Integration steigert die Wertschöpfung im Gebrauchtwagenhandel bei der Fiat Händlerservice

16. September 2003



Den Reibungsverlusten beim Datenaustausch zwischen unterschiedlichen Systemen begegnet die Fiat Automobil AG mit dem Aufbau einer standardisierten Schnittstellenarchitektur auf der Basis moderner Web-Technologien. Ihre Anstrengungen gelten aber nicht nur konzernintern; sondern auch dem Partnernetz. Beispiel Händler; insbesondere im Bereich Gebrauchtwagen: Sie greifen via .NET-basierte Web Services auf globale Fiat-Datenquellen zu. Die von der Bassier; Bergmann & Kindler GmbH und der Avinci – The Know-How Company in Ratingen realisierte Lösung legt den Grundstein für die Integration diverser Anwendungen bei den Händlern; vermeidet redundante Datenerfassungen und spart künftig auch Hard- und Softwareinvestitionen.


1. Das Unternehmen

Mit weltweit 448.000 verkauften Einheiten erzielte Fiat Auto im zweiten Quartal 2003 einen Umsatz von 5,221 Milliarden Euro. Damit behauptet der italienische Autobauer trotz äußerst schwieriger Marktbedingungen in Europa einen Pkw-Marktanteil von 7 Prozent. In Italien liegt dieser Wert sogar bei 28 Prozent.


2. Ausgangslage und Problemstellung

Fiat Interface Technology (FIT) - der Name ist Programm: Er steht für eine konzernweite Integrationsstrategie, die auf eine zukunftsoffene Schnittstellenarchitektur zielt. Sie soll unter anderem den Datenstau zwischen unterschiedlichsten Systemen und Anwendungen endgültig beseitigen.

Vereinheitlichung der Datenkommunikation
Zu den wichtigsten Begriffen, die in den FIT-Direktiven immer wieder auftauchen, gehören die Quasi-Standards XML (Extensible Markup Language) und SOAP (Simple Object Access Protocol): Sie bilden die Basis für die Vereinheitlichung der Datenkommunikation, mit der Fiat auf die wachsende Komplexität einer zumeist heterogenen Systemlandschaft antwortet. Und weil der Automobilhersteller die Wertschöpfung seiner Produkte über den gesamten Lebenszyklus hinweg unterstützt, bleibt die Orientierung auf moderne Web-Technologien auch nicht auf die eigenen Unternehmensgrenzen beschränkt. Im Gegenteil: „Auch externe Partner liegen im Fokus der FIT-Strategie – wovon die Händler im Bereich Neu- und Gebrauchtwagen in besonderer Weise profitieren werden“, sagt Andreas Schroeter, bei Fiat für das Produkt Webdesigner verantwortlich.

Mit dem Webdesigner wird den Händlern ein zentrales Instrument zur Pflege ihrer Online-Präsenzen an die Hand gegeben. Die Lösung hilft bei der Erstellung individueller und dennoch Fiat-spezifischer Websites. So können die Händler einen Vertriebskanal für ihre Gebrauchtwagen etablieren – einfach und unkompliziert über angeschlossene Fiat-Systeme und Internet-Gebrauchtwagenbörsen. Der Webdesigner wird offiziell im Händlernetz der Fiat Automobil AG eingesetzt. Verantwortlich für seine Entwicklung und Betreuung ist die Fiat Händlerservice GmbH, Bereich Teamsys - ein hundertprozentiges Unternehmen der Fiat-Gruppe und zuständig für Serviceentwicklungen, von denen sowohl die Fiat Automobil AG als auch das zugehörige Händlernetz profitieren.

Das Produkt Webdesigner löst Integrationsprobleme: Die Kommunikation zwischen den In-house-Systemen für das Management von Kunden- und Fahrzeugdaten untereinander sowie mit der globalen Fiat-Datenquelle, der FIT-Datenbank, verlief zumeist über fest programmierte Schnittstellen. Deren aufwändige Entwicklung hatte zuvor nicht nur die Einführung der betroffenen Anwendungen hinausgezögert, sondern auch deren Anschaffung erheblich verteuert. Laut Gartner Group entfiel bisher gut ein Drittel der Gesamtkosten eines IT-Projekts auf die Realisierung starrer Point-to-Point-Schnittstellen. Sie schufen dadurch zusätzliche Abhängigkeiten, weil sie die Händler an bestimmte Systeme und deren Hersteller banden.

