Otto Fischer AG: E-Shop im Elektrofachhandel
Die E-Business-Lösung der Otto Fischer AG - ein online Shop - ist eine B2B-Applikation im Elektrofachhandel. Sie demonstriert auf vorbildliche Weise, wie man die "alte" und die "neue Welt" der Informationssysteme (ERP und Website) vollständig integrieren kann. Dem CRM-Primat der Kundenzufriedenheit folgend, bietet sie eine neue Schnittstelle, die den Kunden seine persönliche Präferenz der Kommunikationsbeziehung frei wählen lässt. Hohe Innovationsbereitschaft und die Übernahme der Verantwortung für das Internet-Projekts durch die Geschäftsleitung waren Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung2. E-Business-Vision, E-Business-Geschäftskonzept und Nutzenpotenziale
E-Business-Vision, E-Business-Geschäftskonzept, Internet-Shop, Finanzierung, Transaktionsphasen
3. Design der Geschäftsprozesse und Partnerwahl
Projektdauer, Projektorganisation
4. Architektur und Markteinführung
Einführungskosten, Content-Management, Systemarchitektur, Mitarbeiterqualifizierung, Web-Programmierung
5. Operation und Betrieb der E-Buisness-Lösung
Zugriffe, Ertrag
6. Herausragende Punkte
1. Einleitung
Die E-Business-Lösung der Otto Fischer AG ist auf den Business-Kunden ausgerichtet und thematisch im Bereich Customer Relationship Management eingeordnet (vgl. Abbildung 1.1).
Abbildung 1.1: Einordnung in die E-Business Ãœbersicht
Die folgenden Ausführungen geben Auskunft über die Firma, die Branche und die angebotenen Produkte sowie den eigentlichen Grund für den Internet-Entscheid.
Hintergrund Firma:
Die Otto Fischer AG in Zürich ist der zweitgrösste Elektromaterialgrosshändler in der Schweiz. Das Unternehmen, das rund 250 Mitarbeiter(innen) beschäftigt, feierte 1999 sein 100-jähriges Bestehen. Das Sortiment umfasst 35'000 Lagerartikel, welche in der Regel am folgenden Arbeitstag in der ganzen Schweiz ausgeliefert oder in noch kürzerer Frist zur Abholung in Zürich bereitgestellt werden. Die permanente Optimierung des Kundenservices und der Lieferlogistik ist erklärtes Ziel der Otto Fischer AG. Zu den Kunden zählen der Elektrofachhandel, Installateure und die Industrie. 32 Fahrzeuge der Otto Fischer AG sind in der ganzen Schweiz im Einsatz.
Markt/Branche:
Der Elektrofachhandel ist ein Markt, der über Jahre hinweg stagnierte und durch eine angekurbelte Bauindustrie in der letzten Zeit wieder im Aufschwung ist. Die Branche folgt sowohl einkaufsseitig als auch verkaufsseitig festen Strukturen zwischen den Geschäftspartnern. Auch für diese Branche ist festzustellen, dass Kunden Geschäfte mit innovativen Partner tätigen möchten. Die Otto Fischer AG kommt mit ihrer E-Business-Lösung diesem Wunsch entgegen, was dazu führen könnte, dass sie über die nächsten Jahre einen grösseren Marktanteil erreicht.
Abgrenzung zu anderen E-Business-Lösungen der Branche:
Folgende Lösungen sind ähnlich, jedoch Stand August 2000 nicht so umfangreich wie das Angebot der Otto Fischer AG:
1. Elektromaterial AG (EM) (der grösste Anbieter im Markt)
2. Grossauer Elektro Handels AG (die Nummer vier im Markt)
Produkte:
Von A wie Abzweigdosen bis Z wie Zwischenstecker bietet die Otto Fischer AG 35'000 Markenprodukte ab Lager. Wichtige Produktegruppen sind Leiter, Kabel und Zubehör, Rohre, Kanäle, Dosen, Klemmen, Schaltgeräte und Schalter, Steckkontakte, Sicherungen, Verteiler, Lichtkomponenten, Telefonmaterial, Kommunikationsgeräte, Netzwerkzubehör, Werkzeuge und Messinstrumente. Die Produkte werden an Geschäftskunden und die öffentliche Verwaltung geliefert.
Die Produkte können wie folgt kategorisiert werden:
Abbildung 1.2: Kategorisierung Produktportfolio Otto Fischer AG
Grund für den Internet-Entscheid:
"Hauptziel des E-Commerce-Projektes der Otto Fischer war die Verbesserung des Kundenservices durch attraktivere Bestellmöglichkeiten, erweiterte Bestellzeiten, professionelle Suchfunktionen und dem Angebot zusätzlicher redaktioneller Informationen", sagt Patrick Fischer, Geschäftsführer der Otto Fischer AG. Darüber hinaus sollen Neukunden gewonnen, die Kundenbetreuung entlastet und die Auftragsbearbeitung beschleunigt werden.
Die Otto Fischer AG ist als traditionelles Unternehmen mit einer hundertjährigen Geschichte bestrebt, ihr Innovationsbewusstsein auch nach aussen zu zeigen. Dies soll neben der optimalen Kundenbedienung auch die Mitarbeiter anspornen (als psychologische Komponente) und dem bewusst gepflegten Image der Firma entsprechen. Zudem sieht die Firma es als wichtig an, sich im Markt gut zu plazieren.
2. E-Business-Vision, E-Business-Geschäftskonzept und Nutzenpotenziale
Die folgenden Abschnitte erläutern das Vorgehen der Otto Fischer AG bei der Entwicklung einer kundenorientierten E-Business-Lösung.
