Entwicklung des E-Government beim Kanton Basel-Stadt
Die Verwaltung des Kantons Basel-Stadt besteht aus sieben Departementen: Baudepartement, Erziehungsdepartement, Finanzdepartement, Justizdepartement, Polizei- und Militärdepartement, Sanitätsdepartement sowie Wirtschafts- und Sozialdepartement. Die Staatskanzlei als allgemeine Stabsstelle ist das Generalsekretariat des Regierungsrats. In der Verwaltung im engeren Sinne, d.h. ohne pädagogische Einrichtungen, ohne Gesundheitswesen und ohne Betriebe, sind rund 8'000 Mitarbeiter/innen beschäftigt [1].
(Leiter der Fachstelle E-Government, Staatskanzlei Kt. Basel-Stadt)
Nebst den allgemeinen Stabsaufgaben gehört zur Staatskanzlei auch der Stadtladen [2] ("reeller" One-Stop-Shop ), der den Bürger/innen als Anlaufstelle den Zugang zur Verwaltung erleichtern soll. Ein aktuelles Projekt bei der Staatskanzlei Basel-Stadt ist die Entwicklung des E-Governments. Unter E-Government wird der Kontakt von Personen und Unternehmen zur Verwaltung sowie von Verwaltungen untereinander mittels des Internets verstanden, wobei dieser vom blossen Anbieten von Informationen bis zur vollständigen elektronischen Geschäftsabwicklung, inklusive der internen Weiterverarbeitung, gehen kann. Die Gesamtkoordination des E-Government-Prozesses in der kantonalen Verwaltung wird durch die Fachstelle E-Government unter der Leitung von Juri Weiss sichergestellt.
[1] Diese Fallstudie basiert auf einem Gespräch zwischen den Autoren und Juri Weiss (Leiter der Fachstelle E-Government), Georges Hatt (Leiter der Koordinationsstelle Informatik und Sekretär der Informatik-Konferenz) und Jean-Claude Hauser (Leiter der Gruppe Internet/Intranet, Zentrale Informatik-Dienststelle). Das Gespräch fand am 16. Juni 2002 in Basel statt und dauerte zwei Stunden. Weitere Grundlagen für das Gespräch sind der "Ausgabenbericht betreffend Finanzmittel für Sofortmassnahmen und konzeptionelle Arbeiten im Bereich E-Government (Aktionsplan I)", "E-Government - Kanton Basel-Stadt: Standortbestimmung, Visionen und Informationsaustausch, Bericht über die Klausur vom 27. April 2001", und "E-Government im Kanton Basel-Stadt: Strategie und Aktionsplan".
[2] www.bdm.bs.ch/
Table of Contents
1. Organisation und Wettbewerb2. Umgang mit neuen Technologien
3. Stand und Vision im E-Business
E-Government Strategie, Lebenslagenprinzip, guichet basel, One-Stop-Shopping,
4. Organisation des E-Business
Budget
5. Wirksamkeit des E-Business
6. Herausforderungen im E-Business
E-Government Komponenten
7. Fazit
E-Government Erfolgsfaktoren
1. Organisation und Wettbewerb
Der dezentrale Charakter der kantonalen Verwaltung mit den Departementen und Ämtern sowie den verwaltungsnahen Betrieben wie Spitälern und Universitäten erschwert eine Koordination der E-Government-Aktivitäten erheblich (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Organigramm Kanton Basel-Stadt (vereinfacht).
Da bisher keine Vorgaben gemacht wurden, ist die Heterogenität in der Nutzung des Internets gross. Jedes Amt hat seine eigene Identität und versucht diese auf dem Internet abzubilden. Dadurch sind kaum Synergien nutzbar. Die Aufgabe der neu geschaffenen Fachstelle E-Government ist, sich einen Überblick über die laufenden Projekte zu verschaffen und ein Corporate Design zu erarbeiten, wenngleich die Departemente und Ämter ihre Websites weiterhin selbst betreuen.
