Wetrok AG: Mobile Servicelösung für den Technischen Kundendienst

25. August 2005



Die Wetrok AG gehört zu den führenden Anbietern von professionellen Reinigungssystemen. Die Firma wurde 1948 in der Schweiz als eine der ersten Spezialfirmen für Reinigungstechnik gegründet und macht heute mit über 300 Mitarbeitenden in 35 Ländern gegen 100 Mio. CHF Umsatz. Neben spezialisierten Reinigungsmaschinen zeichnet sich die Firma durch einen erstklassigen Kundenservice aus.

Diese Fallstudie beschreibt die Einführung einer mobilen Servicelösung für den technischen Kundendienst von Wetrok. Im Zentrum steht die Vorstellung der Lösung und ihrer Auswirkungen bei den Servicetechnikern sowie die Informatikintegration auf Basis von Komponenten aus der SAP-Produktfamilie.


1. Das Unternehmen

Einleitend stellt dieses Kapitel das Unternehmen vor, mit Schwerpunkt auf dem Umfeld, in dem die eingeführte E-Business-Lösung betrieben wird.


Hintergrund

Der Name Wetrok steht seit über 50 Jahren für Sauberkeit, Hygiene und Schweizer Qualität. Die Firma Müller-Brütsch & Co verkaufte Reinigungsgeräte für den privaten und professionellen Gebrauch unter dem Markennamen Wetrok (ursprünglich Servo). 1955 wurde sie durch die heutige Diethelm Keller Holding mit Sitz in Zürich übernommen.

Die Wetrok AG wurde im Jahr 2000 gegründet und ist eine unabhängige, hundertprozentige Tochtergesellschaft der Diethelm Keller Gruppe. Dort gehört Wetrok zum Unternehmensbereich Diethelm Keller Management & Investment (DKMI), dem weitere Marken wie Koenig, Turmix und Zyliss angehören. Wetrok, mit Hauptsitz in Kloten, ist heute ein weltweit tätiges Unternehmen mit Tochtergesellschaften in Deutschland und England. Sie ist die umsatzstärkste Firma der DKMI. In der Schweiz sind etwa 270 Mitarbeitende beschäftigt.


Branche, Produkt und Zielgruppe

Wetrok ist einer der wenigen internationalen Systemanbieter, der Komplettangebote für die professionelle Reinigung entwickelt, produziert und verkauft. Im Konkurrenzvergleich gilt Wetrok als Mercedes der Reinigungsmaschinen und ist Marktführer für Scheuersaugmaschinen.

Neben einem umfassenden Sortiment an spezialisierten Maschinen bietet Wetrok abgestimmte Reinigungsmittel und Ausbildung für Reinigungspersonal an. Als ganzheitlicher Lösungsanbieter für Reinigung ist im Weiteren die Serviceabteilung mit rund 30 Mitarbeitenden von Bedeutung. Wetrok-Kunden steht eine 7x24-Stunden-Hotline zur Verfügung, ergänzt durch ein Team von 22 Servicetechnikern, das schweizweit für Wartungs- und Reparaturarbeiten im Einsatz ist.

Die grössten Umsätze macht Wetrok mit den drei führenden Schweizer Reinigungsfirmen, die vorwiegend die Reinigung von Filialen führender Detailhandelsketten übernehmen. Weitere Wetrok Kunden sind zahlreiche Klein- und Mittelunternehmen, die Automobilindustrien, internationale Flughäfen und die Betreiber öffentlicher Bauten. Auch Spitäler und Hotels gehören zur Zielgruppe, denn zu ihren speziellen Reinigungsvorschriften gehören hoch stehende Reinigungskonzepte.


Unternehmensvision

Die Unternehmensvision formuliert das Ziel, dass sich Wetrok zum führenden Systemanbieter in ausgewählten Märkten und Kundensegmenten in der professionellen Reinigung entwickeln will. Dies soll durch hochwertige Produkte und Dienstleistungen, überlegenen Kundenservice und kostenoptimierende Methoden erreicht werden. Die Mitarbeitenden werden als Schlüssel zum Erfolg bezeichnet.


