Coop: Multi-Channel-Kundenbeziehung mit einem Business-Process-Management-System

24. October 2005



Der Coop Konsumentendienst ist seit 1979 als zentrale Anlaufstelle für Konsument/-innen institutionalisiert.
Die Fallstudie berichtet darüber, wie die MCR-Lösung (MCR steht für Multi-Channel Relationship) der Firma e-Serve AG den Konsumentendienst von Coop unterstützt. Die MCR-Lösung basiert auf dem Business-Process-Management-System (BPMS) von e-Serve.
Die Erstellung dieser Fallstudie wurde unterstützt von:


1. Coop Konsumentendienst

Der Coop Konsumentendienst ist seit 1979 als zentrale Anlaufstelle für Konsument/-innen institutionalisiert. Im Unternehmen gehört der Konsumentendienst zum selben Organisationsbereich wie die Marktforschung und die Verkaufsplanung. Dies ermöglicht eine effiziente Kommunikation zwischen diesen Abteilungen, und die Erkenntnisse aus der Marktforschung und dem Konsumentendienst können in der Verkaufsplanung berücksichtigt werden. Am 8. Dezember 2003 erreichte der Coop Konsumentendienst als erster und einziger Konsumentendienst in der Schweiz die ISO-Zertifizierung.

Am Hauptsitz in Basel sind zwölf Personen im Konsumentendienst beschäftigt. Noch einmal so viele arbeiten in den fünf Verkaufsregionen und in weiteren Coop-Abteilungen (remote ordering, Fachstelle Ernährung etc.). Diese Mitarbeitenden arbeiten im Second Level des Konsumentendienstes. Zur ersten Bearbeitung der Anfragen per Telefon und E-Mail wird ein zentrales Call Center betrieben. Dieses Call Center ist der First Level Support des Konsumentendienstes und wird durch den Konsumentendienst im Coop Hauptsitz geschult und gecoached.

„Mit dem Konsumentendienst wollen wir einerseits Kundenzufriedenheit erreichen und andererseits die Basis für das Wissensmanagement schaffen.“
(Charlotte Bühler, Leiterin Konsumentendienst)


Der Konsumentendienst hat eine doppelte Funktion: Auf der einen Seite bearbeitet er eine Vielzahl von verschiedenen Anfragen. Auf der anderen Seite werden die Anfragen ausgewertet und die gewonnenen Erkenntnisse für das Qualitätsmanagement bereitgestellt. Die Fallstudie berichtet darüber, wie die MCR-Lösung (MCR steht für Multi-Channel Relationship) der Firma e-Serve AG den Konsumentendienst von Coop unterstützt. Die MCR-Lösung basiert auf dem Business-Process-Management-System (BPMS) von e-Serve.


2. Ausgangslage

In den letzten Jahren ist die Zahl der Kundenanliegen im Konsumentendienst stark gestiegen. Dies ist jedoch nicht auf eine Verschlechterung der Produktequalität zurückzuführen, sondern auf die Sensibilisierung der Konsument/-innen und die Erweiterung des Produktsortiments. Das Wachstum der Anfragen beträgt jährlich ca. 20% (vgl. Abbildung 1). Im Jahr 2004 wurden ca. 100'000 Anfragen zu Produkten, unternehmenspolitischen, ethischen und umweltbezogenen Themen im Konsumentendienst bearbeitet und ausgewertet.

Abbildung 1: Entwicklung der Kundenanliegen.


Abbildung 1: Entwicklung der Kundenanliegen.

Es gibt eine Vielzahl verschiedener Kundenanliegen. Anliegen können sowohl Wünsche nach Information zu Produkten, unternehmenspolitischen, ethischen und umweltbezogenen Themen sein als auch Reklamationen beinhalten. Der Konsumentendienst ist der Ansprechpartner für die gesamte Dienstleistung von Coop. Er muss auf alle Anliegen kompetent reagieren können.

Da Coop in der ganzen Schweiz vertreten ist, muss der Konsumentendienst in allen drei Landessprachen zu Verfügung stehen.

Vom Total der Kunden, welche Coop etwas zu sagen hätten, melden sich nur 10% beim Konsumentendienst. Von diesen 10% melden sich 80% direkt in einer Verkaufsstelle und nur 20% nehmen mit dem Konsumentendienst Kontakt auf.