E-Business-Vision:
Die E-Business-Vision der Otto Fischer AG war knapp und auf den Punkt gebracht. Man wollte eine "bessere Kommunikation mit dem Kunden" erreichen. Die Idee war, den Kunden denjenigen Bestellkanal wählen zu lassen, der seinen Bedürfnissen in einer bestimmten Situation am besten entgegenkommt. Im Gegensatz zur telefonischen Bestellung, wo es in der Regel sehr rasch vor sich geht und die Interaktion zwischen Menschen mit unterschiedlichen Begriffswelten geprägt ist, unterstützt im Internet ein Computersystem den Kunden, in dem alle Begriffe für alle Zeiten gleich hinterlegt sind, und bei dem man in aller Ruhe suchen und wählen kann. Der Kunde findet dort Produktinformationen, Kompatibilität zwischen verschiedenen Teilen, Ersatzprodukte, die ähnliche Eigenschaften aufweisen, etc. Der Kunde kann sich in Ruhe selbst orientieren und ist nicht den Fragen des Bestellempfängers ausgesetzt, die er evtl. nicht beantworten kann. Zusätzlich ist, nach entsprechender Vorbereitung, eine schnellere Bestellung als per Telefon möglich.
E-Business-Geschäftskonzept:
Die Einführung einer E-Business-Lösung wurde von der Geschäftsleitung beschlossen, und es wurde ein klares Budget vorgegeben. Da in der eigenen Informatikabteilung keine freien Kapazitäten für das Projekt vorhanden waren, entschloss man sich, das Projekt weitgehend fremdzuvergeben.
Die E-Business-Lösung richtet sich ausschliesslich an Geschäftskunden (Business-to-Business). Sie ist ein ergänzender Vertriebskanal, um mittels einer einfachen Bestellmöglichkeit und einer hohen Aktualität eine erhöhte Kundenbindung zu schaffen. Zusätzlich dient die Plattform für alle Kunden, Mitarbeiter und Geschäftspartner als Informations- und Nachschlagequelle. Sie richtet sich daneben motivierend an die eigenen Mitarbeiter, die aufgrund einer zukunftsgerichteten Plattform stolz auf ihr Unternehmen sein können.
Die E-Business-Applikation als Verkaufsplattform ist auf das nationale Geschäft in der Schweiz ausgerichtet. Aufgrund der bestehenden Branchenstrukturen ist eine Ausweitung des Geschäfts nicht angestrebt. Der Einkauf erfolgt hingegen auch international.
Nutzenpotenziale und Finanzierung:
Der Internet-Shop bietet einfache Such- und Bestellmöglichkeiten, aktuelle Informationen und kundenspezifische Daten, die dem Anwender einen markanten Vorteil bieten. Besonders der kundenindividuelle MyShop ist hierbei zu erwähnen. In diesem findet der Kunden ein individuelles Sortiment aufgrund seiner Käufe der letzten Monate. Dies ermöglicht ihm eine rasche Übersicht und Auswahl derjenigen Produkte, die er in der Regel benötigt.
Im Unterschied zur Telefon- bzw. zur Faxbestellung erfolgt eine online Plausibilitätsprüfung der Mengen und Preise, so dass der Kunde sicher sein kann, dass er den für ihn geltenden Preis kalkuliert bekommt und die Ware am Lager vorhanden ist, für ihn sofort reserviert und geliefert werden kann. Zusätzlich kann - bei Lieferung am nächsten Morgen - per Internet eine Stunde länger bestellt werden (bis 18 Uhr). Zudem hat der Anwender jederzeit Zugriff auf seine spezifische Konditionen und kann den Lieferstatus aller seiner Aufträge und weitere individuelle Daten einsehen.
Die Kosten (Finanzierung) der E-Business-Lösung sind von der Otto Fischer AG direkt abgeschrieben worden, was einem internen Sponsoring entspricht. Es wurde beschlossen, die Lösung einzuführen, ohne dass der Anspruch bestand, dass sich die Kosten voll wieder einspielen. Ein zusätzlicher Umsatz über den Kanal Internet wäre wünschenswert, steht aber nicht als Hauptziel im Vordergrund.
Finanzierung der E-Business-Lösung:
- durch Umsatz
- durch interes Sponsoring
Zusätzlich soll sich die Lösung über die nächsten Jahre durch die effizientere Gestaltung interner Prozesse und eine höhere Qualität der Bestellungen teilweise finanzieren.
Ein Ziel der Geschäftsleitung war es, eine professionelle, zukunftsgerichtete Lösung für das eigene Unternehmen anzuschaffen. Die Projektleitung schätzt, dass die Kosten dieser Speziallösung ein Mehrfaches höher sind als die einer einfachen Standardlösung und ca. doppelt so teuer wie eine gute individuelle E-Business-Lösung, die man zum heutigen Zeitpunkt am Markt findet.
Beziehungen zu Geschäftspartnern:
Die Anwendung richtet sich vordergründig an die Kunden der Otto Fischer AG. Das System unterstützt keine Lieferantenbeziehungen und hat auch keine interorganisatorischen Funktionen. Einzige Ausnahme bildet die teilweise Nutzung der neuen Volltextsuche durch die Mitarbeiter der Otto Fischer AG, die im bestehenden ERP-System nur eingeschränkt möglich ist. Ebenfalls genutzt wird der Zugriff auf den MyShop einzelner Kunden, um Erfahrungswerte zu sammeln.