2. Der Auslöser des Projekts

E-Business im technischen Kundendienst ist eine Antwort auf die Komplexität der Informationsvielfalt und die damit verbundenen Effizienzprobleme. Ein Kundenbeispiel soll dies verdeutlichen: Vebego Services AG ist ein führendes Reinigungsunternehmen in der Schweiz. Zu ihren Kunden gehört das Detailhandelsunternehmen COOP, in dessen Auftrag Vebego zahlreiche Filialen reinigt. Wetrok versorgt Vebego mit Reinigungsmaschinen und den damit vereinbarten Serviceleistungen. Folgende Adressen müssen in dieser Konstellation verwaltet werden: die Kontaktadresse für den Servicetechniker (Vebego Mitarbeitender für COOP Filiale X), die Standortadresse der Maschine (COOP Filiale X) und die Rechnungsadresse (Vebego Services AG). Für eine schnelle Serviceplanung mit Terminvereinbarung, Anfahrt und Abrechnung ist eine zentrale Datenspeicherung mit einem orts- und zeitunabhängigen Datenzugriff für die Servicetechniker erforderlich.


Stellenwert von E-Business in der Unternehmensstrategie

Die grosse Herausforderung für Wetrok ist die Gewährleistung eines 7x24-Stunden Kundenservice in der ganzen Schweiz. Dazu gehört die Verfügbarkeit der Servicetechniker und des gegebenenfalls erforderlichen Materials binnen 24 Stunden. Zu den Erfolgsfaktoren gehören Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Fachwissen.

Telematik im technischen Kundendienst ist die strategische Antwort des seit 2001 tätigen Leiters Service Schweiz. Folgende drei Elemente werden damit verbunden:

  • Zentrale Ortung der Fahrzeugposition durch Positionsbestimmung per Satellit (GPS) und Registrierung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende.
  • Navigation der Servicetechniker dank Programmierung der Zieladressen im Navigationssystem (GPS) und Instruktionen über Ton und Bild.
  • Mobile Computing (offline/online/GPRS) für den Servicetechniker, damit jederzeit Zugriff auf relevante Informationen wie Kunden- und Maschinendaten sowie die Kommunikation mit der Zentrale gewährt ist.


Ziel war die Einführung einer wirtschaftlichen Lösung, die zur Optimierung der Erfolgsfaktoren verhilft und administrative Aufgaben reduziert. In dieser Fallstudie steht der Teil Mobile Computing und dessen Umsetzung im Fokus.


Wechsel des ERP-Systems

Wetrok arbeitete mehr als 15 Jahre mit der ERP-Lösung J.D.Edwards. Verwendet wurden nur wenige Module, ein Releasewechsel wurde nie durchgeführt. Mit der gewählten Telematik-Strategie wurde eine Ablösung des bestehenden ERP-Systems erforderlich. Eine Evaluation bei J.D.Edwards ergab, dass diese noch keine Lösung für die Unterstützung von Servicetechnikern durch Mobile Computing hatten. Zudem wurde zum damaligen Zeitpunkt über eine Übernahme von J.D.Edwards durch Peoplesoft spekuliert, was weitere Verunsicherung mit sich brachte.

Aus der weiteren Evaluation ging SAP als Sieger hervor. Das präsentierte Lösungskonzept, basierend auf einer Kombination von mySAP CRM und SAP R/3, überzeugte Wetrok. SAP konnte die Integrationsmöglichkeiten genau aufzeigen. Eine Demonstration bei einem Referenzkunden im Raum Wien bestätigte die Tauglichkeit der Lösung. Auch die Konzernleitung befürwortete diese Wahl, insbesondere weil SAP in der Diethelm Keller Gruppe bereits weitgehend im Einsatz ist.