Die Abteilung Zentrale Informatik-Dienststelle (ZID) ist verantwortlich für Anwendungsentwicklungen, das Internet-Service-Providing, Kommunikationseinrichtungen, Kommunikationsdienste, die Telefonie, das Internet, das Intranet und den technischen Betrieb der Server. Die ZID ist dem Finanzdepartement angegliedert. Die Departemente arbeiten zu 60% mit der ZID und zu 40% mit externen Leistungserbringern zusammen. Dabei muss man zwischen gesetzten Produktgruppen wie Telefonie oder Netzwerk unterscheiden, die von der ZID betrieben werden, und freien Produktgruppen, bei denen freier Wettbewerb herrscht. Dort steht die ZID immer in direkter Konkurrenz mit externen Dienstleistern. Die ZID hat keine Monopol- oder Vorrechtsstellung gegenüber den Konkurrenten, sondern kann auf eine Ausschreibung mit einer Offerte reagieren, genau so wie Externe. Da sich die interne Rechnungsstellung noch nicht etabliert hat, ist die Finanzierung der ZID zuweilen schwierig zu rechtfertigen. Bis 2004 soll dies mit der Einführung von New-Public-Management behoben werden.
Als Gemeinwesen kennt die Verwaltung des Kantons Basel-Stadt keine direkte Konkurrenz. Die Bürger/-innen können die Leistungen nicht von einer anderen Verwaltung beziehen. Einzig im Bereich der Standortattraktivität steht sie mit anderen Städten im indirekten Wettbewerb.
Die Kunden des Kantons Basel-Stadt sind alle Anspruchsgruppen, die in dessen Versorgungsgebiet leben und Leistungen von der Verwaltung beziehen wie bspw. Passverlängerung, Ummeldung etc.
2. Umgang mit neuen Technologien
Obwohl der Kanton Basel-Stadt mit dem Internetauftritt 1995 zu den ersten zählte, fehlten bis im Herbst 2001 eine umfassende Strategie und die konzeptionellen Grundlagen. In den letzten Jahren wurde denn auch die Weiterentwicklung zu E-Government kaum nachvollzogen. Im Vergleich zum nationalen Spitzenfeld (Kt. Genf und Kt. Zürich) hat sich der Kanton Basel-Stadt eher spät mit dem Thema E-Government befasst. Dadurch musste ein Rückstand in der konzeptionellen Vorarbeit von einem bis zwei Jahren festgestellt werden. Durch die Aktivitäten des Bundes und anderer Kantone, aber auch im Rahmen der internationalen Standortkonkurrenz ist der Kanton Basel-Stadt in Zugzwang geraten. Im Moment findet das Thema E-Government in der Regierung des Kantons grosse Beachtung. Zudem wurde der Kanton in einer Untersuchung des Computerherstellers Hewlett Packard (Schweiz) AG und der Unternehmensberatungsfirma Consulting World AG vom Juni 2002 als bester Kanton in Sachen E-Government erkoren. Der Regierungsrat ist allerdings der Meinung, dass der Kanton nicht zu den First Movers gehören sollte. Besser, man wartet ab, "bis sich jemand anderer die Finger verbrennt". Georges Hatt sieht das Problem darin, dass der Wandel in den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien mit einer so grossen Geschwindigkeit voranschreitet, dass man die Wellen kaum mehr verfolgen kann. Insbesondere wenn man die Verantwortung für den Betrieb der Informatik hat, muss man sich Zeit lassen. Aufgrund der Monopolstellung gegenüber den Bürger/-innen ist auch der Druck zum Einsatz von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien zur Differenzierung nicht gross. Ziel der Fachstelle E-Government ist, unter die besten sechs Kantone zu kommen.
Die dezentrale Struktur hat sehr viele innovative Projekte von hoch motivierten Stellen hervorgebracht, verhindert aber den Gedanken der Vernetzung. Kompetenzüberschreitungen sind in den Verwaltungsstellen ungern gesehen, und die Ämter lassen sich nicht gern Vorschriften über die Nutzung des Internets machen. Die Fachstelle E-Government muss vorerst eine breite Akzeptanz für das Vorgehen schaffen. In einer Voruntersuchung konnte gezeigt werden, dass einzelne Ämter sehr viel Initiative zeigen, andere eher wenig. In dieser Voruntersuchung wurde auch der grosse Bedarf nach Koordination zwischen den verschiedenen Aktivitäten deutlich.
