Geschäftsprozessunterstützung dank elektronischen Instrumenten der OPO Oeschger AG
Seit vielen Jahren schon setzt sich die OPO Oeschger AG dafür ein, ihren Kunden auch auf elektronischem Weg optimale Dienstleistungen anzubieten. Die IT-Lösungen des mittelständischen Handelsunternehmens wurden kontinuierlich verbessert, immer mit den Kundenbedürfnissen im Auge. Heute wird mehr als ein Fünftel des Umsatzes über E-Business abgewickelt. Die interne Integration der E-Business-Lösung ermöglicht einen hohen Automatisierungsgrad in der Auftragsabwicklung durch den Einbezug diverser (halb-) automatischer Lager und Transportsysteme. Die externe Integration greift mit dem Einbezug der Konstruktionssoftware für Schreiner tief in die Kundenprozesse ein und ermöglicht den Kunden die Reduktion kapitalintensiver Teilelager.
Table of Contents
1. Das UnternehmenUnternehmensvision
2. E-Business-Strategie
Unternehmensstrategie, E-Business-Einsatzfelder, Partner
3. Integrationslösung
Geschäftssicht, Prozesssicht, Anwendungssicht, Elektronischer Produktkatalog, CAD-Teilebibliothek, Schreinersoftware, ComNorm
4. Kosten, Nutzen und Rentabilität
5. Erfolgsfaktoren
1. Das Unternehmen
Die OPO Oeschger AG ist ein Handelsunternehmen im Baunebengewerbe. Aktiv in vier Geschäftsbereichen, interessiert im vorliegenden Fallbeispiel in erster Linie das angestammte Handelsgeschäft mit Beschlägen und Werkzeugen, welches für die Firma von zentraler Bedeutung ist. Die anderen drei Geschäftsbereiche bieten verschiedene Beratungsleistungen, welche Aufträge für das Handelsgeschäft generieren. Mit einem breiten Sortiment an Teilen und Werkzeugen für die Holzverarbeitung werden Industrie- und Gewerbebetriebe beliefert. Eingekauft wird international, verkauft überwiegend national. Je nach Kundenbedürfnissen stehen verschiedene Verkaufskanäle zur Verfügung. Der internetgestützte Verkauf nimmt heute mit einem Fünftel des Umsatzes einen wichtigen Stellenwert ein.
Hintergrund:
Geschichte
- 1926: Paul Oeschger gründet das Unternehmen in Oerlikon (daher der Name „OPO“ Oeschger Paul Oerlikon)
- 1935: Auflage der ersten Beschlägekataloge
- 1972: Umzug nach Kloten und Einsatz des ersten Computers für die Fakturierung
- 1987: Ausrüstung der Aussendienstmitarbeitenden mit tragbaren Computern
- 1995: Grossinvestitionen in modernste Logistiksysteme mit vollautomatischer Lagertechnik und Behälterförderanlage
Tabelle 1.1: Entwicklung von Umsatz und Mitarbeiterzahl
1995 2000 2001 2002 |
74.5 Mio. Franken 93.4 Mio. Franken 106 Mio. Franken 104.4 Mio. Franken |
181 Stellen 199 Stellen 230 Stellen 238 Stellen, davon 5 Personen in der Informatik |
Besitzverhältnisse
Die Hälfte der Aktien besitzt Peter Oeschger, die andere Hälfte liegt bei der Oeschger Holding AG, welche zu 100 % der Familie Oeschger gehört.
Geschäftsbereiche
- Beschläge und Werkzeuge: Der Handel mit Beschlägen und Werkzeugen für Schreiner, Innenausstatter und die Holz verarbeitende Industrie ist seit Jahren die Kernkompetenz der OPO Oeschger AG. Verschiedene Verkaufskanäle mit Warenversand zu den Geschäftskunden stehen zur Auswahl. Für Privatkunden steht ausschliesslich der Ladenverkauf zur Verfügung, welcher aber auch von Geschäftskunden genutzt wird.
- Werkraumeinrichtungen: Didaktisch sinnvoll eingerichtete Schulwerkstätten mit zeitgemässer Infrastruktur sind eine der Voraussetzungen für den hoch stehenden Werkunterricht. Konzeption und Einrichtung der Werkräume ist ein beratungsintensives Geschäft und wird nicht über E-Business abgewickelt. Das eingesetzte Sortiment von Maschinen, Werkzeugen, Mobiliar und Verbrauchsmaterialien stammt aus dem Angebot des Geschäftsbereiches Beschläge und Werkzeuge.