Partner

Zwei Partner haben massgeblich zur Planung und Implementierung der Lösung beigetragen:

Die SAP AG ist der drittgrösste unabhängige Softwarelieferant der Welt und entwickelt seit über drei Jahrzehnten Unternehmenslösungen für Kunden rund um den Globus. Seit 1999 besteht die Produktlinie mySAP, die E-Commerce-Lösungen mit bestehenden ERP-Anwendungen auf Basis von Webtechnologien verbindet. Die vorgestellte Lösung mySAP Customer Relationship Management (CRM) gehört in die Familie mySAP Business Suite und versorgt Unternehmen mit Marketing-, Vertriebs- und Serviceprozessen über alle Kontaktkanäle. Bestehender Informatikpartner von Wetrok ist SAP (Schweiz) AG in Regensdorf.

Das Software- und Beratungshaus IDS Scheer AG entwickelt Unternehmenslösungen für Geschäftsprozessmanagement. Mit SAP besteht eine strategische Kooperation. Bei Wetrok war IDS Scheer für die Lösungseinführung des ERP-Systems SAP R/3 verantwortlich, an den mySAP CRM angebunden ist.


3. Mobile Servicelösung für den Technischen Kundendienst

Im Zentrum dieser Fallstudie stehen die Servicetechniker von Wetrok, die seit April 2005 mit der mobilen Servicelösung ausgestattet werden. Im Folgenden werden aus drei Sichten die Aufgaben der Servicetechniker beschrieben. Dabei wird aufgezeigt, inwieweit die neue Lösung diese unterstützt und die Resultate verbessert.


Geschäftssicht

Wetrok bietet seinen Kunden für einen reibungslosen Einsatz ihrer Reinigungssysteme drei Serviceleistungen an. Abbildung 1 zeigt sie in einer Prozessübersicht.

Abbildung 1: Prozessübersicht der Serviceleistungen bei Wetrok


Abbildung 1: Prozessübersicht der Serviceleistungen bei Wetrok

Werden Ersatzteile benötigt, besteht die Möglichkeit, diese über eine Gratisnummer zu bestellen. Bestehen Fragen rund um Wetrok-Produkte, steht ein First Level Support zur Verfügung. Hier handelt es sich um eine gebührenpflichtige (1.50 CHF pro Minute) Hotline, die Soforthilfe in drei Sprachen bietet. Benötigt ein Wetrok Kunde Hilfe zur Reparatur seiner Maschine, kann über eine Servicenummer der so genannte Second Level Support angefordert werden. Innert vereinbarter Zeit prüft ein Wetrok Servicetechniker vor Ort das Problem.

Die Wetrok Serviceadministration beschäftigt sechs Mitarbeitende. Im Call Center werden Reparaturaufträge entgegengenommen und im System erfasst. Der Einsatzleiter nimmt dann die Grobplanung der Servicetechniker vor, prüft die Verfügbarkeit des für die Reparatur notwendigen Materials des mobilen Servicetechnikers und erteilt die Freigabe des Auftrages im System.

Ist eine Materialbestellung notwendig, geht diese an die Wetrok Ersatzteilverwaltung (Materialmanagement). Hier findet die Kommissionierung statt. Für die Zustellung des Materials an die Servicetechniker hat Wetrok den Service Nachtexpress der Swiss Post Net AG gewählt. Für 19 CHF (Stand Mitte 2005) pro Sendung wird somit das Material über Nacht direkt in die Servicefahrzeuge gestellt, von denen die Post passende Schlüssel hält.

Die Aufgaben des Servicetechnikers laufen in der Regel wie folgt ab: Abends zu Hause ordnet er die über Internet empfangenen Aufträge und stellt sich eine optimale Route für die Serviceeinsätze des Folgetages zusammen. Er vereinbart telefonisch mit dem Kunden den genauen Ausführungstermin und stellt für die anstehende Reparatur relevante Fragen zu möglichen Ursachen. Material, das er nicht an Lager in seinem Servicefahrzeug führt, liefert ihm Swiss Post Net an seinen Wohnort. Am Folgeabend erfolgt wiederum ein Datenaustausch mit Wetrok. Dabei werden die Rückmeldungen an die Serviceadministration übermittelt und der Servicetechniker empfängt gleichzeitig neue, ihm zugeteilte Aufträge.

