EDEKA Minden-Hannover: Elektronische Rechnungsübermittlung

30. August 2007



Die EDEKA Minden-Hannover Holding GmbH (im Weiteren EDEKA) ist Marktführerin in ihrem Absatzgebiet und die bedeutendste EDEKA-Regionalgesellschaft. Innerhalb der EDEKA-Gruppe ist sie der Treiber bei Innovationen. Das Unternehmen wird durch eine Vielzahl an lokalen Lieferanten mit Produkten für den Einzelhandel beliefert. Die Rechnungslegung der Lieferanten erfolgte bis 2006 auf Basis von Papier über den Postweg. Der interne Prozess bei EDEKA war kompliziert, mehrstufig und für die Lieferanten nicht einsehbar. Mit Einführung einer neuen Lösung erfolgt die Rechnungsübermittlung vollautomatisch auf elektronischem Weg und stellt sich für die Lieferanten der EDEKA transparent dar. Der Prozess ist für Lieferanten und für die EDEKA kostengünstiger und die Prozessdurchlaufzeiten konnten verkürzt werden.


1. Das Unternehmen

Hintergrund, Branche, Produkt und Zielgruppe
Mit einem Konzernumsatz in Höhe von fünf Milliarden Euro, 24'300 Mitarbeitenden, etwa 1'500 Einzelhandelsstandorten und einer Gesamtverkaufsfläche von 1.3 Mio. Quadratmetern ist EDEKA Minden-Hannover die grösste der bundesweit sieben EDEKA-Regionalgesellschaften. Kerngeschäft ist der Lebensmittelhandel.
Die auf Qualität und Service ausgerichteten EDEKA-Märkte profilieren sich als Vollsortimenter insbesondere über ihre Kompetenz für Lebensmittel.
„Wir lieben Lebensmittel“ wird durch die aktuelle EDEKA-Werbung per Zeitungen, Zeitschriften, TV und Hörfunk kommuniziert.

Mit unterschiedlichen Vertriebsformaten ist EDEKA in der Lage, sein Einzelhandelsangebot nach ortsspezifischen Anforderungen auszurichten. Zwei Drittel der EDEKA-Märkte innerhalb der EDEKA Minden-Hannover werden von selbstständigen Kaufleuten geführt. Sie sind in der EDEKA Minden eG – der Konzernobergesellschaft – genossenschaftlich organisiert.
Die Übertragung von EDEKA-Märkten an selbstständige Einzelhändler und Existenzgründer spielt auch in der Planung eine bedeutende Rolle. Damit erfüllt EDEKA den in der Genossenschaftssatzung verankerten Unternehmensauftrag: „…wirtschaftlich gesunde, voll existenzfähige Betriebe selbstständiger Unternehmer des mittelständischen Lebensmittel-Einzelhandels und verwandter Berufsgruppen zu schaffen, sie zu fördern und zu erhalten.“

Mit dem unternehmergeführten Einzelhandel verschafft sich EDEKA Wettbewerbsvorteile: Unternehmerisches Engagement schafft eine starke Präsenz vor Ort, die von Kunden und Mitarbeitenden honoriert wird. Regionaltypische Produkte finden Berücksichtigung.
Warenwirtschaft und Logistik sind entscheidende Erfolgsfaktoren im wettbewerbsintensiven Lebensmittelhandel. Mit acht Lagern, vier Umschlagplätzen und zwei Getränkelagern verfügt EDEKA Minden-Hannover über eine dezentral ausgerichtete Logistik, die optimal auf die Anforderungen des Einzelhandels ausgerichtet ist.

Der MIOS C+C-Fachgrosshandel ist mit 25 Grossmärkten auf den Bedarf von Grossverbrauchern wie Hotellerie, Gastronomie und Gewerbetreibende ausgerichtet.
In den wichtigen Produktsegmenten „tagesfrische Backwaren“ sowie Fleisch- und Wurstwaren verfügt EDEKA Minden-Hannover über konzerneigene Herstellungsbetriebe. Das Absatzgebiet erstreckt sich von der polnischen bis zur holländischen Grenze mit Schwerpunkten in Sachsen-Anhalt, Bremen, Berlin, Brandenburg und in Niedersachsen.