3. Stand und Vision im E-Business
Die Entwicklung und Realisierung von E-Government ist ein laufender Prozess, der 1996 mit elementaren Informationsangeboten begonnen hat und jetzt in die Phase kommt, in der elektronische Transaktionen durchgeführt werden können.
Die Initiierung des E-Government-Prozesses bedingt bedeutende Vorinvestitionen, die sich nicht durch Einsparungen amortisieren lassen. Das heisst, in den ersten Phasen werden Zusatzangebote für die Kommunikation zwischen der Verwaltung und ihrer Kundschaft geschaffen, ohne dass an anderer Stelle ein Abbau von Dienstleistungen möglich ist.
Der Kanton Basel-Stadt verfügt über ausgezeichnete infrastrukturelle Voraussetzungen. Auf dieser Basis steht der Ausbau des Informationsangebotes in den drei Anwendungsfeldern Alltag, Behördenverkehr und politische Partizipation im Vordergrund. Erst in der zweiten Phase sollen Kommunikation, Transaktion und sogar Integration und Transformation im Anwendungsfeld Alltag implementiert werden (vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2: Ausbau der E-Government-Angebote.
Der Regierungsrat verabschiedete für die weiteren Schritte am 25. September 2001 eine Strategie mit zehn Punkten zur Umsetzung von E-Government:
- Der Regierungsrat misst E-Government eine hohe politische Priorität zu.
- E-Government soll zur erhöhten Standardattraktivität führen.
- Die E-Government-Angebote werden gemäss den Prinzipien der konsequenten Kundenorientierung realisiert.
- Es erfolgen laufend Bedürfnisabklärungen sowohl bei Kunden als auch bei der Verwaltung.
- Der Ausbau der Angebote bleibt in der Verantwortung der Ämter. Das Portal und ein Style-Guide sorgen für eine durchgehende Vernetzung.
- Neue Informatiksysteme müssen den Anforderungen der heutigen Infrastruktur genügen.
- Der Kanton fördert die Kompetenz der Bürger/-innen im Umgang mit den neuen Medien.
- Das Vertrauen der Nutzer in die Angebote soll gefördert werden.
- Auch den Nichtangeschlossenen soll der Zugang zu den Verwaltungsleistungen gewährleistet bleiben.
- Die Zusammenarbeit mit dem Bund und anderen Kantonen soll gefördert werden, um Synergien zu realisieren.
In einem ersten Schritt werden für die Bürger/-innen (Government-to-Consumer G2C) die Lücken im bestehenden Informationsangebot geschlossen und die Angebote besser zugänglich gemacht und vernetzt. Die Informationen sollen gemäss dem Lebenslagenprinzip [3] zur Verfügung gestellt werden. Dazu sind Sofortmassnahmen zur Vereinheitlichung des "look and feel" der einzelnen Departements- und Amtswebsites geplant. Ein Style-Guide gibt inhaltliche und technische Vorgaben. Die Internetauftritte verbleiben aber weiterhin in der Verantwortung der Ämter und Dienststellen. Um den Bürger/-innen nicht eine komplizierte, am Aufbau der Verwaltung orientierte Struktur zumuten zu müssen, wird auf dem Portal www.bs.ch unter dem Titel "guichet basel" ein neuer Zugang geschaffen, der die Angebote so zeigt, wie es sich die Bevölkerung aus dem tatsächlichen Leben gewohnt ist (z.B. bei der Planung einer Heirat gehen die Bürger/-innen statt über "Justizdepartement", "Zivilstandsamt", "Eheabteilung" direkt zu "Heirat"). Eine erste Version soll vorwiegend mit internen Ressourcen umgesetzt werden. Ob daraus Effizienzsteigerungen für die Verwaltung abgeleitet werden können, ist fraglich, da parallel immer noch alle Informationen offline angeboten werden müssen. Doch aufseiten der Bürger/-innen erwartet die Fachstelle grosse Akzeptanz, weil die Verwaltung greifbarer wird. Sie geht davon aus, dass 70% bis 90% der Bedürfnisse durch ein gutes Informationsangebot abgedeckt werden.