Welche Prozesse im Speziellen von der mobilen Lösung unterstützt werden, wird im Kapitel Prozessicht ausführlich beschrieben. Die Vorteile im Vergleich zum früheren Ablauf sollen hier aber bereits vorweggenommen werden:

  • Die Feinplanung der Kundenbesuche wird vom Servicetechniker vorgenommen, der heute jederzeit auf alle Kundendaten Zugriff hat.
  • Das mobile CRM-System unterstützt den Techniker mit einer Wissensdatenbank bei der Durchführung seines Auftrags und bei der Kundenberatung. Dazu erfassen die Servicetechniker laufend ihre gemachten Erfahrungen und profitieren gemeinsam von der zusammengetragenen Wissensbasis.
  • Dank der neuen elektronischen Auftragsrapportierung kann die Fakturierung bei Wetrok schneller, genauer und einfacher ausgeführt werden.
  • Das Wetrok Servicemanagement verfügt nun auch über ein Analysetool. Es ermöglicht z.B. eine Renditeberechnung für die verschiedenen Serviceverträge.


Prozesssicht

mySAP CRM unterstützt die Serviceadministration und den technischen Kundendienst in den Prozessen Auftragsmanagement, Materialmanagement, Kundenbesuch, Fakturierung und Controlling/Monitoring.

Auftragsmanagement: Alle Mitarbeitenden arbeiten mit einer zentralen Kundendatenverwaltung. Von der Auftragserfassung im Call Center über den Einsatzleiter, der die Grobplanung vornimmt, bis zur Feinplanung durch den Servicetechniker und dessen Rapportierung und Rückmeldung besteht ein einziges Dossier.

Materialmanagement: Die CRM-Lösung bietet dank der Integration ins ERP-System eine automatische Überwachung von Mindestbeständen in den Techniker­fahrzeugen und bei Unterschreitung einer definierten Mindestmenge die automatische Nachbestellung. Rund 70 % des mobilen Lagerbestandes wird nach diesem Automatismus bewirtschaftet. 30 % sind manuelle Bestellungen und erfolgen lediglich für Gegenstände, die nicht mehr im Standardsortiment geführt werden. Im Weiteren generiert ein erfasster Materialbedarf automatisch eine Bestellung im Materialmanagement an die Adresse des zugeteilten Servicetechnikers.

Kundenbesuch: Kern der Lösung ist die Unterstützung der Servicetechniker während des Kundenbesuchs. Der Zugriff auf spezifische Daten ist dabei in zahlreichen Situationen von Vorteil:

  • Der Servicetechniker wird für einen Reparatureinsatz aufgeboten und prüft gleichzeitig, ob unmittelbar eine Revision anfällt.
  • Der Servicetechniker analysiert die vergangenen Serviceleistungen an der Maschine, um sich ein besseres Bild über die Fehlerursache zu verschaffen.
  • Der Servicetechniker kontrolliert, ob für die notwendige Reparatur ein gültiger Garantievertrag besteht.
  • Der Kunde verlangt vom Servicetechniker Informationen zur Maschine oder zum Servicevertrag.
  • Der Kunde gibt eine Bestellung für Ersatzteile oder Zubehör beim Servicetechniker auf und dieser meldet die Bestellung der Serviceadministration.


Sind Reparatur, Wartungs- oder Kontrollarbeiten ausgeführt, erstellt der Servicetechniker vor Ort einen Arbeitsrapport und druckt dem Kunden eine Kopie aus. Ist der Auftrag abgeschlossen, kennzeichnet der Servicetechniker den Auftrag mit dem Status abgeschlossen. Ansonsten ist ein erneuter Kundenbesuch auszumachen. Abbildung 2 fasst den genannten Prozessverlauf zusammen.

Das Informationsobjekt IBase (Installierte Basis) enthält alle Informationen zu einer bei einem Kunden installierten Maschine. Festgehalten werden Angaben zum Maschineneigentümer und -standort sowie zur Konfiguration, Inbetriebsetzung, Anzahl Betriebsstunden und Kontaktperson.

