Enterprise 2.0-Ansätze für das Swisscom-Intranet

14. December 2009



Erfolgsfaktor der Swisscom für die Kundenzufriedenheit ist eine hohe Servicequalität. Aufgrund der Preiserosion sind Effizienzsteigerungen ein weiteres wichtiges Unternehmensziel. Diese Fallstudie beschreibt, wie Swisscom aufgrund ihrer Differenzierungsstrategie über einen herausragenden Kundendienst eine neue Organisationsstruktur einführte und zur Unterstützung der neuen Unternehmenskultur sowie der neuen Organisation eine neue Grundlage für alle Intranets lancierte. Die bedienungsfreundliche Lösung verbessert den Wissensaustausch über die Teamgrenzen hinweg und leistet einen Beitrag zu Prozessinnovationen bei Swisscom.


1. Swisscom AG

Die Swisscom ist mit 5,5 Millionen Mobilfunkkunden und rund 1,8 Millionen Breitband-Anschlüssen das führende Telekommunikationsunternehmen in der Schweiz. Im Geschäftsjahr 2008 wurden mit rund 20‘000 Mitarbeitenden ein Umsatz von rund 12,2 Milliarden Schweizer Franken erwirtschaftet. Der grösste Teil hiervon entfällt auf Swisscom Schweiz. Dieser Bereich bietet Dienstleistungen und Produkte für die mobile, die netzgebundene und die IP-basierte Sprach- und Datenkommunikation für die Schweiz.

Per 1. Januar 2008 erfolgte eine weitreichende Anpassung der Konzernstruktur: Unterstützt durch ein neues Erscheinungsbild und ein neues Leitbild wurden Geschäftsprozesse und Strukturen neu ausgerichtet. Organisatorisch wurden alle Telekommunikations- und Datendienste in der „Swisscom Schweiz“ zusammengefasst. Diese bietet dem Kunden alle Leistungen aus einer Hand an. Weitere Swisscom-Gesellschaften sind Swisscom IT Services, Swisscom Beteiligungen und Fastweb. Die Umstrukturierung betraf alle Swisscom-Mitarbeiter, da mit den Tochtergesellschaften auch Strukturen, Abläufe und Swisscom-Marken abgelöst wurden.

Erfolgsfaktor für die Kundenzufriedenheit ist eine hohe Servicequalität. Aufgrund der Preiserosion sind Effizienzsteigerungen ein weiteres wichtiges Unternehmensziel.


2. Informationssilos im Intranet

Eine Bestandsaufnahme in 2007 zeigte, dass die Swisscom mindestens acht grössere Intranets mit mindestens 50‘000 Seiten betrieb, die auf unterschiedlichen technischen Systemen basierten. Entsprechend der früheren Konzernstruktur bildeten die Intranets die jeweiligen Bereiche ab. Beispielsweise gab es ein Intranet von Swisscom Mobile mit Informationen und Anwendungen für die Mitarbeiter der damaligen Swisscom Mobile. Auch inhaltlich wiesen die Intranets eine grosse Bandbreite auf: während viele Bereiche lediglich statische Informationen enthielten, bestanden teilweise auch vereinzelte, isolierte Intranet-Anwendungen wie Wikis, Newsfeeds oder mehrstufige Anwendungen, die Geschäftsprozesse unterstützen. Kaum genutzt wurden bis anhin die vielfältigen Potenziale eines Intranets, wissensbasierte Geschäftsprozesse über webbasierte Anwendungen und hochrelevante, einfach zugängliche Informationen zu unterstützen.

„Die bereichsbezogenen Intranets sind Abbilder überholter Strukturen, bilden in keinster Weise den Wandel unserer Unternehmenskultur ab und leisten keine Beiträge
zu unseren strategischen Zielen.“
Daniel Arber


Neben der brachliegenden Nutzung von Möglichkeiten, die eigene Produktivität sowie die Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden zu verbessern, stand die aktuelle Intranetstruktur auch in Widerspruch zur neuen Konzernstruktur: Während beispielsweise Swisscom Schweiz nach Marktsegmenten wie Grosskunden organisiert ist, nutzt der Mitarbeiter alte Intranets wie beispielsweise „Swisscom Mobile“. Als Absender der Informationen treten also Organisationseinheiten auf, die gar nicht mehr existieren.