Abbildung 2.1: Beziehungen zu Kunden
Im Phasenmodell unterstützt die E-Business-Applikation alle Transaktionen mit dem Kunden. Für die Anregungsphase steht die Website der Otto Fischer AG mit Informationen über das Unternehmen und seine Leistungen zur Verfügung. Ziel ist es, Vertrauen in das Unternehmen und seine Produkte zu schaffen.
Die Informationsphase wird durch den nach der branchenüblichen Struktur aufgebauten Produktkatalog des Internet-Shops unterstützt. Eine Spezialität stellt hier die Integration des ELDAS-CD-ROM Branchenkatalogs dar, der in die Produktbasis der Otto Fischer AG eingebettet wurde. Hier finden Kunden zusätzliche Informationen zu Produkten wie Gebrauchsanleitungen, Beschreibungen und Bilder. Während des Selektionsvorgangs wird ein Warenkorb angelegt, der am Ende alle Produkte für die Bestellung enthält. Komplementäre Produkte von Drittanbietern können im Bemerkungstext bestellt werden. Diese werden von den Mitarbeitern der Otto Fischer AG dann mit hinzubestellt. Zusätzlich kann der Kunde auf die Historie seiner Transaktionen zugreifen und den Status von Bestellungen überprüfen. In der Vereinbarungsphase können Kunden individuelle Preise und Verfügbarkeiten abfragen. Die Erfüllungsphase unterstützt die Leistungserbringung. Es können Rückstandsbildung abgefragt werden, d.h. dem Kunden wird angezeigt, wenn ein Teil seiner Bestellung nicht verfügbar ist und nachgeliefert werden muss. Die Treuephase wird durch abonnierte Newsletters und Informationen zu Spezialaktionen unterstützt. Dadurch wird der Kunde auch zwischen einzelnen Bestellungen immer wieder aktiv informiert.
3. Design der Geschäftsprozesse und Partnerwahl
Die Projektdauer für die Entwicklung der E-Business-Applikation umfasste drei Monate für Implementierung, Test und Roll-Out. Vorgängig wurden rund vier Monate in eine ausführliche Strategie- und Analysephase investiert.
Design der Geschäftsprozesse:
Der Internet-Shop sollte aus Sicht der Otto Fischer AG nicht ein neues Geschäftsfeld darstellen sondern nur einen neuen Kanal zum Kunden. Man wollte keinen zusätzlichen Kostenaufwand im Tagesgeschäft erfahren. Die Internet-Lösung stellt heute einen neue Schnittstelle dar, die nahtlos in die bestehenden Informationssysteme und die dadurch unterstützten Geschäftsprozesse integriert worden ist. Ein besonderer Zusatznutzen liegt dabei in der Übermittlungsphase. Der 1:1-Zugriff auf seine Bestelldaten wie Verfügbarkeit, Mengen, etc. verbunden mit der bestehenden Logistik gibt dem Kunden die grösstmögliche Sicherheit, dass das Produkt am nächsten Tag auch wirklich am gewünschten Ort ist.
Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Personalisierung der E-Commerce-Applikation, dem sogenannten MyShop, zu. Für den Kunden stellt er eine grosse Vereinfachung dar. Er kann sich sein eigenes Auswahl-Sortiment aufbauen bzw. es wird bereits auf der Basis aller getätigten Käufe - egal über welchen Kanal - automatisch angelegt. Das verkürzt die Auswahlzeit und senkt damit die Suchkosten.
Mit Blick auf die realen Interaktionsprozesse eines Kunden bei einer Bestellung und dessen Wissen über die zu kaufenden Produkte, wurde das klassische Warenkorbparadigma (Produkt suchen, in den Warenkorb legen, erneut suchen etc.) um eine Listen- und eine Offline-Bestellung erweitert. So ist es möglich, eine beliebig grosse Bestellung mit lediglich zwei Serverkontakten sehr rasch und in einer konstanten Zeit auszuführen. Die Anzahl Serverkontakte (Transaktionen) entscheidet massgeblich über die Performance der E-Shops.
Beim Design der Geschäftsprozesse ist besonders zu beachten, dass die "realworld" Prozesse an die E-Business-Prozesse angepasst werden. Für die Otto Fischer AG bedeutet dies die Verfügbarkeit eines eigenen Transportapparats von 32 Fahrzeugen, die Kunden in der gesamten Schweiz beliefern. Dies erfolgt teilweise mit Hilfe von Nachtlieferungen. Man kann bis 18 Uhr über das Internet bestellen und am Morgen kann das Material schweizweit bereits um 7 Uhr am Montageort des Kunden verfügbar sein. Die Logistikleistungen müssen im Einklang stehen mit der elektronischen Plattform. Das führt dazu, dass man mehrere Servicebereiche gemeinsam optimieren muss. Die Leistungen müssen aufeinander abgestimmt werden. Nach Aussage der Geschäftsleitung kann eine Internetplattform nur dann erfolgreich operieren, wenn alle anderen Abteilungen bereits vorher optimiert wurden. Das bedeutet, dass man z.B. bei vorliegenden Problemen mit der Logistik, zunächst diese bereinigen muss bevor man das Internet als zusätzlichen Bestellkanal anbietet.
Das Content Management für die Pflege der Webseiten ist intern angesiedelt. Es gibt Content Owner für die verschiedenen Bereiche, die ihre Inhalte selbst publizieren oder an spezielle Publisher weitergeben. Die Inhalte werden direkt über eine Browser-Schnittstelle ins System eingegeben.
Die Otto Fischer AG hilft ihren Kunden, die Installation an deren PC zu vollziehen (z.B. Internet Explorer installieren) und gibt Einführungen in die Benutzung der E-Business-Applikation. Die internen Mitarbeiter wiederum schulen sich gegenseitig. So gibt der eine Mitarbeiter seine Erfahrungen an den nächsten weiter.
