Naters: Strategische Entwicklung mit dem Gemeinde Cockpit

15. Dezember 2009



Naters im Wallis ist die Gemeinde mit der grössten Höhendifferenz in der Schweiz. Für eine nachhaltige Entwicklung benötigt Naters eine langfristige Strategie und eine vorausschauende Planung. Für die Erarbeitung der Entwicklungsstrategie steht dem Milizgemeinderat nur eine beschränkte Menge an Ressourcen zur Verfügung, die es gezielt einzusetzen gilt. Die vorliegende Fallstudie beschreibt, wie die Gemeinde Naters von der in Zusammenarbeit zwischen der Fachhochschule Westschweiz und der Ruf Informatik AG implementierten strategischen Führungsplattform (Gemeinde Cockpit) profitiert. Das Gemeinde Cockpit unterstützt die strategische Planung und verbessert die Kontrolle der langfristigen Entwicklung.


1. Gemeinde Naters

Naters, die Walliser Gemeinde mit der grössten Höhendifferenz in der Schweiz, zählt rund 8’500 Einwohnerinnen und Einwohner. Für eine nachhaltige Entwicklung benötigt die Gemeinde eine langfristige Strategie und eine vorausschauende Planung.

Die drei Eckpfeiler dazu sind erstens die Wohnqualität, zweitens die Unterstützung des lokalen Gewerbes und drittens die Förderung des Tourismus. Die Wohnattraktivität soll beispielsweise durch die nachhaltige Gestaltung der Raum- und Zonenplanung und der Sicherstellung eines attraktiven kommunalen Angebots (Infrastruktur, Bildung, Sicherheit, Ordnung usw.) erhalten und weiter gesteigert werden. Das lokale Gewerbe und der Tourismus werden gefördert durch die Abstimmung der Tourismuspolitik und der dafür notwendigen Infrastrukturplanung sowie der Steigerung der Attraktivität als Standort für Niederlassungen von lokalen und regionalen Dienstleistungsanbietern. Die Entwicklungsstrategie wird von der Exekutive erarbeitet. Dafür steht dem Milizgemeinderat allerdings nur eine beschränkte Menge an Ressourcen zur Verfügung, die es gezielt einzusetzen gilt.

„Wir sind eine attraktive Wohngemeinde mit einem breiten Bildungs- und Freizeitangebot
– und das wollen wir auch bleiben.“
Alphons Epiney

2. Langfristige Gemeindeentwicklung


Die sieben Gemeinderatsmitglieder von Naters sind für die Entwicklung der Gemeinde verantwortlich. Dabei schafft ein langfristiger Planungshorizont die Grundlage für eine ausgeglichene finanzielle Situation in der Gemeinde. Die Milizbehörde ist nicht nur zuständig für die Ausarbeitung der benötigten Strategie, sondern auch für die daran gekoppelte Erfolgskontrolle. Damit diese Aufgaben erfolgreich gelöst werden können benötigen der Gemeinderat und die Verwaltungsmitarbeitenden einerseits Informationen über die aktuelle Situation in der Gemeinde und andererseits müssen Veränderungen beobachtet und analysiert werden.

„Die vorhandenen Daten müssen zusammengeführt und verständlich aufbereitet werden,
damit sie für die Kontrolle der Entwicklung verwendet werden können.“
Alphons Epiney



Zusätzlich gilt es folgende Herausforderungen zu lösen:

  • Führungsinstrumente: Der Gemeinderat und die -verwaltung benötigen Führungsinstrumente, die sie bei der Strategie- und Entscheidfindung sowie der Erfolgskontrolle unterstützen.
  • Ressourcen: Der Milizbehörde steht nur eine beschränkte Menge an Ressourcen zur Verfügung. Die Ratsmitglieder müssen sich innerhalb der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit umfassend über die wichtigsten Aspekte und Kennzahlen der Gemeindeentwicklung informieren können. Zusätzlich müssen die vorhandenen Informationen so ausgestaltet sein, dass diese auch von Personen verstanden und interpretiert werden können, die sich nur nebenamtlich damit beschäftigen.
  • Informationsaufbereitung: Damit der Gemeinderat und die Verwaltung über die benötigten Informationen verfügen können, müssen die vorhandenen Daten (beispielsweise Finanz- und Einwohnerdaten) zusammengeführt und aufbereitet werden. Der dazu nötige Aufwand soll minimiert werden und die Auswertungen soll möglichst automatisiert erfolgen. Zusätzlich bedarf es einer leicht verständlichen und aussagekräftigen Darstellung der jeweiligen Indikatoren.
  • Datenschutz: Sensible Daten müssen in die Berechnung der relevanten Indikatoren einfliessen, dürfen vom Gemeinderat und von den Mitarbeitenden in der Verwaltung jedoch nicht unverarbeitet eingesehen werden.