Unternehmensvision
„Wofür stehen wir in der EDEKA Minden-Hannover, welche Werte wollen wir leben, womit wollen wir uns im Wettbewerb profilieren, welchen Anspruch haben wir an uns selbst? Die Antwort darauf ist unsere VISION und unsere MISSION, die zusammen das Unternehmensleitbild ausmachen.

Wir verkaufen also nicht nur Lebensmittel, wir lieben Lebensmittel! Das ist unsere VISION. Das prägt unser Denken und Tun! Das ist unsere Botschaft an unsere Kunden und Geschäftspartner. Und weil wir Lebensmittel lieben… ist keiner kompetenter in Sachen Lebensmittel als EDEKA.

Beweisen müssen wir diese Aussage Tag für Tag in unseren Märkten, mit unseren Sortimenten, der Ladeneinrichtung, der Warenpräsentation, mit Qualität und Frische aber insbesondere natürlich mit der Beratungskompetenz und Servicequalität unserer Mitarbeiter.“ [aus dem Bericht des Vorstandes der EDEKA Minden-Hannover vom 02.Mai 2006]

Stellenwert von Informatik und E-Business
EDEKA operiert in einem Markt ständiger Veränderungen von Kundenbedürfnissen wie auch gesetzlichen Rahmenbedingungen in einem offenen Europa. Um dem in der Vision ausgedrückten Anspruch stets mit der gleichen Intensität und Qualität gerecht zu werden, bedarf es einer flexiblen und leistungsfähigen IT, die in der Lage ist, die Anforderungen einer prozessorientierten Organisation schnell und optimal zu erfüllen.

Beim Austausch logistischer Nachrichten per EDI (Electronic Data Interchange) unter Verwendung des EANCOM (Europäische Artikelnummer – Communication) Standards nimmt die EDEKA Minden-Hannover eine Vorreiterrolle ein. So wurde der von EDEKA Minden-Hannover entwickelte digitale Annahmebeleg in Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe der GS1 zu einem definierten Standard in der Lebensmittelbranche.
Durch die Nutzung von elektronischen Workflows und die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister im Bereich der elektronischen Rechnungsübermittlung, kann die EDEKA Minden-Hannover ihren Geschäftspartnern, die zum grossen Teil KMUs sind, die Nutzung und somit die Vorteile des elektronischen Datenaustauschs ermöglichen.


2. Der Auslöser des Projekts

Ausgangslage und Anstoss für das Projekt
Der Grossteil der Lieferanten muss mehrfach im Monat eine Rechnung an EDEKA für erbrachte Lieferungen stellen. Ebenso müssen Dienstleister oder Unternehmen, die EDEKA Sachleistungen verkauft haben, Rechnungen an EDEKA stellen. Die Anzahl der an EDEKA gestellten Rechnungen pro Jahr beläuft sich auf über 440'000, was auch auf die hohe Anzahl regionaler Lieferanten zurückzuführen ist. Jede Rechnung durchläuft einen mehrstufigen internen Prozess der Prüfung und Freigabe. Hierbei sind verschiedene Organisationseinheiten beteiligt, die teilweise an unterschiedlichen Standorten liegen. Der Informationsaustausch basiert zu grossen Teilen auf Papier. Papierbelege werden manuell durch die beteiligten Organisationseinheiten gereicht.

Auslöser des hier vorgestellten Projektes war das Ziel, den papierbasierten, manuellen Prozess der Rechnungsabwicklung durch eine teilautomatisierte, elektronische Lösung zu ersetzten. Im Fokus der Lösung standen auch die Verbesserung der Prozesse innerhalb der EDEKA, sowie die Vereinfachung des Prozesses der Rechnungslegung durch die Lieferanten und das damit verbundene Schaffen von Transparenz.