- Heim und Design: Bauinteressierte können in den sieben Infocenters in der Schweiz verschiedenartigste Beschläge für Türen, Fenster und Möbel anschauen. Ebenfalls werden Tablar-, Reling- und Beleuchtungssysteme gezeigt und die passende Beratung angeboten. Die Schreiner als Realisierungspartner der privaten Interessenten können die ausgewählten Komponenten über den Geschäftsbereich Beschläge und Werkzeuge beschaffen.
- Sicherheitstechnik und Beratung: Mit dem jüngsten Geschäftsbereich tritt OPO Oeschger als Systemanbieter für Türen in grossen Firmengebäuden auf. Umfangreiche Beratungs- und Koordinationsaufgaben gehören hier zur Kernaufgabe. Eingesetzte technische Komponenten können wiederum im Bereich Beschläge und Werkzeuge beschafft werden.
Führung
Strategien werden bei OPO Oeschger mit dem Konzept der Balanced Scorecard (BSC) umgesetzt. Basierend auf den vier Perspektiven Finanzen, Kunde und Markt, Prozesse, Mitarbeiter und Know-how wurde ein Kausalnetz von Steuerungskenngrössen entwickelt, welches die wertorientierte Unternehmensführung unterstützt. Mit der BSC wird sichergestellt, dass Projekte und Massnahmen sowie Team- und Individualziele konsequent auf die Unternehmensziele ausgerichtet sind. Neben klar definierten Teamzielen werden jährlich mit allen Mitarbeitenden auch Individualziele formuliert. OPO Oeschger hat ein Kompetenzmodell entwickeln lassen, mit dem die Fähigkeiten und Leistungen von jedem Mitarbeitenden gemessen und die persönliche Entwicklung beurteilt werden kann. Ein gemeinsames Führungsverständnis wurde in Workshops zur Führungskompetenz entwickelt und geschult.
Branche, Produkt und Zielgruppe:
Wettbewerbssituation
Die OPO Oeschger AG hat eine starke Stellung in der Branche. Der nächst kleinere Mitbewerber erreichte im Jahr 2002 mit rund 140 Mitarbeitern einen Umsatz von 97 Mio. Franken. Das angebotene Sortiment der Firmen überlappt sich zu einem wesentlichen Teil. In der intensiven Wettbewerbssituation sucht jede Firma ihre USP. Durch die Austauschbarkeit der Handelsprodukte steht die Perfektionierung der Dienstleistungen im Vordergrund. Dies betrifft nicht zuletzt die intensive Integration der Prozesse vom Kunden (Schreiner) zum Händler und bei diesem die nahtlose Integration von Logistik und Informatik um der geforderten Reaktionsgeschwindigkeit und Lieferqualität genügen zu können.
Sortiment und logistische Infrastruktur
Das Sortiment von OPO Oeschger umfasst über 35'000 Artikel in den Bereichen Möbel- und Baubeschläge, Eisenwaren, Maschinen, Werkzeuge, und Schulwerkstatteinrichtungen. Die Produkte werden weltweit von über 700 Lieferanten eingekauft.
Für die Lagerung des umfassenden Sortiments stehen verschiedenste Lagertypen zur Verfügung: konventionelle Fachbodenlager auf zwei Stockwerken, 2 x 4 automatische Karusselllager von je 25 m Länge, automatische und manuelle Hochregallager mit total 8'000 Palettenplätzen, ca. 600 m² Blocklager für nicht palettierbare Güter, eine Schiebegestellanlage und drei automatische Multitower für das Langgut.
Die Behälterförderanlage ist strichcodegesteuert und verbindet die Kleinteilelager mit dem Wareneingang, der Auftragszusammenführung, der Kontrolle und der Packerei. Die Gesamtlänge der Förderanlage beträgt ca. 1.3 km.
Kundenstruktur
OPO Oeschger hat mehr als 20'000 Kunden aus folgenden Segmenten:
- Industriell organisierte Firmen, wie beispielsweise Türen-, Fenster- und Möbelfabriken
- Gewerbliche Betriebe wie Innenausbaufirmen, Schreinereien, Zimmereien, Architekturbüros
- Schulen, als Institutionen der öffentlichen Hand
- Privatpersonen
Privatpersonen werden ausschliesslich über den Ladenverkauf bedient. Für Firmenkunden stehen sämtliche Kommunikationskanäle offen.