Die Partnerwahl:
Wie bereits erwähnt war die Informatikabteilung der Otto Fischer AG bereits durch das Tagesgeschäft voll ausgelastet. Daher wurde beschlossen, das Internet-Projekt an einen Partner fremd zu vergeben. Auch einige Arbeiten, die nach der Eröffnung durchgeführt werden müssen (z.B. Webmastering oder Kommunikation), werden durch eine der Partnerfirmen erledigt.
Mit der Konzeption und Realisierung wurden die Polynorm Software AG beauftragt. Polynorm ist der Informatik-Partner der Otto Fischer AG, der das Unternehmen bereits mit seinem ERP-System i/2® ausgerüstet hatte. i/2® ist eine integrierte Lösung für Handels-, Industrie- und technische Dienstleistungsunternehmen. Da Polynorm selbst keine Web-Design-Aufgaben realisiert und die Otto Fischer AG keinen entsprechenden Lieferanten hatte, suchte Polynorm einen entsprechenden Partner mit komplementärem Leistungsangebot und schlug diesen der Otto Fischer AG vor. Der gewählte Partner war die namics (zum damaligen Zeitpunkt noch delta Consulting Group, St. Gallen).
So wurde Polynorm als gesamtprojektverantwortliche Unternehmung beauftragt, zusammen mit namics das Projekt zu realisieren. Polynorm übernahm die Konzeption und Entwicklung des E-Shops sowie die umfassende Integration in das ERP-System i/2®. namics realisierte die Gestaltung der Website sowie das Redaktionssystem, das die Mitarbeiter der Otto Fischer AG zur selbständigen Pflege ihrer Webinhalte befähigt.
Die Arbeitsteilung im Projekt zwischen den drei Firmen erfolgte weitgehend nach dem eingangs vorgestellten Schema der Know-how-Bereiche in E-Business-Projekten. Die Mitarbeiter der Otto Fischer AG brachten das nötige Branchen-Know-how ein, die Business-Sicht auf die Applikation. Polynorm steuerte die Informatik-Lösung in Form des ERP und der nötigen Schnittstellen zur Datenbank und zu den darauf laufenden Transaktionen bei. namics schliesslich konzentrierte sich auf das Kundenfrontend, also das Design der E-Business-Lösung, die Marketingaspekte und das Redaktionssystem (vgl. Abbildung 3.1).
4. Architektur und Markteinführung
Die Software-Lösung:
Die beiden Softwarelieferanten arbeiteten bei der Erstellung der Lösung eng zusammen. Polynorm lieferte das zugrundliegende ERP-System i/2®, programmierte den transaktionsorientierten E-Shop, und erstellte die applikatorischen Anpassungen für die Integration. namics war für die Programmierung der Webapplikation und den nicht Shoprelevanten Teil der Website verantwortlich. Die folgenden Abschnitte stellen die beiden Unternehmen und ihre Produkte näher vor.
Polynorm ist eine seit über 15 Jahren tätige Schweizer Informatikunternehmung mit ca. 40 Spezialisten aus den verschiedensten Fachbereichen. Basis ihrer Geschäftstätigkeit ist die vollständig von ihnen entwickelte Standardsoftware i/2®, eine ERP-Lösung, welche die Geschäftsprozesse der Otto Fischer AG informatikseitig unterstützt.
Im Gespräch mit einem der Firmengründer erfuhr die Autorin, dass das Kürzel i/2® intern für "Innovation und Integration" steht - Innovation zur Förderung der Unternehmen, die i/2® einsetzen und Integration deren gesamter Unternehmensinformatik. Das Motto: "Integration statt Isolation" stand auch im Zentrum der Internet-Lösung der Otto Fischer AG. Im Gegensatz zu vielen E-Commerce-Lösungen, die heute isoliert von den bestehenden Informatiksystemen betrieben werden, ist die Lösung der Otto Fischer AG ein vollintegriertes System. Sämtliche geschäftsrelevanten Daten sind nur an einer Stelle gespeichert und werden von allen Endsystemen (i/2®-eigenes-Frontend und Internet-Shop) dynamisch zugegriffen.
Dieses Verfahren hat einen grossen Vorteil: Das Branchen Know-how, das seit 10 Jahren in der i/2®-Lösung implementiert und weiterentwickelt wird, hat eine stabile und bewährte Informatik-Lösung hervorgebracht. Die E-Commerce-Applikation benötigt keine neue Logik sondern dockt integrierend auf das bestehende System auf. Die Applikationslogik wird somit 1:1 wiedergenutzt.
Ein Beispiel einer komplexen Preisabfrage illustriert dies: Wenn sich ein Kunde im Internet-Shop anmeldet, wird sein Kundenprofil direkt aus i/2® geladen. Während des gesamten Produktauswahlprozesses wird direkt auf das aktive Warenwirtschaftssystem zugegriffen. Aus den Komponenten Kundennummer, Artikel, Objektkennung (Sonderkonditionen auf die Lieferadresse) und Menge wird für den Kunden sein individueller Preis errechnet. Dieser Prozess wurde nicht noch einmal programmiert, sondern es erfolgt ein Aufruf des Moduls "Preisfindung" in i/2®. Wenn an diesem Modul Änderungen vorgenommen werden, dann erfolgt dies nur an einer einzigen Stelle.