Manuelle Arbeit blieb dennoch mehr als genug zu tun. Etwa bei der Übernahme von Fahrzeugdaten aus einem Händler- in ein externes Gebrauchtwagen-Bewertungssystem. Das geschah nicht selten durch einfaches Abtippen von einem System in das andere. Die resultierenden Probleme solch redundanter Datenhaltung sind hinlänglich bekannt: hoher Zeitaufwand und Erfassungsfehler.


3. Web Services als Motor der Integration

Für Fiat-Vertragshändler wandelt sich diese Situation jetzt grundlegend: Ob Zugriff auf die globale FIT-Datenbank oder Anbindung an populäre Portale wie autoscout24, mobile oder autoexpert, das Gebrauchtwagen-Bewertungssystem der Deutsche Automobil Treuhand GmbH oder die Leasing Services der deutschen FIAT BANK – die gesamte Datenkommunikation erfolgt künftig über ein einheitliches, FIT-konformes Web-Interface. Michael Bassier, dessen Agentur Bassier, Bergmann & Kindler, Oberhausen, die Fiat-Händlerlösung entwickelt hat und zudem aktiv an der Erarbeitung von FIT beteiligt war, sieht in den konzernweiten Schnittstellenstandards bei Fiat einen großen Schritt in die die Richtung einer offenen, zugleich aber hochintegrierten Infrastruktur. „Die Zeit war einfach reif für die Fiat Interface Technology“, sagt Michael Bassier.

Technologisch reif war vor allem auch das Web Service-Konzept, das sich eng an die Standards SOAP und XML anschließt. Der Grundgedanke des Konzepts besteht darin, Softwarefunktionen plus benötigte Daten weitgehend sprach- und plattformunabhängig im Internet bereitzustellen. Die konkrete Implementierung - welche Programmiersprache oder welches Betriebssystem - spielt aus Sicht der Client-Applikation dann keine Rolle mehr. Web Services eignen sich daher ideal zur Kopplung verteilter Systeme und sind „eine ungleich kostengünstigere Alternative zu herkömmlichen Schnittstellen. Sie bürgen zudem für Offenheit und Zukunftssicherheit der lose gekoppelten Infrastruktur“, meint Michael Bassier.

Abbildung 1: .NET basierte Web Services vermitteln zwischen Backend und Business-Logik

Abbildung 1: .NET basierte Web Services vermitteln zwischen Backend und Business-Logik


Die Webdesigner-Lösung für Automobil-Händler, die in seinem Haus betrieben wird, ist ein überzeugender Beleg für diese These. Denn Web-Services sorgen hier für die Kommunikation zwischen den Applikationen des Webdesigner und der extern gehosteten Fiat-Datenbank. Aus Performancegründen ist bei Bassier, Bergmann & Kindler eine Art Cache zwischengeschaltet, eine Microsoft SQL Server 2000-Datenbank, die einen für die Händler relevanten Ausschnitt der globalen FIT-Datenbank enthält. Soll zum Beispiel ein Fahrzeug nicht nur auf der Site des Händlers, sondern auch in einem Gebrauchtwagen-Portal angeboten werden, liefert ein Web Service die zugehörigen Fahrzeugdaten automatisch an die FIT-Datenbank. Dort werden sie entsprechend weiterverarbeitet. Die Details muss die Webdesigner-Applikation nicht wissen. Wurde das Fahrzeug zwischenzeitlich verkauft, sorgt der Web Service auf analogem Wege dafür, dass die Daten im Portal wieder entfernt werden. Nach dem gleichen Muster erfolgt die Datenübermittlung auch in umgekehrter Richtung, etwa wenn es um die Aktualisierung von Kundendaten geht.


4. Technik Spot Lights

SOAP
Das Simple Object Access Protocol definiert die Nutzung von XML und dient überwiegend als reines Austauschprotokoll. Frei von jeder speziellen Anwendungssemantik schafft es so Verbindungen zwischen heterogenen Systemwelten. Weil SOAP über HTTP Ports läuft, werden auch Firewalls problemlos überbrückt.

Bewusst wurde SOAP so einfach wie möglich gehalten und manch wünschenswert erscheinender Aspekt ausgeschlossen. Denn das Ziel war ein extrem leichtgewichtiges, plattform- und herstellerunabhängiges Protokoll, das die Forderungen nach Interoperabilität und hoher Performance gleichermaßen erfüllen kann.

Visual Studio .NET 2003
Problemlos kann die neue Version der .NET Entwicklungsumgebung neben Visual Studio 1.1 installiert werden. Schon beim ersten Start können somit alle persönlichen Einstellungen automatisch übernommen werden. Äußerlich sind kaum Unterschiede sichtbar. Doch unter der Oberfläche hat sich einiges getan: Neu ist zum Beispiel ein Tool, dass das Dekompilieren des prozessorunabhängigen Zwischenkodes von .NET erschwert. Urheberrechte werden so besser geschützt.