Von gesamthaft rund 20'000 Kunden sind etwa 5'000 in Deutschland. Auch für Deutschland wird die Logistikleistung aus der Schweiz erbracht. Ein Verkaufsstützpunkt liegt im süddeutschen Raum.
Unternehmensvision:
Die Unternehmensvision von OPO Oeschger listet zwei Leitsätze auf, welche Mitarbeitende, Eigentümer und Umwelt betreffen. Der dritte Leitsatz ist für die Fallstudie interessant:
einfache Prozesse schaffen wir Qualität und Mehrwert.
Umgesetzt wird diese Vision durch eine Vielzahl von Massnahmen, welche auf einen möglichst hohen Nutzen für die Kunden (Partner) abzielen. Allen voran die Bemühungen, den Aufwand für die Besteller so gering wie möglich zu halten. Bequem soll es sein, bei OPO Oeschger zu bestellen! Die Auswahl an Kommunikationswegen spiegelt diese Forderung und die Unterschiedlichkeit der Kunden. „Den Partner wertvoller machen“ bedeutet auch, dass sich dieser auf seine Kernkompetenzen konzentrieren kann und für die Beschaffung der – aus seiner Sicht eher untergeordneten – Komponenten wenig Ressourcen aufwenden muss.
2. E-Business-Strategie
Die E-Business-Strategie von OPO Oeschger basiert auf deren Unternehmensvision und zielt auf hohe Kundenbindung durch entsprechende Qualität der Dienstleistungen. Die Umsetzung der Vision wird von OPO Oeschger zielstrebig, aber gleichzeitig behutsam vorangetrieben in dem Bewusstsein, dass die Kunden Zeit haben und motiviert werden müssen, den Änderungen in den Prozessen und operativen Abläufen zu folgen. Die aktuelle E-Business-Lösung entstand nicht in einem Wurf, sondern entwickelte sich kontinuierlich im Lauf vieler Jahre. Herr Peter Oeschger, Geschäftsführer bei OPO Oeschger, setzte das erste Bestell- und Informationssystem, in welches sich die Schreiner über PC und Modem einwählen konnten, 1988 in Betrieb. Er trieb die Verbesserung dieser Lösung mit grossem persönlichem Engagement und aus seiner persönlichen Überzeugung heraus voran. In den ersten Betriebsjahren war die Informatikinfrastruktur kundenseitig normalerweise noch nicht in genügendem Masse vorhanden: Herr Oeschger verkaufte und installierte darum persönlich die notwendigen Modems! Das tiefe Verständnis der Prozessvernetzung führte ihn dazu, bereits 1987 eine erste Messe für Schreiner-Software zu organisieren, welche ihm einerseits den Kontakt zu den Herstellern der Software seiner Kunden schuf und anderseits seine Kunden für die Prozessunterstützung mit Informatikmitteln sensibilisierte.
Stellenwert von E-Business in der Unternehmensstrategie:
Im Jahr 2002 betrug der Anteil der über E-Business abgewickelten Geschäfte 22 % vom Gesamtumsatz. Dem entsprechend ist E-Business in der Unternehmensstrategie von zentraler Wichtigkeit. E-Business ist bei OPO Oeschger seit den Anfängen im Jahr 1988 nie als eigenständige Applikation verstanden worden, sondern immer als integrierte Lösung, d.h. als Bindeglied von den Kunden in das Warenwirtschaftssystem der OPO Oeschger.
E-Business-Einsatzfelder im Unternehmen:
Die E-Business-Lösung von OPO Oeschger ist auf der Verkaufsseite aufgebaut und kann bis in die CAD-Software der Kunden reichen. Die Zahlungsabwicklung funktioniert konventionell über Rechnungsstellung, d.h. nicht etwa über eine Kreditkartenorganisation oder dergleichen. Hingegen können die Kunden ihre Kontoinformationen online einsehen.
Die Aufträge gelangen erst zur internen Abwicklung, wenn sie durch einen autorisierten OPO-Mitarbeiter oder ?Mitarbeiterin freigegeben wurden. Die interne Abwicklung erfolgt dann wiederum mit einem hohen Automatisierungsgrad bis zur Auslieferung auf dem Postweg.