Diese Problembereiche wurden erkannt und im Rahmen einer Vorstudie mit Mitarbeiterbefragungen weiter untersucht. Folgende Aufgaben wurden im Frühling 2007 deutlich:

  • Aufbau einer bedienungsfreundlichen, intuitiv nutzbaren Lösung, die inhaltlich die neuen Konzernstrukturen reflektieren
  • Entwicklung von gut zugänglichen Inhalten und Anwendungen, die einen Beitrag zu den strategischen Zielen leisten
  • Ablösung der heterogenen und technisch veralteten Intranet-Lösungen
  • Das Intranet soll die Veränderung der Unternehmenskultur unterstützen. Eine Unternehmenskultur, die Dialog und Zusammenarbeit ins Zentrum stellt, verträgt sich schlecht mit isolierten Informations-Silos.

3. Entwicklung der Vision "Basisdienst Intranet"

Angesichts der Anzahl und der Heterogenität der bis anhin betriebenen Swisscom-Intranets wurde schnell deutlich, dass eine vollständige Ablösung der bisherigen Lösungen auf einen Stichtag hin nicht umsetzbar wäre. Daher wurde eine Vision einer gemeinsamen Intranet-Grundlage für alle Intranets formuliert, auf welche die Intranets der Geschäftsbereiche schrittweise migriert werden.

Eine gemeinsame Vision der zukünftigen Swisscom-Intranets
Auf Konzernstufe wurde Anfang 2008 in der Unternehmenskommunikation eine Arbeitsgruppe unter Führung von Daniel Arber eingesetzt, um ein Konzept für den Intranet-Einsatz bei Swisscom auszuarbeiten. Gesucht wurde eine technische und konzeptionelle Lösung, um einerseits ein Swisscom-weites einheitliches Look & Feel auf einer technischen Basis zu erreichen und andererseits eine schrittweise Umstellung der alten Intranets vornehmen zu können.

Die konzeptionell und technisch neu zu entwickelnde Lösung „Basisdienst Intranet“ stellt eine gemeinsame Grundlage für sämtliche Intranets der Swisscom dar (vgl. Abbildung 1). Dadurch werden neben technisch bedingten Synergie-Effekten insbesondere Vorteile für den Benutzer erzielt, da eine Swisscom-weite identische Oberfläche den Zugang zu Inhalten und Anwendungen sowie deren Nutzung erheblich begünstigt.

Abb. 1: Vision Basisdienst Intranet


Abb. 1: Vision "Basisdienst Intranet"

Als technische Lösung wurde Microsoft Sharepoint 2007 geprüft und als geeignet befunden, die funktionalen und betrieblichen Anforderungen umzusetzen. Für den Release 1 bildete sich eine Auftraggebergemeinschaft bestehend aus der Unternehmenskommunikation und Swisscom IT Services (vertreten durch CIO Dr. Anne-Thérèse Morel), mit dem Ziel, die Intranets der beiden Organisationseinheiten abzulösen.

Projektauftrag „Basisdienst Intranet“
Neben den Mitarbeiterbedürfnissen, die im Rahmen der Vorstudie erhoben und in mehreren Schritten priorisiert und zu Projektanforderungen verdichtet wurden, flossen auch Kommunikationsziele und Gestaltungsgrundsätze der Unternehmenskommunikation in den Projektauftrag „Basisdienst Intranet“ ein. Inhaltlich wurde der Projektauftrag in fünf Teilprojekte (TP) aufgeteilt, die parallel abgewickelt wurden, um den Koordinationsaufwand möglichst tief zu halten (vgl. Abbildung 2).

Abb. 2: Projektauftrag Basisdienst Intranet


Abb. 2: Projektauftrag "Basisdienst Intranet"


4. "Basisdienst Intranet" als Grundlage der Swisscom-Intranets

Die Entwicklung der Informationsarchitektur für alle Inhalte, d.h. sowohl für Informationen wie News, Weisungen etc. als auch für Anwendungen, welche die Arbeit der Swisscom-Mitarbeiter unterstützen, war ein zentrales Element für den „Basisdienst Intranet“. Die Bedienungsfreundlichkeit des Intranets („Usability“) ist massgeblich davon abhängig.

Entwicklung der konzernweiten Informationsarchitektur
Für die Entwicklung der Informationsarchitektur inklusive Basisfunktionen unter Erzielung einer bestmöglichen Usability wurde der Internet-Dienstleister Unic AG und der Usability-Experte soultank AG beauftragt. In enger Zusammenarbeit mit dem Projektteam der Swisscom und internen Expertengruppen wurden Bedürfnisse analysiert, Prototypen entwickelt und Lösungskonzepte erarbeitet. Dabei wurden gegen 100 Swisscom-Mitarbeitende aus unterschiedlichen Bereichen einbezogen.

Auf Grundlage der Analyse der Intranet-Inhalte bildete sich ein zentrales Strukturprinzip heraus (vgl. Abbildung 3): jedes Inhaltselement konnte einem von drei Kontexten zugewiesen werden: Inhalte, die die Grundbedürfnisse der täglichen Arbeit abdecken („Mitarbeiter“), Inhalte aus den verschiedenen Arbeitsbereichen des einzelnen Mitarbeiters (“Bereich“) und Inhalte, die Swisscom-weite Gültigkeit („Swisscom“), besitzen.