Vorstellung der Geschäftspartner
IT-Partner der EDEKA bei dem vorgestellten Projekt war die FIRST BUSINESSPOST GmbH (1stbp). Die 1stbp ist ein junges Unternehmen, das 1999 gegründet wurde und Gewinner des „Bayern Online Award für Ebusiness“ 2004 war. 1stbp bietet eine Lösung für die papierlose Rechnungslegung. Zwei Punkte zeichnen die Lösung aus: Zum Einen wird der Sender einer Rechnung durch einfache Software EDI-fähig und zum Anderen wird das Papierproblem auf Empfängerseite nachhaltig, kostengünstig und qualitativ hochwertig gelöst. Die 1stbp ist als EDI-Dienstleister in mittelnder Position zwischen Sender und Empfänger tätig.


3. Elektronische Rechnungsübermittlung

Nachfolgend wird die Lösung aus der Geschäftssicht, der Prozesssicht, der Anwendungssicht und aus der technischen Sicht betrachtet. Im Fokus liegen dabei der eigentliche Kernprozess der Rechnungslegung sowie der Abarbeitung der Rechnung bei EDEKA und die Anbindung der Lieferanten sowie des Dienstleisters 1stbp in diesen Prozess.

Geschäftssicht und Ziele
Prinzipiell gehen bei EDEKA zwei unterschiedliche Rechnungsarten ein. Zum einen gibt es Rechnungen von Lieferanten, die Waren für den Gross- und Einzelhandel der EDEKA liefern (Warenrechnungen). Nach erfolgter Lieferung stellt der Lieferant eine Rechnung. Die zweite Art der Rechnungen kommt von Unternehmen, die Dienst- und Sachleistungen oder Waren (Investitionen) für den Eigenbedarf der EDEKA erbringen und hierfür eine Rechnung mit Anlage an die EDEKA stellen müssen (Kostenrechnungen). Diese Rechnungen werden EDEKA-intern als Kosten- oder Eigenbedarfsrechnungen bezeichnet und stehen in keinem direkten Bezug zur Wertschöpfung. In der Rechnungsanlage werden die Dienst- oder Sachleistungen beschrieben, wie bspw. die Anzahl der erbrachten Stunden und das Material, das für die Erbringung einer Leistung notwendig war.

Im Folgenden wird eine einfache Rechnungslegung aus Sicht eines Lieferanten behandelt. Die Rechnungslegung mit Anlage verhält sich identisch bis auf eine zusätzliche Prüfung der Anlagen durch die dafür zuständige Organisationseinheit bei EDEKA.
Abb. 1 zeigt den Prozess der Rechnungslegung durch einen Lieferanten. Die Rechnungslegung eines Lieferanten kann auf drei unterschiedliche Wege erfolgen. Bei der Offline-Rechnungslegung ist es möglich, die Rechnungen auf postalischem Weg an EDEKA zu übersenden. Diese Rechnung wird eingescannt und über ein OCR-Programm in ein elektronisches Dokument umgewandelt. Es werden ausschliesslich die Rechnungskopfdaten ausgelesen. Dieses Dokument muss dann noch einmal manuell überarbeitet werden. Danach erfolgt ein mehrstufiger Prüfungsprozess und eine Freigabe der Rechnung, was die Zahlung der Rechnung zur Folge hat.

Als zweite Möglichkeit steht den Lieferanten die Zentralregulierung über die EDEKA Zentrale zur Verfügung. Hierbei muss ein gebührenpflichtiger Vertrag zwischen dem Lieferanten und der Edeka Zentrale geschlossen werden. Die Übermittlung der Daten kann hier schon elektronisch per EDIFACT erfolgen, allerdings ohne qualifizierte Signatur und ohne Anlagen. Dementsprechend muss zusätzlich eine papierbasierte Sammelrechnung verschickt werden. An die EDEKA Minden wird parallel ein Inhouse-Datensatz übermittelt und an das Rechnungsprüfungsprogramm übergeben.

Die dritte Art ist die Nutzung der neuen, komplett elektronischen Lösung auf Basis von 1stbp [EBPP]. Hierzu wird auf Seiten der Lieferanten ein spezieller Druckertreiber installiert, mit dem die Rechnung gedruckt wird. Der Druckdatenstrom wird in eine Datei umgeleitet (anstelle der physischen Ausgabe auf Papier). Diese Datei wird dann (über MAPI) an das E-Mail-Programm übergeben. Die so erzeugte E-Mail wird an das Verarbeitungszentrum von 1stbp geschickt. Hier werden aus Druckdatenströmen mit einem eigens entwickelten Regelwerk in einem java-basierten Internet-Gateway die relevanten Informationen extrahiert, plausibilisiert und in das Zielformat konvertiert. Dem Lieferant stehen neben der Einlieferung von Druckdatenströmen per E-Mail noch weitere Transportprotokolle und Formate zur Verfügung. Die hier beschriebene Möglichkeit stellt lediglich eine der möglichen Varianten dar.