Lieferantenseitig ist keine E-Business-Lösung aufgebaut und auch strategisch keine Informatik-Integration vorgesehen. Die 700 Lieferanten stellen mindestens heute noch eine zu heterogene Gruppe dar und allgemein verbindliche weltweite Standards haben sich noch nicht durchgesetzt.
Partner:
Internetagentur und Partnerwahl
Die IMIS AG in Zürich deckt die ganze Gestaltung von E-Business-Projekten ab: von der Beratung über die Konzeptentwicklung und das Design bis zur Umsetzung. Prozessintegration und ERP-Anbindung zählen zu den Stärken, zusammen mit dem Projektmanagement für die Umsetzung. Eine Spezialität der IMIS AG ist das Know-how im Cross-Media-Bereich für den Datenaustausch kundenspezifischer Produktinformationen für verschiedene Medien wie Internet, CD und Print. Dieser Fokus war auch Gründungshintergrund im Jahr 1995. Drei Jahre später folgte der Ausbau zur E-Business-Company. Bekannte Kunden mit ähnlichen Geschäftsprozessen wie OPO Oeschger sind unter anderem Distrelec und Bossard.
Die Informatikpartnerin IMIS wurde aufgrund von Empfehlungen und der Referenz Distrelec AG gewählt. Ein weiterer Grund waren die Kenntnisse und Schnittstellenbeherrschung für die bereits eingesetzte medienneutrale Datenbank ziczac der Firma InnoP, Innovative Publikationen GmbH, in Saarbrücken.
Integrierte Geschäftspartner
Geschäftspartner, mit welchen die externen Prozesse integriert wurden, sind Teil des gesamten Kundenstammes von OPO Oeschger. Informationen dazu sind im Kapitel „Kundenstruktur“ zu finden.
3. Integrationslösung
Geschäftssicht:
Zwar ist im vorliegenden Fallbeispiel aufgrund der kontinuierlichen Evolution ein direkter Vergleich des Geschäfts vor und nach der Einführung der E-Business-Lösung nicht möglich. Ein Vergleich von konventionell arbeitenden Firmen mit solchen, welche die Lösung von OPO Oeschger einsetzen, ist aber zulässig.
Direktes, d.h. auftragsbezogenes Material wie zum Beispiel Schrauben, Holz und Beschichtungsmaterial wird im konventionellen Fall zu einem grossen Teil über das Lager bezogen. Gewerbliche Holzbearbeitungsbetriebe verfügen deshalb oft über ein umfangreiches Lager mit entsprechend grosser Kapitalbindung. Zwar ist die Beschaffung von Betriebsmitteln wie Werkzeugen, Maschinen oder Software von diesem Prozess unabhängig, die Grenzen sind aber fliessend, speziell wenn es um weniger kostenintensive Anschaffungen geht. Beispiele dafür sind Werkzeuge für spezialisierte Verbindungssysteme wie etwa Lamello.
Für den Holz verarbeitenden Betrieb ist es interessant, seine Lagergrösse zu reduzieren, indem er Komponenten direkt auf Basis der Kundenaufträge beschafft. Dazu müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- Lieferung „just in time“ bei OPO Oeschger bedeutet, dass Bestellungen, welche bis 16:30 Uhr übermittelt werden, am nächsten Tag per Post eintreffen. Es ist auch möglich, die Bestellungen auf einen bestimmten Zeitpunkt zu terminieren.
- Die Sortimentsbreite muss so gross sein, dass ein substantieller Anteil der benötigten Komponenten für einen Konstruktionsauftrag bezogen werden kann. Um „normale“, kurzfristig auszuführenden Konstruktionen zu ermöglichen, müssen alle dazu notwendigen Komponenten, welche in das angebotene Sortiment fallen, auch wirklich abrufbar sein.
- Das Vertrauen in den Lieferanten und die Qualität der Lieferung muss gross sein. Im konkreten Fall heisst das: Liefergrad von 98 % und eine sehr tiefe Fehlerrate, nicht zuletzt erreicht durch den hohen Automatisierungsgrad.
- Die Ware muss an den richtigen Ort geliefert werden. Damit die Lieferung produktionsgerecht erfolgt, kann auch ein Versand an eine andere Adresse erforderlich sein, zum Beispiel direkt auf die Baustelle.