Coop ermöglicht vier verschiedene Zugänge zum Konsumentendienst:

  • Brief: ca. 10% der eingehenden Anliegen
  • Telefon: ca. 40% aller Anliegen
  • E-Mail: ca. 20% der Anliegen
  • Internet Self Service: ca. 30% der Anliegen

3. Herausforderung

Zu den Kernaufgaben des Konsumentendienstes gehört die Bearbeitung der Kundenanfragen. Dieser Prozess muss angesichts der hohen Zahl von Anfragen möglichst effizient organisiert sein. Zusätzlich sollen aufgrund der Anfragen kompetente Stellungnahmen erarbeitet, Korrekturmassnahmen eingeleitet und neue Mehrwert-Leistungen des Unternehmens generiert werden.

Der Konsumentendienst hat sowohl nach aussen, wie auch nach innen gerichtete Ziele. Nach aussen will er den Konsument/-innen einen einfachen Zugang zum Konsumentendienst ermöglichen. Die Anliegen werden schnell erfasst und bearbeitet. Gegenüber den Konsument/-innen und der Öffentlichkeit in der ganzen Schweiz werden ein einheitliches Auftreten und eine einheitliche Sprachregelung sichergestellt. Die nach innen gerichteten Ziele sind die Entlastung der Coop Abteilungen durch das Schaffen von Sprachregelungen bei wiederkehrenden Anliegen.

Um das Ziel der ständigen Qualitätsverbesserung mithilfe der entgegengenommen Kundenanliegen erreichen zu können, werden alle Anliegen systematisch erfasst und ausgewertet. Zu diesem Zweck werden bei jedem Anliegen die Art des Anliegens, das Thema, ggf. das betroffene Produkt und die Verkaufsstelle gespeichert.

Die BPMS-basierte Multi-Channel-Kundenbeziehungslösung „e-Serve MCR“ ermöglicht die einheitliche Bearbeitung der Kundenanliegen in allen Kundenbeziehungskanälen und ermöglicht den Konsumenten die freie Wahl des Kanals für die Kontaktaufnahme. Alle eingehenden Anliegen werden nach der Bearbeitung in der zentralen Datenbank des Konsumentendienstes, ConSuLink, zur späteren Auswertung gespeichert (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: Schematische Darstellung der Verarbeitung von Anliegen beim Coop Konsumentendienst


Abbildung 2: Schematische Darstellung der Verarbeitung von Anliegen beim Coop Konsumentendienst


4. Lösung

Die BPMS-basierte Multi-Channel-Kundenbeziehungslösung „e-Serve MCR“ ermöglicht die einheitliche Bearbeitung der Kundenanliegen in allen Kundenbeziehungskanälen und ermöglicht den Konsumenten die freie Wahl des Kanals für die Kontaktaufnahme. Alle eingehenden Anliegen werden nach der Bearbeitung in der zentralen Datenbank des Konsumentendienstes, ConSuLink, zur späteren Auswertung gespeichert (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: Schematische Darstellung der Verarbeitung von Anliegen beim Coop Konsumentendienst



Abbildung 2: Schematische Darstellung der Verarbeitung von Anliegen beim Coop Konsumentendienst

Internet
Wählt der Konsument oder die Konsumentin das Internet als Kanal, dann bietet ihm ein Webinterface die Möglichkeit, sein Anliegen in umgangssprachlicher Form einzugeben (vgl. Abb. 3). Das System analysiert das Anliegen und führt abhängig vom Inhalt einen Dialog durch, um das Anliegen möglichst vollständig entgegenzunehmen. Die vollständige Aufnahme aller relevanten Punkte ist wichtig für die Klassifikation, die Beantwortung und für die weitere Coop-interne Bearbeitung. Anhand des Anliegentextes und dessen Klassifikation sucht das System mit der „intelligent Search“-Funktionalität nach im System gespeicherten Antworten (Basisantworten) und Coop-Web-Inhalten. Diese werden den Konsumenten dann angezeigt. Es besteht jederzeit die Möglichkeit, das Anliegen an den Coop Konsumentendienst weiterzuleiten, um eine persönliche E-Mail-Antwort zu erhalten oder telefonischen Kontakt aufzunehmen. In einem ersten Schritt gehen diese Anfragen an den First Level Support, das Call Center.