Im Internet-Gateway werden die Daten erfasst, auf Vollständigkeit überprüft, für den Empfänger aufbereitet und zum Download bereitgestellt. Auf Seiten von EDEKA läuft ein automatischer Prozess des Downloads der elektronischen Rechnungen. Diese werden anschliessend sofort zur Prüfung vorgelegt und es erfolgt i.d.R. eine Freigabe der Rechnung zur Zahlung. Der Lieferant hat in jedem Schritt Einblick über den Status der Rechnung. Er kann online überprüfen, wie der Status der Rechnung bei 1stbp ist, ob die Rechnung schon bearbeitet wurde, ob diese schon an EDEKA weitergesendet wurde usw.

Abb. 1: Business-Szenario: Rechnungsverarbeitung bei EDEKA


Abb. 1: Business-Szenario: Rechnungsverarbeitung bei EDEKA

Prozesssicht
Abb. 2 zeigt den elektronischen Prozess der Rechnungsübermittlung [Datenaustausch]. Der Lieferant druckt seine Rechnung, die er an EDEKA übermitteln möchte, über einen „virtuellen Drucker“ aus seiner Buchhaltungsanwendung im Einzel- oder Massendruck aus. Der installierte Drucker erzeugt einen Druckdatenstrom (Postscript) der zu druckenden Rechnung in Dateiform, verschlüsselt und signiert diesen. Anschliessend werden die Daten entweder als E-Mail-Nachricht im E-Mail-Standardprogramm an 1stbp verschickt oder als Datei in einem konfigurierbaren Verzeichnis abgelegt, dessen Inhalt dann an 1stpb geschickt wird. Die Daten werden auf Seiten der 1stbp durch ein Verarbeitungssystem empfangen [Rechnungseingang]. Das Verarbeitungssystem extrahiert mittels eines speziell entwickelten Regelwerks die Inhalte des Druckdatenstromes und legt die Ergebnisse der Erfassung zunächst in einem internen Datenformat ab.

Nach der Übertragung, werden die Daten in einem zweiten Schritt auf syntaktische Korrektheit überprüft. Hierzu zählt die Prüfung, ob die Rechnung rechnerisch konsistent ist, ob die Leistungsdaten korrekt sind, ob keine doppelten Rechnungsnummern vergeben wurden, ob alle von EDEKA vorgeschriebenen Mussfelder ausgefüllt sind (z.B. die Kostenstelle) usw. Treten bei der Prüfung Fehler auf, wird eine Fehlermeldung erzeugt und dem Lieferanten in Form einer E-Mail mitgeteilt, womit der Lieferant die von ihm überarbeitete und korrigierte Rechnung erneut versenden muss. Sind die Daten korrekt, werden sie in das von EDEKA vorgegebene Format (EDI) konvertiert. Des Weiteren wird eine Bilddatei, die die Originalrechnung repräsentiert, erzeugt. Im Anschluss werden die Dateien verschlüsselt und gem. § 14 UStG mit einer elektronischen Signatur der Deutschen Telekom/Telsec versehen, einem in Deutschland genehmigten Zertifizierungsanbieter (nachfolgend TrustCenter). Erst mit dieser Signatur entsteht der eigentliche (elektronische) Beleg, der den Empfänger zur Vorsteuer berechtigt.