Erst später soll das Prinzip des One-Stop-Shopping umgesetzt werden [4]. Die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für eigentliche Transaktionen müssen aber erst noch geschaffen werden.
Anders als bei den Bürger/-innen steht beim elektronischen Behördenverkehr zwischen Verwaltungsstellen (Government-to-Government G2G) die Transaktion und Integration im Vordergrund. Dabei können die Verwaltungsstellen auf gleicher Stufe stehen oder aber verschiedenstufigen Gemeinwesen angehören. Früher herrschten proprietäre Punkt-zu-Punkt-Verbindungen vor. Durch den Einsatz von Internettechnologien kann die Effizienz gesteigert werden. Die redundante Datenhaltung soll durch die Integration der Datenbestände minimiert werden. Die Integration ist ein zweischneidiges Schwert. Mit der Integration wird der Handlungsspielraum der einzelnen Ämter eingeschränkt, gleichzeitig können Effizienzsteigerungen durch eine zentrale Datenhaltung realisiert werden. Deshalb hat man sich mit dem Konzept des Datenmarkts für eine zentralisierte Dezentralisation entschieden, die zentral dafür sorgt, dass dezentral der grösste Nutzen entsteht.
Für alle Applikationen im Bereich G2C oder G2G ist eine effiziente Sicherheitsinfrastruktur eine Voraussetzung, die noch geschaffen werden muss.
4. Organisation des E-Business
Die Fachstelle E-Government besteht aus dem Beauftragten für E-Government Juri Weiss. Er ist dem Staatsschreiber unterstellt. Die Fachstelle ist verantwortlich für die Koordination des gesamten E-Government-Prozesses im Kanton Basel-Stadt sowie für die Erfüllung der zentralen Aufgaben:
- Durchführung von Bedürfnisabklärungen bei den Bürger/-innen
- Aktionsplan für die einzelnen Projekte
- Konzepte für die Projekte im Rahmen des Aktionsplans
- Erarbeitung eines Style-Guide
- Prüfung aller E-Government-Projekte auf Konformität mit der Strategie und Einhaltung des Style-Guide
- Laufende Pflege und Administration des Portals www.bs.ch
- Strukturierung und Definition der Lebenslagen des "guichet basel"
- Laufende Abstimmungen mit den Projekten des Bundes und den Landgemeinden
- Organisation und Durchführung von verwaltungsinternen Fachtagungen zur Sensibilisierung der Mitarbeiter/-innen
- Beratung der Verwaltungsstellen im Zusammenhang mit E-Government
Die Fachstelle kann für einzelne Aufgaben im Rahmen des Budgets externe Unterstützung und Beratung beiziehen.
Die Fachstelle arbeitet eng mit der Informatikkonferenz zusammen. Der Aufbau und der Betrieb der für E-Government nötigen Informatikinfrastruktur wird durch die ZID sichergestellt. Die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen wird durch das Justizdepartement betreut. Die Fachstelle begleitet dieses Vorhaben.
Jährlich muss die Fachstelle E-Government dem Regierungsrat über den Stand der Entwicklung berichten und ihm den aktualisierten Aktionsplan unterbreiten.
Koordinationsmechanismen auf der strategischen und operativen Ebene sind noch im Aufbau. Während in der Pionierphase jedes Amt sehr grossen Handlungsspielraum bezüglich des Einsatzes von Internettechnologien gehabt hat, ist jetzt der Bedarf nach Konsolidierung und Vernetzung vorhanden. Deshalb soll zwischen den Ämtern, die Initiativen zur Nutzung des Internets planen, ein Netzwerk aufgebaut werden.
Die ZID hat im April 2002 IT-Architektur-Richtlinien für Anwendungen formuliert (Zonierung, Kommunikationsprotokolle, Authentisierung etc.).