Den Kunden steht das gesamte Produktsortiment zum Bestellen zur Verfügung. Dabei wurde das ERP-System i/2® von Polynorm vollständig und online integriert; zu keinem Zeitpunkt werden Daten repliziert oder redundant gehalten. Somit werden im Bestellvorgang die Warenverfügbarkeit, individuelle Kunden- sowie Objektkonditionen, diverse Produktbesonderheiten und aktuelle Aktionen dynamisch berücksichtigt.
Nur durch diese vollständige Integration wird auch der bereits erläuterte, kundenindividuelle MyShop möglich. Die Produkteinkäufe der letzten Monate stehen dem Kunden in der gleichen Sortimentstruktur wie im grossen Katalog zur Verfügung. Es handelt sich um eine perfekte Integration zwischen dem alten und dem neuen System (Telefon/Fax und Internet-Bestellung).
Die zentralen Elemente des Shops sind die folgenden.
- Suchhilfen: Zusätzlich zur Volltextsuche mit mehreren Kriterien und logischen Verknüpfungen, der Suche nach Artikel- oder Lieferantenartikelnummern steht ein thematisch gegliederter Katalog zu Verfügung.
- Offline Bestellung: Die Funktion der Offline-Bestellung ermöglicht es Daten aus dem Warenkorb der ELDAS-CD-ROM, aus einer Excel-Tabelle, aus einem Bestätigungs-E-Mail oder einer anderen elektronischen Quelle direkt in eine Bestellung umzuwandeln.
- MyShop - kundenindividuelle Kataloge: Der Kunde kann im Gesamtsortiment suchen und hat Zugriff auf sein individuelles Sortiment, auf Basis der in den letzen beiden Jahren durch ihn bestellten Artikel.
- Artikelinformationen: Zu jedem der Artikel stehen ausführliche Detailinformationen wie Abbildungen, Gefahrenhinweise, Installationsanleitungen, Stücklistenauflösungen oder Warengruppenklassierungen zur Verfügung.
- Auftragsstatus: Der Kunde der Otto Fischer AG hat über Internet den Zugriff auf den aktuellen Auftragsstatus seiner Bestellungen und Offerten bis auf Artikelebene, unabhängig davon, ob diese per Fax, Telefon oder über Internet erteilt wurden.
Ähnlich verhält es sich bei dem neusten Angebot der Polynorm, der grafischen Benutzeroberfläche (GUI), die auf dieselben Daten zugreift wie die zeichenorientierte Oberfläche (CUI). Beide setzen auf derselben Datenstruktur auf.
Der i/2-Client ist wesentlich komplexer als das Webfrontend für den Kunden. Im Web hat man im wesentlichen zwei Bildschirme für eine Bestellung, in i/2® sind es rund 25 verschiedene Bildschirme. Der Sachbearbeiter kann dort bei Bedarf noch eine Menge zusätzliche Angaben erfassen.
Das ERP-System i/2® basiert auf der relationalen Datenbank von Progress Software (www.progress.com), einer leistungsstarken, in der Schweiz aber wenig bekannten, Datenbank. Progress ist auch Hersteller für die auf Progress aufbauende Entwicklungsumgebung, eine 4GL-Sprache, mit eigener Entwicklungsumgebung für GUIs, mit denen man direkt auf die Progress-Datenbank zugreifen kann. Progress liefert mit Webspeed seit rund 3 Jahren zusätzlich eine Middleware mit Spracherweiterungen für das Web.
i/2® ist eine Lösung, die auch für kleine Unternehmen geeignet ist. Das System kostet für ein Unternehmen mit 20-30 Mitarbeiter ca. 40'000.- CHF an SW-Lizenzen, 1'000.- CHF für Progress/User plus ca. 1.5 mal die Lizenzkosten an Einführungskosten. Insgesamt kommt man damit auf Kosten von ca. 100'000.- CHF.
Andere Internet-Sites, die von Polynorm mit WebSpeed entwickelt wurden und vollständig mit dem ERP-System i/2® integriert sind.
Das Kundenfrontend von namics:
namics ist mit 160 Mitarbeitern die grösste E-Business-Agentur in der Schweiz. Das Unternehmen entstand im Frühjahr 2000 durch einen Zusammenschluss der delta Consulting Group und der MMD Multimedia Development SA. Durch die Verbindung von Beratung, Technologie und Interactive Marketing/Design bietet die Firma ganzheitliche und individuelle Lösungen, die aus den interdisziplinären Projektteams von Unternehmensberatern, Marketingspezialisten, Informatikern und Gestaltern entstehen.
Die realisierte Website ist eine moderne Plattform mit einem grossen Leistungsumfang. Die redaktionellen Inhalte werden mit dem von namics entwickelten Redaktionssystem publiziert und gepflegt.
Die zentralen Elemente des Redaktionssystems sind die folgenden.
- Gestaltung und Navigation: Das Design orientiert sich am Firmenimage und gewährleistet die Identifikation der Otto Fischer AG auf den ersten Blick. Da der Kunde bei über drei Viertel aller Aufträge die Artikelnummern kennt, wird im Shop mit einem formularbasierten Bestellvorgang gearbeitet, der die Anzahl Serverkontakte auf ein Minimum beschränkt und den Bestellvorgang damit massiv.
- Content-Management: Während die Artikel- und Kundendaten ausschliesslich im Warenwirtschaftssystem i/2 gepflegt werden, entschied sich die Otto Fischer AG, die redaktionellen Inhalte in einem von namics entwickelten Redaktionssystems zu pflegen. Der gesamte Content kann im Browser erfasst, geändert, gelöscht und archiviert werden, ohne das die Benutzer HTML-Kenntnisse benötigen. Zudem wird die Sitestruktur komfortabel im Redaktionssystem administriert.