Ein weiteres Informationsobjekt ist der Servicevertrag, in dem der Garantiezeitraum und die Garantieart sowie die vereinbarten Wartungsleistungen und Tarife festgehalten sind. Dazu kommen der Serviceauftrag, der das Servicemanagement unterstützt, und die Sales Aktivitäten, die die Kommunikation zwischen den Servicetechnikern und Kundenbetreuern/Verkäufern vereinfachen.

Abbildung 2: Detailprozess Kundenbesuch des Servicetechnikers

 

Abbildung 2: Detailprozess Kundenbesuch des Servicetechnikers

Fakturierung [Billing]: Die elektronische Rückmeldung der erbrachten Serviceleistungen ermöglicht eine sofortige Fakturierung von abgeschlossenen Aufträgen.

Controlling/Monitoring: Die Produktivität der Mitarbeitenden, die Rentabilität der Serviceverträge/Kunden und weitere betriebswirtschaftliche Kennzahlen stehen durch die zentrale Datenspeicherung dem Management jederzeit für Controlling- und Monitoring-Aufgaben zur Verfügung.


Anwendungssicht

Die Lösung mySAP CRM bei Wetrok basiert auf den Modulen CRM Service und CRM Sales, die jeweils als Mobile- und Online-Komponenten bestehen. CRM Service Mobile ist für die Servicetechniker konzipiert und CRM Sales Mobile für die Kundenbetreuer/Verkäufer. Eine speziell konfigurierte Datenaustauschadministration erlaubt eine regelmässige Datenaktualisierung und somit einen umfangreichen Wissenspool für beide Seiten. In der Wetrok Zentrale besteht die Onlinekomponente mit Zugriff auf den gesamten Datenbestand.

Abbildung 3 zeigt eine Übersicht über die Art der Integration von mySAP CRM in die Systemlandschaft bei Wetrok. Betrieben wird die Version 4.0, die bei Wetrok auf AS/400 von IBM läuft und im technischen Kundendienst auf Notebooks (IBM T42). Im Vordergrund stehen die Servicetechniker und die Serviceadministration, die mit der Lösung arbeiten. Die zentrale Datenhaltung und der Systemunterhalt obliegt Diethelm Keller Management & Investment Services (DKMIS).

Abbildung 3: Anwendungssicht und Integrationsschema von mySAP CRM bei Wetrok

 

Abbildung 3: Anwendungssicht und Integrationsschema von mySAP CRM bei Wetrok

In der Serviceadministration ist ein Zugriff auf alle Applikationen über die entsprechenden Clients möglich. Eine Integration (RFC-Verbindung) von mySAP CRM in SAP R/3 ist für die ERP-Module Finanz, Controlling, Materialmanagement und Sales & Distribution definiert (1). Dies erlaubt bspw. eine direkte Auftragsverbuchung in der Finanzbuchhaltung oder die Verwaltung der Lagerbestände im ERP.

Spezialität der Lösung ist der Datenaustausch [Replikation] zwischen CRM Mobile und CRM Online (2). Damit dem Servicetechniker im Offlinebetrieb aktuelle Daten zur Verfügung stehen, wird (i.d.R. einmal täglich) eine Datenreplikation vorgenommen. Dazu besteht eine Replikationslösung (bei SAP: CRM Middleware). Der Servicetechniker erstellt (zu Hause) eine temporäre Onlineverbindung (Virtual Privat Network) mit der Datenaustauschadministration auf dem CRM-Server bei DKMIS. Über die Replikationskomponente (bei SAP: ConnTrans) erfolgt dann der Datenaustausch. Dazu besteht ein Programm, das die empfangenen und gesandten Objekte in die richtigen Datenformate übersetzt. Durch die Datenaustauschadministration werden die mobilen Clients verwaltet. Die Hauptaufgabe ist die regelkonforme Verteilung der Daten vom Server zu bestimmten mobilen Geräten und umgekehrt. Um die Datenübertragungszeiten zu minimieren, werden nur jene Datenfelder übertragen, die sich seit dem letzten Abgleich geändert haben. In der Lösung noch nicht integriert ist der Ersatzteilkatalog (3). Der Techniker hat jedoch heute die Möglichkeit, direkt beim Kunden den Katalog auf CD-ROM einzusehen.