Als neue Sprache ist nun J# fest integriert. Visual C++ verfügt jetzt über neue Projektarten, was den Zugriff auf die Windows.Forms Bibliothek enorm erleichtert. Der Designer für Windows-Applikationen ist übrigens der gleiche wie für Visual Basic.NET und C#. Auch für diese Sprache gibt es Neuerungen, die einerseits die Codeerzeugung beschleunigen und andererseits das Debugging verbessern.


5. Realisierung

Realisiert wurde die Anbindung von der Bassier, Bergmann & Kindler GmbH in Zusammenarbeit mit der Avinci Niederlassung in Ratingen, die als Berater ebenfalls in den FIT-Gremien bei Fiat vertreten war. Der zertifizierte Microsoft-Partner ist auf Systemintegration spezialisiert und offeriert praxiserprobtes Know-how aus dem Umfeld der neuen Microsoft-Technologie: „.NET hat sich bei uns als eine ideale Basis für die Entwicklung von Web Services erwiesen“, berichtet Nils Haberland, bei Avinci für das Webdesigner-Projekt verantwortlich.

Keine andere Technologie-Plattform bietet eine derart durchgängige Unterstützung für verteilte Web-Anwendungen rund um die Standards SOAP und XML. Beispielsweise erzeugt die Entwicklungsumgebung Visual Studio .NET aus einer so genannten WSDL-Datei (WSDL = Web Service Description Language) automatisch den fertigen Programmcode, der auf dem .NET Framework unmittelbar ausgeführt werden kann. Eine solche WSDL-Datei beschreibt in stark formalisierter Form die technischen Integrationsanforderungen für den Webdesigner. „Die automatische Code-Generierung mit Visual Studio .NET hat die Schnittstellenentwicklung um Größenordnungen beschleunigt, stellenweise um den Faktor vier bis fünf“, ist Nils Haberland begeistert. „Derart enorme Entwicklungsgeschwindigkeiten kenne ich sonst nur vom Rapid Prototyping.“ Als Programmiersprache diente im konkreten Fall C#, die objektorientierte ‚Muttersprache’ von .NET. „Deutlich einfacher erlernbar als C++ und dabei ungleich leistungsfähiger als Visual Basic“, wie Nils Haberland meint.

Für ihn haben alle Aspekte, die das Entwicklungstempo beschleunigen, einen besonders hohen Stellenwert. Denn sie schlagen direkt auf die Entwicklungskosten durch: „Die Gesamtkosten für die Schnittstellenentwicklung sind mit Visual Studio .NET um rund 50 Prozent gesunken“, bestätigt der Avinci Senior Consultant.


6. Nutzen der Lösung

Investitionskosten sinken
Web Services machen teure Schnittstellen künftig überflüssig. „Beim Einsatz eines neuen Dealer-Systems ersparen sie unseren Händlern nicht nur die entsprechenden Entwicklungskosten, sondern lassen auch alle Optionen für die Auswahl eines neuen Systems offen“, konstatiert Andreas Schroeter von der Fiat Händlerservice GmbH, Bereich Teamsys. Immer mehr Anwendungen wandern ins Web, wie jüngst zum Beispiel die Leasing-Kalkulation. Als Hardwareausstattung genügen dafür internetfähige PCs mit einem Browser. Kostspielige Server müssen die Händler perspektivisch also nicht länger betreiben.

Weniger Aufwand, weniger Fehler
In vielen Fällen kostet der Datenaustausch zwischen unterschiedlichen Anwendungen schon heute nur noch wenige Mausklicks. Das mehrfache manuelle Erfassen gleicher Daten gehört somit der Vergangenheit an - und ebenso der damit verbundene Aufwand. Zugleich werden frühere Fehlerquellen stillgelegt und so die Qualität der Daten verbessert.


Owner/s of the solution

Fiat Händlerservice GmbH
Andreas Schroeter, Projektleiter
Industry: Other services
Company size: Medium-sized enterpriseFiat Händlerservice GmbH

Solution partner/s

Michael Bassier, Berater
Bassier, Bergmann & Kindler
Nils Haberland
Avinci AG

Case study author/s

Microsoft Deutschland GmbH
Microsoft Deutschland GmbH

16. September 2003
Microsoft Deutschland GmbH

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1943
ms-fiat
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1943-ms-fiat
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