Abb. 3: Bereichsspezifische Ausprägungen der Informationsarchitektur



Abb. 3: Bereichsspezifische Ausprägungen der Informationsarchitektur

Alle Intranets auf der Grundlage des „Basisdienstes Intranet“ weisen dasselbe Erscheinungsbild und dieselben Informationszugänge auf, so dass beispielsweise Mitarbeiter von Swisscom Schweiz sich schnell im Intranet von Swisscom IT Services zurechtfinden.

Die entsprechenden Inhaltsstrukturen wurden immer wieder kritisch durch Usability-Experten unter Einbezug der Anwender überprüft und anschliessend verbessert, um von Anfang an eine Lösung bereitzustellen, die vom Anwender sofort akzeptiert wird.

Umsetzung des „Basisdienst Intranet“
Zeitnah zu den inhaltlichen Arbeiten wurden die erarbeiteten Konzepte auf technische Machbarkeit hin überprüft, um dem Grundsatzentscheid, die Lösungen möglichst weitgehend auf Standardfunktionalitäten von Microsoft Sharepoint aufzubauen, Rechnung zu tragen. Zu diesem Zweck gab es eine enge Zusammenarbeit des Projektteams mit Swisscom IT Services, welche die Verantwortung für die technische Umsetzung des „Basisdienstes Intranet“ übernahm.

„Die frühe und kontinuierliche Validierung der Fachanforderungen und der erarbeiteten Konzepte auf ihre technische Machbarkeit hat sich bei der Realisierung sehr bewährt.“
Thomas Maeder, Projektleiter


Neben der inhaltlichen Neustrukturierung wurden verschiedene Funktionalitäten entwickelt. Zu den wichtigsten zählen: frei personalisierbare Startseite „Mein Intranet“, persönliche „News-Zusammenstellung“ aus zahlreichen Newsfeeds, Kommentierung und Bewerten von Inhalten, Mitarbeiter- sowie Volltextsuche. Eine weitere Neuerung ist die Verknüpfung der rund 500 bestehenden Sharepoint-Spaces mit der neuen Intranet-Lösung: Anhand der Organisationseinheit und Mitarbeiter-Kennung werden Links zu den entsprechenden Sharepoint-Spaces gelegt, so dass diese weiterhin autark verwaltet, deren Inhalte jedoch von interessierten Mitarbeitern gefunden werden können.

Für die einfache inhaltliche wie auch funktionale Erweiterung des „Basisdienstes Intranet“ wurde ein „Widget“-Konzept entwickelt, welches es den einzelnen Bereichen ermöglicht, bereichsspezifisch zusätzliche Anwendungen verfügbar zu machen. Die Widgets erhöhen die Lebendigkeit des Intranets, weil sie dezentral entwickelt und eingesetzt werden. Starten wird der Basisdienst mit zahlreichen Business-Widgets (z.B. Status Systeme, Veranstaltungen), Organisations-Widgets (z.B. Meine Datei-Ablagen, Tools, Notizen) und Kommunikations-Widgets (z.B. SMS, meine Kontakte, woran ich arbeite).

Abb. 4: Personalisierbare Intranet-Einstiegsseite bei Swisscom IT Services



Abb. 4: Personalisierbare Intranet-Einstiegsseite bei Swisscom IT Services

Der Funktionsumfang, der im Rahmen des Release 1 geboten wird, übertrifft deutlich die Minimalanforderungen. Noch nicht umfassend abgedeckt sind weitere Enterprise 2.0 Anforderungen wie Communities, Social Media und zusätzliche Anwendungen wie beispielsweise eine tiefgreifende Integration der Dokumentenmanagement-Systeme. Die Realisierung dieser Anwendungen ist für den weiteren Ausbau des Intranets geplant.


5. Vorteile und Nutzen des neuen Intranets

Im Oktober 2009 wird die Migration der Inhalte abgeschlossen und der „Basisdienst Intranet“ als Ersatz für die Intranets des Hauptsitzes und Swisscom IT Services umgesetzt sein. Konkrete Praxiserfahrungen stehen noch aus, dennoch können aufgrund der abgeschlossen Konzeptumsetzung und externen Konzeptreviews bereits erste Aussagen zu den Projektergebnissen gemacht werden.