Aufgabe des Global Positioning System (GPS) bei Wetrok (4) ist die Ortung der Servicefahrzeuge. Von jedem Fahrzeug wird regelmässig ein Signal gesendet, das via Satellit über eine GPS-Zentrale in Holland zu Wetrok auf den Server gelangt (per SMS). Dies erlaubt neben einer zentralen Ortung eine Auswertung von Fahrtzeit und Geschwindigkeit. Eine Systemintegration ins SAP ist nicht vorgesehen. Die GPS Applikationen stellen für das Wetrok Servicemanagement einen wesentlichen Bestandteil dar, werden aber in dieser Fallstudie nicht weiter vertieft.


4. Implementierung

Die Einführung von mySAP CRM war ein Teilprojekt der im Rahmen der Telematik-Strategie geplanten Systemerneuerung. Die ersten Gespräche mit SAP führte Wetrok im November 2003. Im Januar 2004 kam es zur Vertragsunterzeichnung und am 1. April des gleichen Jahres war der Kick-off des SAP Projekts bei Wetrok Schweiz. Beteiligt waren SAP Schweiz, Wetrok-Mitarbeitende, die IT-Abteilung DKMIS und IDS Scheer.


Projektmanagement und Redesign der Prozesse

Für DKMI handelt es sich um ein Pilotprojekt. Langfristig ist es das Ziel, die Wetrok Tochtergesellschaften in Deutschland und England auf den gleichen Servicestand zu bringen und weitere Gruppentöchter auf SAP umzurüsten.

Wetrok übernahm die zentrale Projektleitung und stellte einen Arbeitskreisleiter sowie einen weiteren Projektmitarbeiter. Es gab relativ klare Vorstellungen, wie der Strategieteil Mobile Computing aussehen musste. Bereits 2002/03 wurden ein Grob- und ein Detailkonzept für eine Servicelösung in Form einer Studie erarbeitet und auf Basis einer Access-Lösung entwickelt. Mit dem Entscheid für eine komplette Systemablösung wurde jedoch diese Insellösung, für die bereits rund 100'000.- CHF investiert worden waren, bedeutungslos. Die vorhandenen Konzepte und Erfahrungen dienten dagegen als Ausgangsbasis für das SAP Projekt.

SAP war für die technische Umsetzung verantwortlich. In einem ersten Schritt wurde ein Implementierungsplan erarbeitet, der die Sollprozesse, die Organisationsstruktur und die damit verbundenen Änderungsmassnahmen beinhaltete. Ein Ziel war es, das bestehende Know-how bei Wetrok zu nutzen und durch die Mitgestaltung von Mitarbeitenden die Akzeptanz der Veränderungen zu erhöhen. Im Weiteren liess SAP Mitarbeiterschulungen durch vorgeschulte Wetrok-Mitarbeitende durchführen, um eine schnelle, eigenständige Betreibung der Lösung zu gewähren. SAP stand hierbei beratend zur Seite und unterstützte die Aufbereitung von Schulungsdokumentationen und Schwerpunktsetzung. Im Februar 2005 war die Onlinekomponente und zwei Monate später CRM Mobile betriebsbereit.

Parallel zur Entwicklung und Umsetzung von mySAP CRM wurde das neue ERP-System eingeführt. Wetrok wünschte eine schnelle Implementierung und deshalb wurden die Aufgaben geteilt. IDS Scheer war für SAP R/3 und SAP für die CRM-Lösung zuständig.

Für den Betrieb und die Wartung der Soft- und Hardware bei Wetrok ist DKMIS zuständig. Die umfangreiche Systemeinführung von mySAP CRM und SAP R/3 führte in dieser Abteilung zu Kapazitätsengpässen. Die geplante Ausgabe der mobilen Geräte verzögerte sich deshalb um zwei Monate. Bis September 2005 sollten alle Servicetechniker mit Notebooks ausgerüstet sein.