Abbildung 3: Web Interface.


Abbildung 3: Web Interface.

Telefon
Wählt der Konsument oder die Konsumentin den telefonischen Kontakt mit dem Coop Konsumentendienst, dann geht der Anruf an den First Level Support. Die Agentin gibt das Anliegen stichwortartig ein. Vom System wird ein Ticket eröffnet. Das System fragt die Agentin nach weiteren Informationen, damit das Anliegen vollständig entgegengenommen wird. Dabei klassifiziert das System das Anliegen und schlägt Antworten vor. Kann ein Anliegen vom First Level Support nicht vollständig bearbeitet werden, dann geht es an den Second Level Support.

E-Mail
Parallel zu den telefonischen Anliegen bearbeitet als erste Instanz des Coop Konsumentendienstes der First Level Support auch die Anfragen, die den Konsumentendienst über E-Mail erreichen. Die einkommenden E-Mails werden inhaltlich vom System analysiert. Darauf basierend wird vom System eine Antwort vorgeschlagen. Diese kann der Agent ergänzen und verändern. Auf diese Weise werden die Mitarbeiter/-innen des First Level Supports optimal unterstützt. Kann ein E-Mail-Anliegen vom First Level Support nicht vollständig bearbeitet werden, dann geht es auch hier an den Second Level Support weiter.


Second Level Support
Kann der First Level Support Anfragen nicht abschliessend bearbeiten, ist dies nach dem Überspielen der Daten von e-Serve MCR in die ConSuLink Datenbank ersichtlich. Der Second Level Support bearbeitet diese Anliegen weiter und nimmt mit dem Konsumenten oder der Konsumentin Kontakt auf. In dringenden Fällen kann der First Level Support auch direkt bei der Bearbeitung eines Anliegens mit dem Second Level Support Kontakt aufnehmen.


5. Knowledge Management

Für die Qualität der Anwendung ist der Knowledge-Management-Mechanismus entscheidend. e-Serve MCR wertet umgangssprachlich formulierte Texteingaben auf Deutsch, Französisch und Italienisch aus. Der Anliegentext wird anhand eines Begriffmodelles (Ontologie) analysiert, um die wesentlichen Begriffe des Anliegens identifizieren zu können. Das Begriffsmodell umfasst rund 100'000 Begriffe und eine Million Synonyme in den drei Landesprachen. Mittels einer Matching-Funktion (Pattern-Matching) werden darauf die Anliegen klassifiziert und Produkten und unternehmensspezifischen Kompetenzbereichen zugeordnet (Routing). Durch das Routing strukturiert und speichert das System alle Anfragen so, dass sie später in die ConSuLink-Datenbank exportiert und dort ausgewertet werden können.

Für das Routing eines Anliegens auf ein spezielles Produkt steht dem System durch den regelmässigen Import der zentralen Coop Produktdatenbank das gesamte Produktsortiment zur Verfügung.

Das Routing und die Klassifizierung der Texteingabe finden in drei Schritten statt. Als Erstes wird überprüft, ob es sich um eine Produktanfrage handelt. Ist dies der Fall, wird durch Präzisierung versucht, das genaue Produkt zu identifizieren. Dabei werden das Label, die Marke und schliesslich das Produkt erfragt. Anschliessend wird überprüft, ob das Produkt in einem Zusammenhang mit einer Verkaufsstelle steht. Ist dies der Fall, wird auch diese identifiziert. Als Drittes wird analysiert, welches Thema in der Anfrage angesprochen wird (vgl. Abb. 4).

Abbildung 4: Vereinfachte Darstellung der Klassifizierung und des Routing


Abbildung 4: Vereinfachte Darstellung der Klassifizierung und des Routing

Alle Anliegen werden zusammen mit der erfolgten Klassifizierung und dem Routing von E-Serve gespeichert. Um die gesammelten Daten auszuwerten, hat Coop die zentrale Datenbank ConSuLink eingerichtet. In ihr werden alle Anliegen, die den Konsumentendienst erreichen, gespeichert. Das e-Serve MCR überspielt täglich die gesammelten Daten in diese Datenbank. Mitarbeiter/-innen des Second-Level-Konsumentendienstes am Coop Hauptsitz werten diese Daten aus.