3. Kontinuierliche Ãœberwachung dank dem Gemeinde Cockpit

Die vom Gemeinderat und den Kadermitarbeitenden der Verwaltung benötigten Führungsinformationen werden mittels der „Strategischen Führungsplattform für kleine und mittlere Gemeinden“ (Gemeinde Cockpit) bereitgestellt. Entwickelt wurde das Gemeinde Cockpit im Rahmen eines KTI-Projekts(1) . Ziel des Projekts war es, ein umfangreiches Führungsinstrumentarium für kleinere und mittlere Gemeinde zu entwickeln. Praktisch erprobt wird das Gemeinde Cockpit in sieben Pilotgemeinden.

Als Grundlage für die gemeindespezifische Ausarbeitung des Gemeinde Cockpits dient die jeweils verfolgte Strategie der Gemeinde. Naters wurde bei der Entwicklung der Strategie und der Bestimmung der für die Erfolgskontrolle relevanten Indikatoren vom Institut Wirtschaft & Tourismus der Fachhochschule Westschweiz (HES-SO Wallis) unterstützt. Das Gemeinde Cockpit von Naters ist Bestandteil des von der HES-SO entwickelten Management-Modells zur Findung, Kontrolle und Anpassung der verfolgten Strategie (vgl. Abbildung 1).

Abb. 1: Management-Modell (Strategisches/Operatives Controlling) der HES-SO


Abb. 1: Management-Modell (Strategisches/Operatives Controlling) der HES-SO

Die Ruf Informatik AG begleitete die Umsetzung und die Einführung des Gemeinde Cockpits in Naters. Das zur Ruf Gruppe gehörende Informatikunternehmen arbeitet bereits seit mehreren Jahren erfolgreich mit der Gemeinde zusammen. Es kümmerte sich einerseits um die für den Datenimport und -export benötigten Schnittstellen und andererseits um die Verarbeitung der Daten im Gemeinde Cockpit.

Umgesetzt wurde das Gemeinde Cockpit mit Business Intelligence Software von Microsoft (MS). Der MS SQL-Server mit den entsprechenden Integrations-, Analyse- und Reportingservices dient der Sammlung und Bereitstellung der benötigten Daten. Mit dem Performance Point Server lassen sich gewünschte Datenausschnitte aus dem Gesamtdatenbestand aufbereiten und im MS Office Sharepoint Server publizieren. Die im Gemeinde Cockpit verwendeten Daten (Finanz-, Einwohner-, Lohndaten oder Resultate aus getätigten Umfragen) sind in den einzelnen Verwaltungslösungen der Gemeinde abgelegt und werden über standardisierte Schnittstellen in das Gemeinde Cockpit importiert (vgl. Abbildung 2). Zur Messung der Wohnattraktivität werden zum Beispiel folgende Daten herangezogen: der Steuerkoeffizient, die vorhandene Infrastruktur, das Bildungsangebot, die Veränderungen bei der Einwohnerzahl oder die Anzahl der ansässigen, aktiven Vereine.

Abb. 2: Die Architektur des Gemeinde Cockpits


Abb. 2: Die Architektur des Gemeinde Cockpits

Die Präsentation der Informationen im Gemeinde Cockpit orientiert sich an den Strategiebereichen der Gemeinde. Für jeden Bereich werden spezifische Indikatoren mit Soll- und Ist-Werten ausgewiesen. Hierbei ist eine stufenweise Verfeinerung möglich und der gewünschte Detaillierungsgrad kann je nach Bedürfnis gewählt werden.

In der Gemeinde Naters erfüllt das Gemeinde Cockpit folgende Funktionen:

  • Informationsfunktion: Die vorhandenen Daten werden im Gemeinde Cockpit zusammengeführt und zu nützlichen Informationen aufbereitet. Diese stehen allen berechtigten Personen zur Verfügung.
  • Messung der Zielerreichung: Anhand von ausgewählten Indikatoren, kann mit Hilfe des Gemeinde Cockpits die Entwicklung in der Gemeinde verfolgt und das Mass der Zielerreichung kontrolliert werden.
  • Darstellung der Indikatoren: Die gemessenen Indikatoren werden in sogenannten Dashboards (Armaturenbrett) anschaulich und leicht verständlich dargestellt. Zur Anwendung kommen Symbole (grüne, gelbe oder rote Ampeln), die optisch Auskunft über die Zielabweichung geben (vgl. Abbildung 3).
  • Diskussionsplattform: Die im Gemeinde Cockpit integrierte Diskussionsplattform erlaubt den themenspezifischen Austausch unter den Gemeinderatsmitgliedern und der Verwaltung.

