte uns ASP.NET. Die ID wird während der Session als Bestandteil der URL des Browsers gespeichert, das ist sicherer für den Benutzer und es funktioniert wirklich super."

Abbildung 1: Web-Shop-System - Cookie less, hohe Skalierbarkeit und Sicherheit

Das System wird bei plus-IT gehostet, die Datenbank pflegen aber die lens-shop-Mitarbeiter selbstständig mit Microsoft Access via VPN-Verbindung. "Das ist für uns kein großer Aufwand, und wir benötigten auch keine speziellen Schulungen, da nach einer kleinen Einführung in Microsoft Access jeder Mitarbeiter die Daten pflegen kann", freut sich Liane Haller.

Sehr positiv wirkte sich auch die Erstellung eines Prototyps aus, an dem die Mitarbeiter tagesaktuell die Entwicklung des Shop-Systems verfolgen, die neue Funktionen ausprobieren und sofort korrigierend eingreifen konnten, falls etwas nicht ihren Erwartungen entsprach.

"Die Programmierung mit Visual Studio .NET und C# geht wegen der umfassenden Funktionalitäten wesentlich schneller als in Java", berichtet Arno Bachhofer. Das wirkt sich natürlich auf die Entwicklungskosten aus und wird von plus-IT als Preisvorteil an den Auftraggeber weitergereicht. "Zudem ist die Lösung skalierbar und ressourcenschonend - zum Beispiel werden nach einer Abfrage die Daten vom SQL Server als Dataset abgelegt und die Verbindung wieder geschlossen. So ist auch bei geringen Hardware-Ressourcen eine große Zahl von gleichzeitigen Nutzern möglich." Hinzu kommt, dass die Kommunikation zwischen Progammiersprache und SQL Server 2000 reibungslos und sehr schnell ist.

Die Architektur ist für weitere Entwicklungen offen und damit zukunftssicher. Problemlos können über XML-Schnittstellen und Data Transformation Service (DTS) bzw. Extraction Transformation Loading (ETL) Daten aus beliebigen Quellen geholt oder in andere Systeme eingespeist werden - zum Beispiel von und nach SAP, Baan oder MS Navision.

Seit Mai 2002 ist der lens-shop online. Von einem Tag auf den anderen wurde das Telefon leise. Die Kunden nahmen das Angebot sehr schnell an. Ohne Werbemaßnahmen gibt es einen regen Zuwachs an Neukunden über den Vertriebskanal Internet. Zudem konnte im Vertrieb eine ganze Vollzeitkraft eingespart werden.

"Mit unserem Online-Shop bleibt nun mehr Zeit für Kundenberatung und Prozeßoptimierung", erklärt Geschäftsführerin Sigrid Haller. "Wir konnten viele Abläufe automatisieren und freuen uns besonders über die Zukunftssicherheit unseres Shops, denn er bildet die Grundlage für die weitere Automatisierung der Bestell- und Liefervorgänge."

An oberster Stelle steht zurzeit die Auswahl und Anbindung eines Warenwirtschaftssystems, das auch Varianten unterstützt. Dann werden die Bestellvorgänge komplett automatisiert ablaufen. Auch der geografischen Expansion innerhalb der EU steht technisch nichts mehr im Wege, sowenig wie der Erweiterung um andere Erzeugnisse. Der Shop ist so flexibel angelegt, dass praktisch jedes Produkt damit vertrieben werden kann. Andere Währungen und Sprachen wurden bereits während der Programmierung berücksichtigt.

Nachgedacht wird auch über die Integration von Tools zum Auswerten der Bestelldaten, über das hinaus, was bisher das integrierte Crystal Reports bietet. Gezielt können so optimal auf das Kundenverhalten abgestimmte Vertriebs- und Marketingkampagnen initiiert werden.