Auf strategischer Ebene wirkt die Informatikkonferenz, in der E-Government ein festes Traktandum ist, als Koordinationsinstrument. Die Fachstelle nimmt an den Konferenzen jeweils teil. Die Informatikkonferenz trifft Vorentscheidungen, die vom Regierungsrat definitiv abgesegnet werden. Meist folgt der Regierungsrat der Empfehlung der Informatikkonferenz.
Auf konzeptioneller Ebene sind zwei Koordinationsmechanismen geplant: Erstens soll eine Umfrage in der Bevölkerung und der Wirtschaft Einsicht in die latenten Bedürfnisse geben. Zweitens wird eine Erhebung bei den Verwaltungsstellen über die laufenden Projekte durchgeführt. Aus diesen zwei Erhebungen werden mittels einer Clusteranalyse konkrete Anwendungsfelder von E-Government evaluiert. Diese sollen dem Regierungsrat zusammen mit Kosten-Nutzen-Überlegungen vorgelegt werden, um gezielt Investitionen zu tätigen.
Das Budget für E-Government setzt sich aus zentralen und dezentralen Teilen zusammen. Das Investitionsbudget 2001 für die Fachstelle E-Government betrug 420'000 Franken. Der ZID standen für die Konzipierung der IT-Architektur 200'000 Franken zur Verfügung. Daneben müssen die Ämter die Budgets für ihre eigenen Initiativen selbst beim Regierungsrat beantragen.
5. Wirksamkeit des E-Business
Mit E-Government verfolgt der Kanton Basel-Stadt zwei Ziele: In einem ersten Schritt soll ein Zusatznutzen für die Bürger/-innen geschaffen werden, indem ein zusätzlicher Kanal für die Abwicklung von Geschäften mit der Verwaltung zur Verfügung steht. Davon verspricht man sich eine erhöhte Standortattraktivität. Eine Einsparung an Ressourcen erwartet man erst mit den Stufen Transaktion und Integration.
Betrachtet man die Wirksamkeit auf Ebene der einzelnen Projekte in den Verwaltungsstellen, zeigt sich folgendes Bild: Innerhalb des Kantons verfolgen alle dieselben Ziele mit dem Einsatz von Internettechnologien: Einerseits geht es um die Verbesserung der Kommunikation nach aussen, andererseits wird eine Integration der Prozesse angestrebt. Zurzeit werden mehr Projekte in Angriff genommen, die zur Steigerung der Effektivität beitragen: Verbesserung der Information und Kommunikation, Steigerung der Innovationsfähigkeit und Wissensvermittlung. Effizienzsteigerungen wie bspw. Kostensenkungen und Beschleunigung der Prozesse werden nur selten realisiert.
Das Problem ist, dass sich die Komplexität der Prozesse von Jahr zu Jahr durch die sprunghafte Zunahme der Spezialfälle erhöht. Diese Komplexität "frisst jeden Effizienzgewinn der Informatisierung gleich wieder weg".
6. Herausforderungen im E-Business
Die Fachstelle E-Government sieht die Herausforderungen auf zwei Ebenen: Auf der operativen Ebene soll in den nächsten zwei bis drei Jahren die Vernetzung im Portalbereich zum "guichet basel" gelingen. Dazu muss noch einiges an Überzeugungsarbeit bei den Verwaltungsstellen geleistet werden. Die Fachstelle muss aufzeigen, dass den Kunden die Hierarchien der Verwaltung nicht interessieren, sondern dass er alle Leistungen aus einer Hand will. Dazu muss der Föderalismus und das "Gärtlidenken" in den Ämtern überwunden und der Kooperationswille intensiviert werden.
Die Weiterentwicklung des E-Governments auf der strategischen Ebene erachtet die Fachstelle als schwieriger und kostenintensiver. Es kommen viele unberechenbare Komponenten ins Spiel:
- die technische Komponente,
- die politische Komponente,
- die rechtliche Komponente und
- die gesellschaftliche Entwicklung.
Es geht darum, all diese Entwicklungen im Auge zu behalten und aufeinander abzustimmen.