Auf dem Webserver läuft IIS 4 als http-Server, MS SQL 7 DBMS für die redaktionellen Inhalte und ein Progress DBMS Ver. 9 für die Mediendatenbank. Zudem werden Teile des Microsoft Site Servers 3.0 verwendet, COM-Komponenten, Microsofts MTS sowie Progress Webspeed Ver. 9 als Middleware.
Abbildung 4.1 zeigt die eingesetzte Software der verschiedenen Systeme:
Abbildung 4.1: Eingesetzte Software
Um den Online-Shop benutzen zu können, braucht der Kunde einen Benutzernamen und ein Passwort. Da die Marge über die Preiskalkulation sichtbar wird, ist es wichtig, dass keine Unbefugten in Besitz der Login-Informationen kommen. Die Passwortverteilung erfolgt, indem sich der Kunde eine PDF-Datei vom Web herunterlädt, unterschreibt und das Dokument faxt. Damit soll sichergestellt werden, dass auch beim Kunden nur berechtigte Personen auf den Online-Shop zugreifen können.
Die technische Plattform:
Die Internetanwendung läuft auf einem Webserver mit Windows NT 4 in einem über das Internet erreichbaren und durch eine Firewall geschützten Netzwerk in den Räumlichkeiten der Otto Fischer AG. Der Webserver hat eine performante Verbindung zum ERP-System i/2®, welches auf einem IBM System RS/6000 unter AIX 4.3 betrieben wird. Ein zweiter, identisch konfigurierter Webserver steht als Staging-System und als Backup zur Verfügung. Die gesamte Datenhaltung findet auf einem durch SCSI angeschlossenen, redundanten Festplattenarray von Hitachi statt.
Daraus ergibt sich für die Otto Fischer AG die folgende Systemarchitektur:
Abbildung 4.2: System-Architektur der Otto Fischer AG
Für die Fernwartung des Systems haben sowohl Polynorm als auch namics VPN-Verbindungen zur Otto Fischer AG. namics macht das Webhosting und überwacht die Anwendung und deren Komponenten übers Internet. Zusätzlich macht sie http-Auswertungen.
Für die internen Netzwerkverbindungen zwischen den Rechnern wird 100 MBit Ethernet in einem vollständig "geswitchen" Umfeld verwendet. Zur Wartung der Systeme beispielsweise für Remote Access oder Backup werden zusätzliche, bei Otto Fischer intern übliche SW-Produkte eingesetzt.
Sowohl die Netzwerke als auch die wichtigen Anwendungen werden im Rahmen des Webmasterings sowohl intern wie auch über Internet dauernd von aussen überwacht. Je nach Resultat erfolgt automatisch eine kaskadierte Alarmierung.
Abbildung 4.3 zeigt die Datenschnittstellen des Gesamtsystems. Die Elektomaterialgrossisten der Schweiz sind alle einem gemeinsamen Verband namens ELDAS (früher EDS) angehörig. ELDAS vergibt schweizweite Produktnummer, die 9-stellige, sogenannte E-Nummer. Neue Artikelnummern müssen zunächst bei der ELDAS beantragt werden. Die Masterdaten der ELDAS liegen in einer Access-Datenbank und werden zyklisch in Form einer CD-ROM geliefert. Ohne die zusätzliche Integration dieser ELDAS-Datenbank wäre der Produktkatalog nicht so umfangreich, da dort verschiedene Sprachen, Bilder, Anleitungen, etc. hinterlegt sind. Wie in Abbildung 4?4 angedeutet, ist das Update der ELDAS-Datenbank und deren Kopie in eine lokale Progress-Datenbank ein manueller Prozess über verschiedene Zwischenstationen. Es ist vorgesehen, dass beim nächsten Update der ELDAS-Daten, diese in eine Progress-Datenbank übertragen werden, worauf der Zugriff vom Shop ausschliesslich auf die Progress-Datenbank von i/2® und die daran angebundene Progress-DB mit den ELDAS-Daten erfolgt.
Abbildung 4.3: Datenkommunikation
Mitarbeiterqualifizierung:
Ein wesentlicher Faktor war die Wirkung der E-Business-Lösung auf die Mitarbeiter. Die Lösung gibt der Unternehmung eine moderne Ausrichtung und zieht auch neue Mitarbeiter und Auszubildende an. Es wurden mehr Mitarbeiter geschult als wirklich nötig gewesen wäre, damit sie gut informiert sind und wissen, was ihre Applikation dem Kunden bietet. Auf jedem internen PC ist ein Webbrowser installiert, auf dem die Mitarbeiter mit ihren eigenen Logins zugreifen können - auch diejenigen, die in das Projekt nicht direkt involviert waren.
Es gab verschiedene Schulungstypen:
- Für alle Mitarbeiter (1.5 Stunden)
- Mitarbeiter mit potentiellem Kundenkontakt und tatsächliche Bestellempfänger
- Mitarbeiter an der Hotline als Highlevel User, die intern First-Level-Support machen können
- der Aussendienst, der die Kunden unterstützt und schult
- Content Manager, die selbst Daten in das Redaktionssystem eingeben
Die Content Manager, die die Webseiten der Otto Fischer AG pflegen, werden intern ausgebildet. Auch der Kundendienst, der beim Anwender den Zugang zur E-Business-Applikation installiert und die Kunden in der Anwendung schult, sind eigene Mitarbeiter, die ihr Wissen intern weitergeben.
Zudem wurde die gesamte externe Kundenkommunikation, das personalisierte Mailing mit Benutzername und Passwort, die Gebrauchsanweisung oder die Flyers vorab intern an sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilt. So haben alle Angestellten der Otto Fischer AG ihr persönliches Account für die Internet-Lösung.