Software-Lösung/Programmierung

Die implementierte Lösung bei Wetrok ist die Version 4.0 des seit 1999 bestehenden CRM-Moduls. Die Entwicklung erfolgte durch die SAP AG. Erstmals in der Schweiz kommt die Anwendung speziell im Bereich Mobile Service zum Einsatz. Es handelt sich um eine Kombination der Mobile-Sales- und Mobile-Service-Lösung, die sich durch die Replikationskomponente (CRM Middleware) auszeichnet. Diese Kombination unterstützt die gleichzeitige Ausführung von Service- und Verkaufstätigkeiten. Gegenwärtig wird die Lösung weiterentwickelt und ein Release in Version 5.0 wird Ende Oktober 2005 ausgeliefert.


5. Erfahrungen aus dem Betrieb

Anwendung und Unterhalt

Die Einführung der neuen Lösung wird positiv bewertet. Obwohl anfangs Unsicherheit bestand, sind die Wetrok-Mitarbeitenden heute stolz, zu einem der modernsten Servicebetriebe der Schweiz zu gehören. Die Unsicherheit begründete sich einerseits durch die auferlegte Arbeit mit Notebooks. Einige Servicetechniker kannten die Anwendung des Computers nicht und mussten einen PC-Grundkurs besuchen. Heute nutzen sie die Anwendung im gleichen Mass – teilweise sogar besser – als Mitarbeitende mit längerer PC-Erfahrung. Weitere Unsicherheiten zeigen sich darin, dass die Lösung generell mehr administrative Mitarbeit von den Servicetechnikern verlangt und folglich mehr Verantwortungsübernahme voraussetzt.

Die Datenreplikation erfolgt in zwei Stufen. Zuerst wird der Datenaustausch durchgeführt. Dieser Vorgang passiert heute fehlerfrei und schnell. In einer zweiten Stufe findet die Zuweisung der Daten an die entsprechenden Module statt. Dieser Vorgang ist zeitintensiv, weil die Verteilung der Kapazitäten auf dem Host zwischen mySAP CRM und SAP R/3 derzeit nicht optimal ist. DKMIS erarbeitet eine Lösung dafür.

Die automatische Materialnachbestellfunktion wurde nach einem Testlauf wieder eingestellt. Der Grund ist, dass bezüglich der Definition von Mindestbeständen noch keine Erfahrungen vorhanden sind und deshalb vorerst die Bestellungen manuell ausgelöst werden. Ende September 2005, nach einer Inventuraufnahme in allen Servicefahrzeugen, soll definitiv auf den automatischen Betrieb umgestellt werden. Dennoch unterstützt die Lösung bereits die Einsicht in aktuelle Bestände der Servicefahrzeuge und somit die Materialversorgung und -verwaltung.

Der Prozess der Fakturierung konnte bereits deutlich optimiert werden. Früher vergingen vom Zeitpunkt der Leistungserbringung bis zur Rechnungsstellung drei Wochen. Heute sind es noch drei Tage und die Fehlerquote ist dank dem Wegfall der Doppelerfassung reduziert.

Wenig Erfahrung konnte bisher mit CRM Analytics gesammelt werden. Ein erfolgreiches Controlling und Monitoring ist erst mit zunehmendem Datenbestand durchführbar. Darauf ist man besonders gespannt, denn heute besteht keine Transparenz zur Profitabilität einzelner Serviceverträge.

Keine Erfahrungen waren bisher mit Druck- und Statistikfunktionen im Teil Mobile Service möglich, weil die entsprechenden Formulare noch nicht fertig gestellt sind.


Zielerreichung

Die hochgesteckten Ziele für Mobile Computing sind weitgehend erreicht. Die Lösung verstärkt die Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und das Fachwissen des Kundendienstes und reduziert deutlich die administrativen Aufgaben.