Im Gegensatz zur Informatik, die sich etabliert hat, muss die Fachstelle bei E-Government immer wieder den Nutzen erkennbar machen. Dabei gerät sie zum Teil in einen Argumentationsnotstand, weil Verbesserungen nicht immer offensichtlich und vorhersehbar bzw. gar nicht erwünscht sind wie der Ersatz von günstigem Personal zur Datenerfassung durch teure IT-Spezialisten.
Parallel zu den Entwicklungen des E-Governments werden die internen Abläufe im Moment optimiert. Die softwaretechnische Unterstützung der Workflows ist schwierig. Dies liegt einerseits an den Produkten, andererseits an der differenzierten Arbeitsstruktur in der Verwaltung. Die Ämter "behindern" sich gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag gegenseitig, um sich "auf die Finger zu klopfen" und die Richtigkeit der Abläufe sicherzustellen.
7. Fazit
E-Government bringt nicht nur neue Möglichkeiten der Interaktion zwischen Bürger/-innen und Kanton mit sich. Es löst auch grosse Veränderungsprozesse innerhalb der Verwaltung aus. Es verstärkt die Forderungen des New-Public-Management. Prozesse, Kompetenzen und Verantwortungen werden neu definiert, Kooperation zwischen den Verwaltungsstellen wird nötig. Diese Veränderungen können Ängste bspw. vor Kompetenzverlust und dadurch Widerstände auslösen, wenn es nicht gelingt, den Wandel mit geeigneten Massnahmen zu begleiten.
Folgende Faktoren können den Erfolg beeinflussen [5]: Ein Gefühl für die Dringlichkeit vermitteln: Damit der Stein ins Rollen gebracht werden kann, muss jeder einzelne Mitarbeitende in der Verwaltung das Gefühl erhalten, dass eine Veränderung dringend nötig ist. Solange der Druck von der Bürgerin oder dem Bürger fehlt, weil er oder sie ein "Zwangskunde" ist, ist den Verwaltungsstellen die Notwendigkeit für E-Government nicht deutlich ersichtlich.
- Eine genügend mächtige Veränderungskoalition bilden: Der Regierungsrat muss dem Projekt E-Government eine hohe politische Priorität einräumen.
- Eine klare Vision formulieren und kommunizieren.
- Das E-Government systematisch planen: Mit der Verabschiedung des Aktionsplans im Regierungsrat wurde die Planung gut begonnen.
- Veränderungen in der Kultur verankern: E-Government und die Prinzipien des NPM müssen in der Verwaltungskultur verankert werden. Dieser Prozess braucht viel Zeit.
Die Fachstelle muss in diesem Prozess die Rolle des Change-Agent wahrnehmen und als Fach- und Prozesspromotor die Veränderung begleiten und vorantreiben. Hinter ihm muss der Regierungsrat als Machtpromotor stehen, der den Verwaltungsstellen auch das nötige Gefühl für die Dringlichkeit vermittelt
[3]
Das Lebenslagenprinzip ignoriert die Verwaltungsstruktur und richtet sich konsequent nach Kundenbedürfnissen. Es vereinfacht nicht primär die verwaltungsinternen Prozesse, sondern erhöht die Dienstleistungsqualität und entlastet die bestehenden Auskunftsstellen. Vgl. www.iwv.ch/ccegov, Stand 5.8.2002.
[4]
"Der Behördenschalter, an dem die Bürgerin oder der Bürger alle gewünschten Dienstleistungen - völlig unabhängig von der Zuständigkeit der Verwaltungen - aus einer einzigen Hand erhält, ist die Idealvorstellung von einer modernen Verwaltungsdienstleistung: den neuen Pass genauso wie die Baugenehmigung oder eine Gesetzesauskunft. Bei diesem so genannten One-Stop-Shop kann es sich sowohl um ein "konventionelles" Bürgerbüro handeln, bei dem die Anliegen im persönlichen Gespräch geklärt und abgehandelt werden, als auch um komplexe Internetauftritte, die interaktiv auf die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger eingehen." www.iwv.ch/ccegov, Stand 5.8.2002.
[5]
Thom, N., Wenger, A. P., Zaugg, R. J.: Fälle zu Organisation und Personal, Paul Haupt, Bern, 1998.