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Abbildung 1.1: Auftragsbezogene Lieferung „just in time“ von OPO Oeschger
Ein weiterer Vorteil zusätzlich zur Lagerreduktion ist darin zu sehen, dass der Schreiner im Konstruktionsprozess laufend Bestellungen abgeben kann und damit die Bestellungen „vom Tisch“ hat.
Prozesssicht:
Verschiedene Teilprozesse zwischen OPO Oeschger und ihren Kunden lassen sich identifizieren und den beiden Kategorien Informationsprozesse und Auftragsabwicklungsprozesse zuteilen.
Informationsprozesse
Einige Prozesse sind Informationsleistungen, welche keinen Warentransfer beinhalten und auch keine Geldströme auslösen:
- Um in der Konstruktion mit aktuellen Daten zu arbeiten, muss periodisch der Datenstamm aktualisiert werden (Replikation)
- Eine Verfügbarkeitsanfrage garantiert die Ausführbarkeit der Konstruktion
- Für Personen aus Konstruktion, Produktion oder auch Finanzen kann es wichtig sein, die offenen Bestellungen abzufragen
- Die Kontoabfrage bringt Klarheit über den finanziellen Status
- Kunden können Preise mit ihren individuellen Rabattsätzen anfragen
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Abbildung 1.2: Informationsprozesse bei OPO Oeschger im E-Business
Auftragsabwicklungsprozesse
Die Materialbestellung löst zwei Prozesse aus:
- Materiallieferung
- Rechnungsstellung
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Abbildung 1.3: Auftragsabwicklungsprozesse bei OPO Oeschger
Rechnungsstellung und Bezahlung sind konventionell gelöst. Bestellpositionen, welche auf verschiedenen Wegen eingegangen sind, beispielsweise über Internet und mit telefonischen Nachträgen, werden auf eine Rechnung zusammengefasst. Um Versandkosten zu sparen, werden in etwa 50 % der Auslieferungen die Rechnungen gleich zusammen mit der Ware verschickt.
Abbildung 1.4: Auftragsabwicklung innerhalb von OPO Oeschger
Anwendungssicht:
Abbildung 1.5 zeigt eine Übersicht über das Zusammenspiel der verschiedenen Anwendungskomponenten, einzelne Vorgänge sind durch Zahlen in Klammern gekennzeichnet. Die Prozesse von OPO Oeschger, welche keine direkte Verknüpfung mit der eigentlichen Auftragsabwicklung aufweisen, sind darin nicht berücksichtigt. Dazu gehört beispielsweise das Nachfüllen der Lager.
Kommunikation zwischen Kunde und OPO Oeschger
Sowohl die verschiedenen Informationsprozesse als auch die eigentliche Bestellung werden über lokale Warenkörbe angestossen. Das Programm „OPOBplus“ wird lokal installiert und stellt sechs Warenkörbe (z.B. für verschiedene Projekte in Bearbeitung) zur Verfügung. Jeder lässt sich über verschiedene Kanäle beschicken: über die beiden Sortimentsdarstellungen „SortiNet®“(Internet) oder „SortiCD®“, über Stücklistenfiles (generiert von der Schreiner-Software) oder manuell (Eingabe z.B. aus Katalog).
Mit der Übermittlung (5) der Warenkörbe über das Internet werden die Prozesse im Warenwirtschaftssystem gestartet. Übermittelt wird ein ASCII-File mit wenigen Header-Informationen (Kundennummer, Projekttext zur Identifikation für den Schreiner selbst, etc.). Die Bestellpositionen enthalten Artikelnummer, Einheit, Menge und nach Bedarf weiteren Text wie etwa Massangaben. Nach der Bestellungsfreigabe durch den Verkauf erfolgt eine Rückmeldung an den Kunden per E-Mail (6). In Zukunft soll die Übermittlung per XML eine direkte Weiterverwendung in der Schreinersoftware erlauben.
Abbildung 1.5: Integration der OPO Oeschger Lösung mit Schreiner „OPO-Kunde“
Listenpreise werden über das Internet öffentlich einsehbar für jeden Artikel angezeigt. Im Warenwirtschaftssystem (DB Bull) sind die Artikelpreise und die individuell ausgehandelten Rabattsätze hinterlegt, welche für jede Bestellung und Preisanfrage zum Zug kommen.