Die Datenreplikation nur am Morgen und Abend durchzuführen, stellt lediglich eine erste Phase dar. Angestrebt wird zusätzlich eine Schnittstelle mit GPRS-Lösungen in den Servicefahrzeugen, damit jederzeit ein Datenaustausch möglich ist (vgl. Fallstudie Sixmadun). Die Kosten für die Realisierung werden auf zusätzliche 150'000 CHF geschätzt. Die Anschaffung steht in Zusammenhang mit den erforderlichen Reaktionszeiten für Serviceaufträge. Momentan sind ca. 30 % der Aufträge in weniger als 24 Stunden zu erbringen. Spätestens bei 50 % reicht ein Datenaustausch pro Tag nicht mehr aus, was bereits in 2006 zu erwarten ist.

Die Benutzerfreundlichkeit der Lösung Mobile Service ist noch nicht ganz befriedigend. Zwar wusste Wetrok aus der Demonstration beim Referenzkunden, dass ein Datenaustausch möglich ist, die dahinter liegenden Funktionalitäten waren aber nicht bekannt. Die heutige Lösung gewährt einen einwandfreien Datenaustausch, jedoch unterscheidet sich das Handling der CRM-Mobile-Anwendungen deutlich von jenen in CRM Online.

Mit den durch die Telematik-Strategie veranlassten Massnahmen kann Wetrok über vier Jahre nach Abzug der Kosten rund 1 Mio. CHF einsparen. Dies errechnet sich aus Einmalkosten für Soft- und Hardware sowie Installation, Schulung und Kommunikation von rund 350'000 CHF. Dazu kommen jährliche Betriebskosten von gegen 30'000 CHF. Der Projektnutzen wird auf über 1.6 Mio. CHF geschätzt: die Personalreduktion in der Administration und Serviceausführung von ca. 3.5 Stellen, die Reduktion von Mobiltelefonkosten von jährlich rund 8'000 CHF und die höhere Produktivität durch weniger Fahranteil von 90'000 CHF pro Jahr.

Als nicht quantifizierbarer Nutzen werden zusätzlich folgende Punkte genannt: weniger Betriebskosten bei Servicefahrzeugen durch bessere Disposition, schnellere Fakturierung durch tägliche Datenübertragung, höhere Produktivität mit gleich bleibendem Personalbestand und Kundenzufriedenheit durch schnellere Bedienung.


6. Erfolgsfaktoren

Spezialitäten der Lösung

mySAP CRM ist für Wetrok vorteilhaft, weil die Lösung die Servicetechniker kundenorientiert unterstützt. Die Servicetechniker können sich im Vorfeld besser vorbereiten und erscheinen kompetenter vor dem Kunden, da sie über alle erforderlichen Informationen verfügen: Kundeninformationen, Maschinendetails, History, Preisangaben, Ersatzteilinformationen, Diagnosehilfe.

Von besonderer Bedeutung ist die Datenaustauschadministration. Jedem Servicetechniker werden genau die Daten repliziert, die er für die ihm zugeteilten Aufträge benötigt. Dies erlaubt eine gezielte Einsatzplanung, optimierte Routenberechnung und folglich höhere Produktivität.

Im Weiteren wird mySAP CRM die Basis für Analysen und bessere Entscheidungen sein. Weiterhin trägt es dazu bei, implizites Wissen allen Mitarbeitenden zugänglich zu machen.


Betreiber der Lösung

Wetrok AG
Walter Knecht, Leiter Service Schweiz
Branche: Maschinenbau/Feinmechanik, Gebäudereinigungsgeräte, Servicegeschäft
Unternehmensgrösse: GrossunternehmenWetrok AG

Lösungspartner

Marco Bolleter, Senior Consultant
SAP (Schweiz) AG

Autoren der Fallstudie

Raphael Hügli
Fachhochschule beider Basel FHBB

25. August 2005
Hügli; Raphael (2005): Fallstudie Wetrok AG: Mobile Servicelösung für den Technischen Kundendienst; in: Wölfle; Ralf; Schubert; Petra (Hrsg.)(2005) Integrierte Geschäftsprozesse mit Business Software; München; Wien: Hanser Verlag; 2005; S. 229 - 242.
PDF zur Fallstudie, wie diese in der eXperience Buchreihe erschienen ist.
2199
wetrok-sap
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/2199-wetrok-sap
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