6. Monitoring und Pflege

Alle Anliegen inkl. Prozessdaten werden im e-Serve MCR gespeichert. Die Analyse dieser Daten dient sowohl der Erweiterung des Systems mit neuen Themen und Basisantworten als auch der Verbesserung des Systems.

Bei der Analyse wird ein besonderes Augenmerk auf fehlgelaufene Routings gelegt. Die Ursachen dafür werden gesucht und das System so ergänzt, dass es in Zukunft in der Lage ist, diese Anfragen korrekt zu klassifizieren.

Die Pflege des Systems ist browserbasiert und umfasst die Pflege des Begriffmodelles, des Routing, der Themen und der Basisantworten. Damit kann mit geringem Aufwand auch auf das temporäre Interesse der Konsumenten an bestimmten Themen schnell reagiert werden. Der Konsumentendienst ist für die Aufnahme neuer Themen und die Formulierung von neuen Sprachregelungen und Basisantworten zuständig.

Die Anzahl der Basisantworten beträgt einige Hundert und wächst ständig. Die Coop-Webinhalte werden regelmässig vom System indiziert, um für die Beantwortung von Anliegen bereitzustehen.


7. Nutzen

e-Serve MCR unterstützt den Konsumentendienst bei der Bearbeitung der vielfältigen Kundenanliegen. Es stehen den Kunden alle Kanäle der Kontaktnahme zur Verfügung.

Die Automatisierung im Bearbeitungsprozess von Kundenanliegen spart zum einen Ressourcen und zum anderen sind neue Mitarbeiter/-innen nach kurzer Zeit in der Lage, qualifiziert mit den Kundenanliegen umzugehen.

Die immer wiederkehrenden Anliegen können vollautomatisch bearbeitet werden. Damit haben die Mitarbeiter/-innen mehr Zeit für die Bearbeitung von spezifischen Anliegen.

Durch den durchgängigen Einsatz von e-Serve MCR im Internet sowie in allen Kanälen des First Level Supports wird die Qualität der Antworten im Konsumentendienst bereits beim ersten Kontakt des Kunden mit Coop sichergestellt. Der Konsumentendienst kann schnell auf tagesaktuelle Themen reagieren. Neue Themen und Basisantworten stehen nach der Einführung in allen von e-Serve MCR unterstützten Kanälen zur Verfügung. Redundanzen über die diversen Kanäle können so vermieden werden.

Die umfassende Aufnahme der Anliegen sowie die konsequente Klassifizierung und Speicherung der Kundenanliegen erleichtert es Coop, die vorhandenen Daten auszuwerten. Auch kann dank dem täglichen Dateninput auf Fehlleistungen und Bedürfnisse schnell reagiert werden. e-Serve MCR trägt so zur Qualitätssicherung bei.

Die systemunterstützte Pflege erlaubt einen dauernden Verbesserungsprozess und verbessert so die Qualität der Kundenbeziehung.

Da verschiedene Kanäle mit e-Serve MCR arbeiten und das System inhaltlich von Coop gepflegt wird, ist garantiert, dass Coop sowohl im Internet als auch im First Level Support mit einer einheitlichen Sprache auftritt.


Owner/s of the solution

Coop
Charlotte Bühler, Leiterin Konsumentendienst
Industry: Wholesale & retail trade
Company size: large-scale enterpriseCoop

Solution partner/s

Dieter Wenger, Leiter Marketing und Verkauf
e-Server AG

Case study author/s

Nicole Scheidegger
Sieber & Partners

24. October 2005
Nicole Scheidegger; Pascal Sieber; Gerrit Taaks; Marc André Hahn: Die Organisation des E-Business V; Fallstudien über den Einsatz der Informatik und Telekommunikation für den geschäftlichen Erfolg von Unternehmen und Verwaltungen. Dr. Pascal Sieber & Partners AG; Bern 2005; ISBN-10 3-033-00620-5

For this case study no attachments are available.
1750
coop-e-serve
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1750-coop-e-serve
1
Cookies make it easier for us to provide you with our services. By clicking on "Ok" you allow us to use cookies.