 

Abb. 3: Optische Darstellung der Zielerreichung im Gemeinde Cockpit

Abb. 3: Optische Darstellung der Zielerreichung im Gemeinde Cockpit


4. Transparenz der strategischen Indikatoren

Im Rahmen der Einführung des Gemeinde Cockpits beschäftigte sich der Gemeinderat eingehend mit der zu verfolgenden Gemeindestrategie und den zu erreichenden Zielen. Zusätzlich wurden die für die Erfolgskontrolle relevanten Indikatoren bestimmt.

Die Arbeit mit dem Gemeinde Cockpit stiftet in Naters insbesondere folgenden Nutzen:

  • Verbesserte Ãœbersicht: Das Gemeinde Cockpit ermöglicht allen Anspruchsgruppen einen schnellen und einfachen Ãœberblick über die wichtigsten Bereiche der Gemeinde und die Entwicklung der relevanten Indikatoren.
  • Erhöhte Transparenz: Die im Gemeinde Cockpit vorhandenen Informationen sind für alle berechtigten Personen zugänglich. Alle Beteiligten verfügen über den gleichen Informationstand.
  • Einfache Kontrolle: Das Mass der Zielerreichung kann kontrolliert und Abweichungen von der verfolgten Strategie sichtbar gemacht werden. Es wird aufgezeigt, wo gegebenenfalls geeignete Massnahmen ergriffen werden müssen. Der Gemeinderat und die Verwaltung werden durch das Gemeinde Cockpit bei der langfristigen Planung unterstützt.
  • Verbesserte Entscheidfindung: Die im Gemeinde Cockpit aufbereiteten Informationen schaffen eine qualitativ hochstehende Entscheidgrundlage und verbessern dadurch den Entscheidfindungsprozess in der Gemeinde.
  • Stärkung der Zusammenarbeit und der Kommunikation: Der ressortübergreifende Austausch wird durch den Einsatz des Gemeinde Cockpits verbessert. Die aufbereiteten Informationen schaffen zusätzlich die Grundlage für die gezielte Information der Bürgerinnen und Bürger.


Dank dem Gemeinde Cockpit löst der Gemeinderat die an ihn gestellten Aufgaben gekonnt. Die Milizbehörde mit einer beschränkten Menge an Ressourcen kann auf Problemstellung und Strategie abgestimmte Entscheidungs- und Führungsgrundlagen zurückgreifen.

Das Gemeinde Cockpit wird von der Ruf Informatik AG und den KTI-Partnern zu einem standardisierten Produkt weiterentwickelt und 2010 fertig gestellt sein. Damit steht allen interessierten, kleinen und mittleren Gemeinden ein Instrument zur Unterstützung der Strategieentwicklung und Kontrolle zur Verfügung.




(1) Die KTI, die Förderagentur für Innovation des Bundes, fördert den Wissens- und Technologietransfer zwischen Unternehmen und Hochschulen, verbindet Partner aus beiden Bereichen in Projekten angewandter Forschung und Entwicklung und unterstützt den Aufbau von Start-ups.


Betreiber der Lösung

Gemeinde Naters
Alphons Epiney, Gemeindeschreiber
Branche: Öffentliche Verwaltung/Sozialversicherung/Polizei/Armee, Gemeinde
Unternehmensgrösse: KleinunternehmenGemeinde Naters

Lösungspartner

Jürg Kellner, Marketingleiter
Ruf Informatik AG
Adrian Werlen
Haute École Valaisanne

Autoren der Fallstudie

Dominik Guggisberg, Norman Briner
Sieber & Partners

15. Dezember 2009
Nicole Scheidegger; Norman Briner; Dilip Vimalassery; Dominik Guggisberg; Pascal Sieber; Marc André Hahn; Rudolf Meyer; Alfred Bertschinger; Jürg Habermayr; Gerrit Taaks (2009): Die Organisation des E-Business IX. Innovation: Fallstudien über die Bedeutung der Informatik und Telekommunikation zur Steigerung der Innovationskraft von Organisationen. Dr. Pascal Sieber & Partners AG; Bern. ISBN 978-3-7272-1345-8

Zu dieser Fallstudie sind keine Anhänge verfügbar.
2031
gemeindenaters-ruf-hesso
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/2031-gemeindenaters-ruf-hesso
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