In konfigurierbaren Zeitabständen werden auf Seiten der EDEKA die verschlüsselten Rechnungen von 1stbp über HTTP heruntergeladen. Die Daten werden vom 1stbp Downloadmanager entschlüsselt und die Integrität der Rechnung wird geprüft. Zusätzlich wird eine Authentizitätsprüfung des zur Signatur verwendeten Zertifikates durchgeführt. Hierzu wird über sogenannte OCSP-Requests (Online Certificate Status Protocol) geprüft, ob das Zertifikat beim ausstellenden TrustCenter vorhanden und nicht gesperrt ist. Die Zertifikate des TrustCenters werden dann rekursiv gegen das Wurzelzertifikat der Bundesnetzagentur geprüft. Das Ergebnis wird in einem Prüfprotokoll festgehalten. Im Anschluss werden alle aufbewahrungspflichtigen Informationen an das Archivierungssystem übergeben. Hierzu gehören die Originalrechnung (als Bild), die Zertifikate und das Prüfprotokoll.
Die im EDI-Format erfassten Rechnungsdaten werden an das Rechnungsprüfungs- bzw. Workflow-System übergeben. Über das Workflow-System wird die für die Rechnungsprüfung verantwortliche Organisationseinheit benachrichtigt. Es erfolgt eine inhaltliche Prüfung der Rechnung durch die verantwortliche Organisationseinheit. Treten hierbei Fehler auf, wird eine Fehlermeldung erzeugt und dem Lieferanten in Form einer E-Mail mitgeteilt, womit der Lieferant die von ihm überarbeitete und korrigierte Rechnung, mit neuer Rechnungsnummer, erneut versenden muss. Rechnungen, die inhaltlich korrekt sind, werden verbucht und bezahlt.

Abb. 2: Prozesssicht: Elektr. Rechnungsverarbeitung bei EDEKA Minden-Hannover


Abb. 2: Prozesssicht: Elektr. Rechnungsverarbeitung bei EDEKA Minden-Hannover

Anwendungssicht
Nachdem die Prozesssicht die einzelnen Schritte veranschaulicht, die für eine elektronische Rechnungslegung notwendig sind, wird im Folgenden der Datenaustausch einer erfolgreichen elektronischen Rechnungsabwicklung zwischen den einzelnen Softwaresystemen der Lieferanten, 1stbp und EDEKA vorgestellt (vgl. Abb. 3). Der Lieferant druckt seine Rechnung über den „virtuellen Drucker“, der von 1stbp kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, worauf ein verschlüsselter Druckdatenstrom mit den Rechnungsdaten erstellt wird.

Abb. 3: Anwendungssicht und Integrationsschema EDEKA Minden-Hannover


Abb. 3: Anwendungssicht und Integrationsschema EDEKA Minden-Hannover
Dieser wird an das Verarbeitungssystem auf Seiten der 1stbp gesendet. Das Verarbeitungssystem der 1stbp extrahiert, prüft und konvertiert die Daten in das für EDEKA relevante Datenformat.

Im Anschluss wird die konvertierte Rechnung verschlüsselt und qualifiziert signiert zum Download für EDEKA zur Verfügung gestellt. Ebenso werden Statusinformationen auf Seiten der 1stbp abgespeichert, auf die der Lieferant zugreifen kann. Diese beinhalten, ob und wann die Rechnungsdaten bei EDEKA eingetroffen sind. Der Download-Manager auf Seiten der EDEKA greift zyklisch auf das Verarbeitungssystem der 1stbp zu, um die Rechnungsdaten und Zertifikate abzuholen. Diese werden entschlüsselt und die Zertifikate werden geprüft. Die Rechnungsdaten werden an das Rechungsprüfungssystem weitergeleitet und die Originalrechnung, das Zertifikat und das Prüfprotokoll werden an das Archivierungssystem gesendet. Durch die Aktivierung des Workflow-Systems wird der verantwortlichen Organisationseinheit die Prüfung der Rechnung zugewiesen.

Technische Sicht
Die Lieferanten, die sich an unterschiedlichen Standorten befinden, schicken die Rechnungsdaten als Druckdatenstrom oder strukturierten Datensatz unter Einsatz verschiedener Protokolle an 1stbp, die diese in ihrem Verarbeitungszentrum erfassen bzw. konvertieren und EDEKA zum Download bereitstellen.