Die Sortimentsdarstellung
Der elektronische Produktkatalog liegt als Master in der medienneutralen Datenbank. Aus dieser werden drei Produkte hergestellt:
- Gedruckte Kataloge (SortiLog®, Werkzeugkatalog)
- SortiNet® für die Abbildung über Internet für interne und externe Zwecke
- SortiCD® CD-ROM für Kunden und Aussendienst
Die Daten in der medienneutralen Datenbank werden zwar kontinuierlich nachgeführt, die darauf basierenden Medien werden aber nur periodisch aktualisiert, siehe Punkt (4) in Abb. 3.5. Die Bild- und Textdaten aller neuen Produkte werden bei OPO Oeschger von Grund auf erfasst um eine einheitliche Darstellung und einen konstanten Detaillierungsgrad über den ganzen Katalog zu erreichen. Von den 35'000 Artikeln werden jedes Jahr schätzungsweise 1'000 getauscht. Bestrebungen sind im Gange, dass die Hersteller genormte Komponentenbeschreibungen liefern, welche direkt für Shops einsetzbar wären.
Sofern weitergehende Produktinformationen vorliegen, werden diese als Files zur Verfügung gestellt. Eine CAD-Teilebibliothek steht zur Verfügung und liefert Vektorgrafiken für AutoCAD Release 14 oder im DXF-Format. Download und Integration in die Teilebibliothek der Schreinersoftware wird manuell vorgenommen.
Die Sortimentsdarstellung wird auch für interne Zwecke eingesetzt. Mitarbeiter im Wareneingang sind in der Lage, mit den Grafiken, Massen und Begleittexten die angelieferten Waren mit der Bestellung zu vergleichen und auf Richtigkeit zu prüfen, siehe Punkt (3) in Abbildung 1.5.
Die Integration beim OPO Oeschger Kunden
In der Schweiz ist Schreinersoftware von mehr als dreissig verschiedenen Herstellern im Einsatz. Teilweise unterstützen diese Programme hohe Integrationsgrade mit CAD-Funktionalitäten, Maschinensteuerungen, Lagerverwaltungsaufgaben und Offertwesen für spezialisierte Betriebstypen wie etwa Fenster- oder Türhersteller. Das Schreinerprogramm verfügt über eine eigene Datenbank. Um den unterschiedlichen Programmanforderungen zu genügen, lassen sich die Beschlägedaten von OPO Oeschger auf verschiedene Arten einbringen: manuelle Erfassung (8), über Internet (7) als OPO-Norm, DataNorm oder seit neuestem per XML (ComNorm). Der elektronische Transfer wird von etwa 50 % der Programme unterstützt. Die Datenfelder beschränken sich im Wesentlichen auf Artikelname und -nummer, Einheitsangabe, Preisangabe und ein freies Textfeld.
ComNorm
Der Verband Schweizer Schreiner Software VSSS entwickelte eine gemeinsame Norm für den Datenaustausch in der Schreinerbranche, um Preisanfragen, Bestellungen und sonstige Artikelauskünfte direkt aus der gewohnten Umgebung einer Branchenlösung durchzuführen.ComNorm (www.comnorm.ch) dient als Portal; auf Kundenseite muss eine Zugangssoftware installiert werden. Die Vorteile der Kommunikations-Normierung werden dann zum Tragen kommen, wenn ein wesentlicher Teil der Lieferanten Informationen zu ihren Produkten auf diesem Weg anbietet. Technische Anpassungen der Norm wären dazu notwendig, denn nicht alle Produkte sind mit wenigen Angaben hinreichend genau zu beschreiben. Probleme bereiten variable Masse, mehrstufige Produktstrukturen, grafische Merkmalsbeschreibungen, etc. Für die Anbieter ist der Anreiz, bei ComNorm mitzumachen, nicht allzu gross.
Vorteilhaft ist die Möglichkeit, mit den Daten Offerten und Preiskalkulationen zusammenzustellen. Im Gebrauch sind heute unterschiedlichste Rabattstrukturen, welche Limiten setzen. In Bezug auf OPO Oeschger stellt das für den Schreiner kein schwerwiegendes Problem dar, weil diese Komponenten einen verhältnismässig bescheidenen Anteil am Preis des Fertigproduktes ausmachen.
OPO Oeschger hat in unzählige Massnahmen investiert, um die eigene Integration zum heutigen Stand zu entwickeln. Bis ComNorm breit abgestützt verwendet wird, braucht es noch einiges an Zeit und Anstrengung.