Web-Programmierung und Markteinführung:
Der Launch war durch die alle zwei Jahre stattfindende Branchenmesse "Ineltec" auf den 2. August 1999 festgelegt und wurde von allen Beteiligten eingehalten. Als Kick-off wurde im Februar 1999 durch Polynorm und namics ein eintägiger Workshop mit der Zielsetzung der Strategieentwicklung, der internen Bewusstseinsbildung und der Definition des Projektumfangs durchgeführt. Teilnehmer dabei waren alle internen Anspruchsgruppen des Projektes. Der Workshopbericht war dann auch Grundlage für die Offerte des Gesamtsystems und somit für den eigentlichen Projektstart.
Ab dem 1. April 1999 wurde im Rahmen von verschiedenen Gruppen, in zu Projektstart fest definierten, wöchentlichen Projektstandsitzungen, die folgenden Detailkonzepte erarbeitet: Gestaltung, Inhalt, Bestellsystem, Kommunikation und Navigation. Die Gesamtdauer bis zur Abnahme der Konzepte dauerte rund zweieinhalb Monate.
Die eigentliche Programmierung und Codierung der Anwendung dauerte sechs Wochen. Parallel dazu fand zudem die Parametrierung des ERP-Systems i/2® statt. Danach erfolgten zwei intensive Test-Wochen und ein Soft-Launch für einen Testmarkt von hundert ausgewählten Kunden während zwei Wochen. Dabei konzentrierte man sich vor allem auf die Prozesse innerhalb der Otto Fischer AG, auf die Hotline und auf noch nötige Schulungsmassnahmen.
Für den Launch und im Rahmen von gezielten Nachfassaktionen wurden verschiedenste Kommunikationsmassnahmen online und offline realisiert. Es wurden persönliche Briefe mit Benutzernamen/Passwort und einer Gebrauchsanweisung an alle aktiven Kunden versendet. Daneben gab es Pressemitteilungen, Flyers als Beilage zu allen Aufträgen, fortlaufende Ankündigungen der Website, Prospekte, eine Wettbewerb unter dem Motto "Wir schenken Ihnen Zeit" sowie Insertionen in Fachzeitschriften. Zudem wurde das gesamte Briefpapier sowie diverse Beschriftungen per Launch angepasst.
Die heute aufgeschaltete Website wurde per Anfang 2000 im Rahmen einer Phase teilweise erweitert. Dies sind namentlich die Funktion MyShop, der Newsletter, eine Shop-Demo in Flash und eine neues Homepage-Design.
5. Operation und Betrieb der E-Buisness-Lösung
Nach der Einführung einer E-Business-Applikation ist es wichtig, herauszufinden, ob diese beim Kunden ankommt und ob sie sich finanziell trägt. Die beiden folgenden Abschnitte gehen auf die Anzahl der Zugriffe sowie Finanzierungsaspekte ein.
Zugriffe:
Die Otto Fischer AG erzielte bereits drei Monate nach Einführung der E-Commerce-Lösung täglich über hundert Bestellungen über das Internet. Die Kundenresonanz ist ausschliesslich positiv und manifestiert sich in zahlreichen Internetstammkunden. Besonders geschätzt wird der einfache Bestellablauf und die Möglichkeit, auch abends und früh morgens bestellen zu können. Darüber hinaus ist die Kundenbetreuung spürbar von Routinearbeiten entlastet. Nach einem halben Jahr war die Bestellmenge bereits auf 250 Bestellungen täglich angestiegen.
Finanzierung/Ertrag:
Die Otto Fischer AG möchte mit der Internet-Applikation ihren Kunden einen grösstmöglichen Bestellkomfort bieten. Dabei ist es sekundär, ob sich die Lösung selbst finanziell trägt. Trotzdem gibt es einige Faktoren, die auch für das Unternehmen selbst von Nutzen sind. Einige davon sind gesichert, andere basieren eher auf Vermutungen.
- Die Bestellungen über das Internet sind in der Regel sehr sorgfältig und weisen eine niedrige Fehlerquote auf. Eine Fehlbestellung kostet die Otto Fischer AG 2-4 Stunden Nachbearbeitungszeit.
- Die Firma verzeichnet eine erfreuliche Entwicklung der Anzahl der Bestellungen, die über Internet eintreffen.
- 80% aller Bestellungen können direkt automatisch ohne Nachbearbeitung in das System übernommen werden.
- Vermutung: Grössere Kundenzufriedenheit aufgrund von einfacher, schneller Bestellmöglichkeiten
- Lastwagen sind mit der Internet-Adresse angeschrieben. Es besteht die Hoffnung, dass auch Neukunden durch das Angebot geworben werden können.
6. Herausragende Punkte
Die Otto Fischer AG hatte den Eindruck, dass sowohl bei Polynorm als auch bei namics professionelle Partner zur Verfügung standen, die nicht nur ihre Vision der Lösung gesehen haben, sondern ein Gefühl entwickelten für die Bedürfnisse ihres Kunden. Das hat ein besonderes Vertrauensverhältnis hervorgerufen. Das Aussergewöhnliche an der Lösung war die enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Anbieterfirmen. Dabei gewährten sich die Partner gegenseitigen Einblick in ihre Datenmodelle und -strukturen.