Abb. 4: Technische Sicht EDEKA Minden-Hannover


Abb. 4: Technische Sicht EDEKA Minden-Hannover

Die Kommunikation zwischen den einzelnen Systemen (vgl. Abb. 4) auf Seiten der Lieferanten, 1stbp und EDEKA erfolgt grösstenteils über das Internet, entweder über E-Mail (SMTP), HTTP, AS2 (Ausnahme: x.400) zwischen den Lieferanten und 1stbp oder per HTTP zwischen EDEKA und 1stbp. Die Daten, die über das Internet ausgetauscht werden, sind jeweils verschlüsselt und signiert.

Für die Integration der Lösung von 1stbp zur elektronischen Rechnungsübermittlung wird keine spezielle Hardware benötigt. 1stbp stellt für unterschiedlichste Betriebssystemkonfigurationen Clients zur Verfügung, die auf einfache Weise bei den Lieferanten in das bestehende System integriert werden können. Auf Seiten der EDEKA wurde neue Hardware angeschafft, auf der der von 1stbp zur Verfügung gestellte Downloadmanager läuft.


4. Projektablauf und Betrieb

Investitionsentscheidung
Die internen Kosten, die bei EDEKA für die konventionelle Bearbeitung einer papierbasierten Rechnung angesetzt werden, belaufen sich auf 2.- Euro je Rechnung. Dies stellt eine sehr niedrige Bemessungsgrenze dar, da dies die Kosten für das Scannen, die Nachbearbeitung, mehrstufige Prüfung und Freigabe der Rechnung sowie telefonische Unterstützung bei Rückfragen durch die Lieferanten und eventuelle postalische Kosten enthält. Die Anschaffungs- und Entwicklungskosten für Hardware und die Programmierung der Schnittstellen wurden mit ca. 40'000.- Euro angesetzt. Dem entgegen stand ein Einsparungspotenzial von 200'000.- Euro bis 400'000.- Euro pro Jahr, unter Annahme einer Kostenreduktion von einem Euro pro Rechnung. Die Investitionsentscheidung wurde im Rahmen einer GF-Sitzung getroffen und die Umstellung auf eine elektronische Rechnungsabwicklung wurde als ein Unternehmensziel definiert.

Projektmanagement und Changemanagement
Das Projekt wurde aus dem Bereich des Konzernqualitätsmanagements initiiert. In die Projektorganisation wurden Teilnehmer aus allen Bereichen der EDEKA hinzugezogen, die von der elektronischen Rechnungsverarbeitung betroffen waren. Hierzu gehörten Teilnehmer aus den Bereichen Rechnungsprüfung, Logistik, IT, Buchhaltung und Revision. Somit war es möglich, schon zu einem frühen Zeitpunkt Anforderungen der Fachabteilungen aufzunehmen und in die neue Lösung mit einzubringen.

Ein wichtiger Punkt der Einführung der neuen elektronischen Rechnungsabwicklung ist in der Reorganisation der internen Rechnungsprüfung und Freigabe zu sehen. Vor der Einführung der elektronischen Rechnungslegung mussten die Rechnungen eingescannt und überprüft werden, was nun über 1stbp automatisch erledigt wird. Es kam hierbei zu einem komplexen (teilweise waren mehr als acht Organisationseinheiten betroffen) und zyklischen Prüf- und Freigabeprozess, der ggf. mehrere Standorte betraf. Dies konnte sich teilweise lange hinziehen wenn bspw. eine inkorrekte Rechnungslegung durch den Lieferanten erfolgte. Die Prüfung und die Freigabe der Rechnungen wurden komplett neu organisiert. Es erfolgt nun nur noch eine Prüfung auf inhaltliche Korrektheit durch die für die Rechnung zuständige Organisationseinheit. Nach Prüfung und Freigabe erfolgt eine automatische Verbuchung und Anweisung der Rechnung. Die einzelnen Fachabteilungen wurden aktiv über das neue System informiert. Die Mitarbeitenden wurden im Umgang mit den neuen Prozessen und der neuen Software geschult.

Entstehung und Roll-out der Softwarelösung
Für die elektronische Rechnungsabwicklung mussten auf Seiten der EDEKA einige Schnittstellen implementiert werden, die die bereitgestellten Daten des Downloadmanagers den EDEKA-internen Systemen zur Verfügung stellen. Hierzu gehören das Archivierungssystem, das Workflow-System und das Rechnungsprüfungssystem. Die fertige Lösung wurde in einer Pilotphase mit ausgewählten Lieferanten für zwei Monate getestet und zwei Monate vor der kompletten Umstellung, für eine weitere Validierungsphase, produktiv gesetzt.