Aufgrund der neuen Informationsarchitektur und dem angebotenen Funktionsumfang wird von Beginn an mit erheblichen Vorteilen für die Swisscom-Mitarbeiter gerechnet. So wird der Suchaufwand aufgrund der besseren Strukturierung der Inhalte und Anwendungen sowie der neuen Volltextsuche reduziert werden. Dadurch wird die Produktivität gesteigert und die Zusammenarbeit über Teamgrenzen hinweg gestärkt.

Wichtige Informationen (News) erreichen die Adressaten schneller und zielstrebiger. Zudem stellen die Bewertungen der News wertvolle Feedbacks an die Autoren dar. Eine für alle Nutzer zugängliche Kommentarfunktion wird den innerbetrieblichen Dialog verstärken. Bereits spürbar ist, dass stark frequentierte Intranetseiten von den verschiedenen Bereichsverantwortlichen für eine Platzierung ihrer Inhalte sehr geschätzt werden.

„Unser neues Intranet ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zum eWorkplace. Lanciert wird es als Dialog- und Informationstool, das sich künftig zum zentralen Arbeitsinstrument entwickeln soll.“
Daniel Arber


Noch herrschen geteilte Meinungen bezüglich der Nutzung des erweiterten Mitarbeiterprofils. Dabei handelt es sich um freiwillige Ergänzungen des eigenen Profils, die das Auffinden von Experten erleichtern soll. Es ist offen, wie viele Mitarbeiter solche Funktionen nutzen werden und ob eine persönliche Statusmeldung „woran arbeite ich gerade“ geschätzt und genutzt wird. Dies wird sich im Verlauf der weiteren Nutzung zeigen.

Sobald der Rollout erfolgt ist, werden die alten technischen Lösungen abgeschaltet. Daraus werden Betriebskosten eingespart und die frei werdenden Ressourcen können anderweitig eingesetzt werden können.


6. Lessons learned und Ausblick

Die konzeptionelle Erarbeitung der Intranet-Lösung in einzelnen Teilprojekten erlaubte einen umfassenden Einbezug von allen Stakeholdern, kostete jedoch einige Zeit für die Koordination sowie die Harmonisierung und Freigabe der Ergebnisse. Als anspruchsvoll erwies sich die Ermittlung und Priorisierung der Bedürfnisse, da viele Mitarbeiter beispielsweise Web 2.0-Features aus dem Privatleben kennen, aber der Nutzen derselben für Geschäftsprozesse nicht direkt übertragbar war. Dem Management der Erwartungen durch den Projektleiter Thomas Maeder kam somit eine grosse Bedeutung zu.

Handlungsbedarf besteht noch bei der Organisation des Lebenszyklus der Inhalte – das Zusammenspiel zwischen den Fachverantwortlichen und einer allgemeinen „Intranet Content Governance“ ist noch nicht abschliessend definiert und umgesetzt.

Die entwickelten Konzepte erwiesen sich als zielführend, inhaltlich konsistent und gut technisch umsetzbar, wodurch zeitaufwendige und kostspielige Nacharbeiten während der technischen Umsetzung vermieden werden konnten. So wird bereits die Migration des Intranets der Swisscom Schweiz geplant. Eine kritische Prüfung der Konzepte hinsichtlich Umsetzbarkeit auf die Anforderungen dieser grössten Swisscom-Gesellschaft fiel positiv aus. Dem weiteren Rollout des „Basisdienst Intranet“ steht nichts mehr im Weg.
Parallel zu den Migrationen weiterer Intranets ist die Einbindung der Mitarbeiter weiter zu fördern, damit neue Intranet-Angebote wie beispielsweise Blogs auch genutzt werden. Eine ergebnisorientierte Nutzung solcher Dienste erfordert jedoch oft eine gleichzeitige Weiterentwicklung der Unternehmenskultur, die Zeit benötigt.


Owner/s of the solution

Swisscom AG
Daniel Arber, Unternehmenskommunikation, Leiter Online-Strategien
Industry: IT & Communication
Company size: large-scale enterpriseSwisscom AG

Solution partner/s

Gerrit Taaks, Head of Consulting/Partner
Unic AG

Case study author/s

Norman Briner
Sieber & Partners

14. December 2009
Nicole Scheidegger; Norman Briner; Dilip Vimalassery; Dominik Guggisberg; Pascal Sieber; Marc André Hahn; Rudolf Meyer; Alfred Bertschinger; Jürg Habermayr; Gerrit Taaks (2009): Die Organisation des E-Business IX. Innovation: Fallstudien über die Bedeutung der Informatik und Telekommunikation zur Steigerung der Innovationskraft von Organisationen. Dr. Pascal Sieber & Partners AG; Bern. ISBN 978-3-7272-1345-8

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1869
swisscom-unic
https://www.experience-online.ch/de/9-case-study/1869-swisscom-unic
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