Entscheidende Veränderungen:
Die Otto Fischer AG ist eine traditionelle Unternehmung mit einer hierarchischen Führungsstruktur, die durch ihr innovatives Internet-Projekt sowohl ihre internen Strukturen modernisieren konnte als auch ihren Kunden eine zukunftsgerichtete Schnittstelle anbieten konnte. Die E-Business-Applikation ist das Kind aller Personen, die an diesem Projekt mitgearbeitet haben. Das motiviert alle Beteiligten und führt dazu, dass sie sich mehr mit der Firma Otto Fischer AG als "einer modernen Unternehmung" identifizieren. Dies ist, laut Aussage der Geschäftsleitung, der grösste Nutzen des Projekts gewesen.
Als konkrete Veränderungen haben sich ergeben:
- Bestellungen werden nach Plausibilitätsregeln geprüft und können bei positivem Resultat direkt in das System übernommen werden (80% der Aufträge).
- Es wird vermutet, dass weniger Nachbearbeitungen nötig sind da die Bestellungen "korrekter" sind. Dies ist bisher noch nicht genau bestätigt.
- Lehrlinge bewerben sich aufgrund des neuen Image ("bei einem modernen Unternehmen arbeiten").
Generelle Auswirkungen:
Die E-Business-Lösung der Otto Fischer AG ist ein proaktiver Ansatz. Die Lösung gilt im Markt als E-Business-Innovation. Es gibt keine direkten Vorbilder oder Lösungen mit gleichen oder ähnlichen Integrationsgrad. Ein Nebeneffekt des Internetgeschäfts ist es, dass E-Mail seit der Einführung der Lösung vermehrt intern und mit Kunden benutzt wird. Die Qualität der Internetbestellungen ist so hoch, dass ein erfreulich hoher Prozentsatz keine Nachbearbeitung mehr benötigen und sofort ins System übernommen werden können. Die Fehleranfälligkeit ist weitgehend aufgehoben worden. Die Otto Fischer AG macht hier ein grosses Kompliment an ihre Kunden, die die Applikation sachverständig und mit hoher Professionalität einsetzen.
Lessons Learned:
Das Internet-Projektteam der Otto Fischer AG setzt sich aus Mitgliedern der Geschäftsleitung zusammen. Das E-Business-Projekt war ein strategisches Projekt mit einer klaren Ausrichtung und war damit "Führungssache". Das führte dazu, dass die nötige Entscheidungsbefugnis für alle Projektphasen gesichert war. Rückblickend zieht man die Erkenntnis, dass sowohl Vertrauen als auch Innovationswillen erforderlich waren. Beides sind Faktoren, die von der Konkurrenz nicht einfach imitiert werden können. Eine saubere Budgetplanung und ständige Machbarkeitsanalysen bildeten die Grundlage für das Gelingen des Projekts. Die Lösung ist auf den Kunden ausgerichtet. Es wurde nicht ein Optimum an Informatikeinsatz angestrebt, sondern eine bestmögliche Abdeckung der Bedürfnisse der Kunden.
Die Projektleitung war mit der Person von Herrn Neidhardt in der Hand von jemanden, der das Geschäft zu hundert Prozent kennt. Dies ermöglichte eine Konzentration auf den angenommen Kundenwunsch, der bestmöglich zu antizipieren versucht wurde.
An der InternetExpo 2000 wurde von namics bereits ein Prototyp einer WAP-Lösung für den Internet-Shop von Otto Fischer AG präsentiert. Die Otto Fischer AG hat beschlossen, WAP zur Zeit (noch) nicht produktiv anzubieten, da die Technologie ihrer Meinung nach noch nicht reif ist. Es zeigt jedoch, dass sie sich darüber bewusst ist, dass ständig weiter in das E-Business-Geschäft investiert werden muss, um führend zu bleiben.
Weitere Lessons Learned kann man in den folgenden Punkten zusammenfassen:
- Die volle Ausrichtung auf die antizipierten Bedürfnisse des Kunden bewährt sich
- Die Integration in die Unternehmensstrategie und insbesondere in die Vertriebsstrategie ist entscheidend
- Effizientes Projektmanagement zwischen den verschiedenen Partnern (Otto Fischer, Polynorm, namics) ist ein Schlüsselfaktor
- ·Design/ Redesign der Geschäftsprozesse ist unabdingbar
- ·maximaler Integrationsgrad zur Prozessoptimierung und Ressourcen-Schonung
- Einsatz und Kombination der idealen Technologien muss angestrebt werden
- Die Problematik der internen Redaktionsprozesse (wie publiziere ich auf dem neuen Medium) muss angegangen werden.
Spezialitäten:
Die folgenden Punkte sind einzigartig für das E-Business-Projekt der Otto Fischer AG und haben wesentlich zu dessen Gelingen beigetragen bzw. sind wesentliche Bestandteile der Funktionalität der Lösung:
- MyShop: Vollständige Integration der "alten" und "neuen" Welt. Neukunden im Internet haben bereits einen individualisierten Shop auf der Grundlage ihrer per Telefon oder Fax getätigten Käufe. Die Produkteinkäufe der letzten Monate werden in der gleichen Sortimentstruktur wie der grosse Katalog angezeigt.
- Online-Zugriff auf das ERP-System i/2®: Der Kunden hat die Sicherheit, dass die Ware wirklich verfügbar ist, die richtige Menge bestellt ist und zum zugesicherten Preis geliefert wird - "Ich habe richtig bestellt"
- Integration der ELDAS-CD-ROM, Branchenkatalog mit Informationen zu Produkten (Texte und Bilder)
- Starkes Vertrauen zwischen den Partnern. Es wurden Informationen offen gelegt, die das eigentliche Kerngeschäft angehen.
- Vollständige Integration des ERP-System i/2® und Zugriff auf dieselben Daten von allen Frontends aus.