Laufender Unterhalt
Ein grosser Vorteil der Lösung besteht darin, dass die EDEKA ausser dem Download-Manager keine weitere externe Software installieren musste. Die Wartung der von EDEKA programmierten Schnittstellen ist unabhängig von Änderungen am Download-Manager, da dieser die Daten dateibasiert zur Verfügung stellt. Da Mitarbeitende aus den unterschiedlichsten Organisationseinheiten der EDEKA bereits bei der Konzeption und bei der Projekteinführung beteiligt waren, entstanden im laufenden Betrieb keine wesentlich neuen Anforderungen. Insbesondere die zusätzlich zum Datensatz erfolgte Übermittlung einer bildhaften Darstellung im Workflow (die optisch 1:1 der bisher verwendeten Papierrechnung entspricht) sorgt für eine sehr hohe Akzeptanz auf der Nutzerseite.


5. Erfahrungen

Nutzerakzeptanz
Die Erfahrungen, die in den ersten sechs Monaten gemacht wurden, sind uneingeschränkt positiv. Die transparente Darstellung des Prozesses der Rechnungsbearbeitung aus der Sicht der Lieferanten und die wesentlich schnellere Freigabe und damit auch Bezahlung der Rechnung, wird durch alle Beteiligten als positiv bewertet.

Auf Seiten der EDEKA werden die Veränderungen der Verantwortlichkeiten für die Prüfung und Freigabe der Rechnung ebenfalls als sehr positiv angesehen. Die Rechnungen werden nun sofort von den zuständigen Organisationseinheiten geprüft und freigegeben. Hierbei entfällt vor allen Dingen die manuelle Pflege von Positionsdaten pro Kostenstelle. Diese Daten werden nun übermittelt und direkt gebucht bzw. für das Controlling zur Verfügung gestellt. Den Mitarbeitenden, die vor der neu eingeführten Lösung in den Rechnungsprüfungsprozess eingebunden waren, wurden neue Aufgabenbereiche zugeordnet.

Zielerreichung und bewirkte Veränderungen
Grob geschätzt rechnet sich die Lösung für einen Lieferanten ab zehn Rechnungen, die er pro Jahr stellt. Unter dieser Grenze können eventuell Mehrkosten durch z.B. die Anschaffung eines Scanners auftreten, die im Abschreibungszeitraum des Anschaffungsobjektes nicht amortisiert werden können. Das Ziel ist es, alle Rechnungen auf elektronischem Wege abzuarbeiten. Hierzu sollen alle Lieferanten in Zukunft ihre Rechnungen über 1stbp auf elektronischem Wege einreichen. Bei EDEKA selbst ergaben sich die grössten Änderungen auf organisatorischer Ebene.

Investitionen, Rentabilität und Kennzahlen
Für den Lieferanten entstehen Kosten durch den Ausdruck und die Kuvertierung sowie für den Papiertransport und das Porto (ca. 1.80 Euro). Auf der Seite von EDEKA entstehen Kosten durch das Erfassen (OCR-Scannen) und das manuelle Bearbeiten der Rechnungen. Diese müssen steuerpflichtig geprüft, im Konzern verteilt und in der Buchhaltung erfasst werden.

Tab. 1: Mindestkosten für eine nicht-elektronische Rechnung

Tab. 1: Mindestkosten für eine nicht-elektronische Rechnung


Auf Seiten der Lieferanten wird ein Einsparungspotenzial von mehr als 0.55 Euro angesetzt, da wenigstens das Porto eingespart werden kann. EDEKA rechnet mit einem Einsparungspotenzial von mindestens einem Euro pro Papierrechnung. Bei einem Potenzial von 400'000 Rechnungen der ca. 440'000 jährlich anfallenden Eigenbedarfsrechnungen kann das in Tab. 2 aufgeführte Nutzenpotenzial ermittelt werden.

Tab. 2: Nutzenpotenzial der 440'000 Eigenbedarfsrechnungen

Tab. 2: Nutzenpotenzial der 440'000 Eigenbedarfsrechnungen


Dem gegenüber sind nun die Kosten für den Lieferanten von max. 0.28 Euro je Rechnung und eventuell neu entstandene Internetkosten anzusetzen. Ebenso müssen die Lieferanten eventuell einen Scanner kaufen, um mögliche Anlagen, die für die Rechnungslegung relevant sind, einzuscannen und diese auf elektronischem Weg zu versenden. Auf Seiten von EDEKA muss man den Einsparungen die Kosten für den laufenden Unterhalt gegenüber stellen, die sich auf ca. 20'000.- Euro pro Jahr belaufen. Somit werden mindestens 180'000.- Euro bei einer defensiven Umsetzung bzw. 380'000.- Euro bei einer optimalen Umsetzung pro Jahr eingespart. Nicht direkt eingerechnet ist, dass die Rechnungen nun wesentlich zeitnaher beglichen werden (Skontoausnutzung) und dass der neu geschaffene Prozess transparenter ist.


6. Erfolgsfaktoren

Spezialitäten der Lösung
Bei der Innovation im Bereich der Rechnungsabwicklung bei EDEKA handelt es sich um eine Lösung, bei der alle Beteiligten einen Mehrwert erzielen. Die Lieferanten können bei 1stbp jederzeit sehen, wie der Status ihrer Rechnung ist, ob die Rechnung korrekt war, ob sie bereits abgearbeitet und bereitgestellt oder bereits durch EDEKA heruntergeladen wurde. Von den Kunden der 1stbp können Felder definiert werden, auf die eine Rechnung von 1stbp untersucht wird.

Reflexion der „Business Collaboration“
Die Lieferanten, wie auch verschiedene Organisationseinheiten der EDEKA, befinden sich verteilt an unterschiedlichen Standorten. Der neue Prozess erlaubt, unabhängig vom Standort für alle Lieferanten gleich und kostengünstig Rechnungen über das Internet zu versenden. Der Zugriff von EDEKA auf die Rechungen erfolgt über 1stbp in mittelnder Position ebenfalls über das Internet, was zu einem transparenten Prozess für den Lieferanten führt. Die Zeitdauer, bis eine Rechnung bezahlt wird, hat sich signifikant verkürzt. Dies birgt gleichermassen Vorteile sowohl für die Lieferanten, da die Rechnung zeitnah beglichen wird, als auch für EDEKA, durch die Skontoausnutzung.

Lessons Learned
Bei einem nächsten Projekt würde man verstärkt darauf achten, dass die betroffenen Fachabteilungen, die nicht in die Planung des Projektes einbezogen waren, früher über die Planung und Entwicklung einer neuen Lösung informiert werden. Die Einführung einer Software, die Prozesse und in diesem Fall den Prozess der Rechnungsabwicklung signifikant vereinfacht, musste auch organisatorisch Änderungen nach sich ziehen. Bei EDEKA wurde hierbei ein komplexer, mehrstufiger und intransparenter Prozess, der mehrere Organisationseinheiten betraf, zu einem einfachen und transparenten Prozess umgewandelt, von dem nur noch wenige Organisationseinheiten betroffen sind.


Owner/s of the solution

EDEKA Minden-Hannover Holding GmbH
Maik Behnke, Leiter Konzernqualitätsmanagement
Industry: Wholesale & retail trade
Company size: large-scale enterpriseEDEKA Minden-Hannover Holding GmbH

Solution partner/s

Achim Kaufmann, Geschäftsführer
First Businesspost GmbH

Case study author/s

Achim Dannecker, Ulrike Lechner
Universität der Bundeswehr München

30. August 2007
Dannecker; Achim; Lechner; Ulrike (2007): Fallstudie EDEKA Minden-Hannover; in: Wölfle; Ralf; Schubert; Petra (Hrsg.): Business Collaboration Standortübergreifende Prozesse mit Business Software; S. 177 - 190; München: Hanser Verlag; 2007
PDF zur Fallstudie, wie diese in der eXperience Buchreihe erschienen ist.
1816
edeka-1stbp
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1816-edeka-1stbp
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