Kein Standard-ERP-System
OPO Oeschger verfügt über ein ausgeklügeltes Warenwirtschaftssystem, welches mit den verschiedenen Lagerrechnern kommuniziert und auch CRM-Funktionalitäten zur Verfügung stellt. Auch der Aussendienst und die Niederlassung in Deutschland sind an dieses System angeschlossen. Implementiert ist es auf einem Bull-Rechner und von OPO selbst in Cobol programmiert. In früheren Jahren wurde es auch an andere Handelsfirmen verkauft.
4. Kosten, Nutzen und Rentabilität
Bei der Bestellungsabwicklung über E-Business wird im Vergleich zum konventionellen Bestellprozess über Post, Telefon oder Fax eine Zeitersparnis von ungefähr einem Faktor 10 erzielt. Die interne Zeitersparnis wird erreicht, weil Medienbrüche in der Prozesskette von der Bestellung bis zum Versand eliminiert wurden. Die manuelle Erfassung der eingegangenen elektronischen Bestellungen entfällt.
Die Qualität der Bestellabwicklung ist bei Nutzung der E-Business-Lösung höher, was zur Rentabilität beiträgt: es können nur effektiv verfügbare Artikel bestellt werden, die Bestellung ist eindeutig und weitgehend fehlerfrei. Die Anzahl telefonischer Rückfragen wird minimiert und es gibt weniger Fehllieferungen.
Neben der Optimierung der Bestellabwicklung dürfte ins Gewicht fallen, dass viele Kunden die Internetlösung zum Einholen von Produkt- und Preisinformationen nutzen. Telefonische Anfragen entfallen und die Hemmschwelle, sich Auskünfte zu beschaffen, sinkt, was wiederum zu zusätzlichen Aufträgen führen kann.
Die angeführten Vorteile wirken sich direkt auf die Rentabilität der E-Business-Lösung aus. Die voneinander abhängigen soft factors sind aber schwierig zu beziffern. Für OPO Oeschger wäre es kaum sinnvoll, diese Einflussfaktoren zu isolieren und deren Auswirkungen auf den Geschäftserfolg zu erforschen.
Leichter zu beziffern sind die Einsparungen, welche aus einer Verschiebung der Aufgaben vom Lieferanten zum Kunden resultieren. Die Auftragserfassung muss bei der Nutzung der E-Business-Lösung vom Besteller erbracht werden. Diese Aufwendungen werden von OPO Oeschger honoriert und mit einem Bonus in der Höhe von 2 % des über E-Business getätigten Umsatzes den Kunden rückvergütet.
Mit dem gleichen Werkzeug wie die Kunden erfassen und übermitteln auch die 25 Aussendienstmitarbeiter alle Bestellungen. Insgesamt wird damit ein Jahresumsatz von etwa 40 Mio. Franken über die E-Business-Lösung abgewickelt.
In den letzten zehn Jahren investierte OPO Oeschger ungefähr eine Million Franken in die elektronischen Medien. Durch die kontinuierliche Evolution der E-Business-Lösung lassen sich die Investitionen in die vorliegende Version nicht genau abgrenzen. Die Amortisationszeit ist aufgrund der diversen oben angeführten Einflussfaktoren nicht exakt bezifferbar.
5. Erfolgsfaktoren
Die Erfolgsfaktoren für die Realisierung des vorliegenden Business Cases sind an sich bekannt: das Management identifiziert sich mit dem Projekt und beteiligt sich aktiv. Die betroffenen Mitarbeitenden werden involviert und damit zu Beteiligten. Wenige Ziele werden gesetzt, diese dafür präzise und erreichbar. Hergeleitet und detailliert aufgelistet finden sich die Erfolgsfaktoren, welche auch hier gelten, im Buch „Erfolgreich restrukturieren in KMU“ [Hafen et al. 1999], in dem auch eine darauf aufgebaute Umsetzungsmethodik gezeigt wird. Das vorliegende Projekt wurde zwar unabhängig von diesem Buch – aber ganz in diesem Sinn – beispielhaft durchgeführt.
Der Erfolg der IT-Lösung selbst ist in der konsequenten, pragmatischen Nutzung verfügbarer Technologie zu suchen. Die interne und die externe Integration erreichen sehr hohen Standards, ohne dabei Kunden oder Mitarbeitende technikzentriert zu überfordern.
Die Kundenorientierung ist ein Schlüsselfaktor. Die externe Integration wurde für die Kunden zu einem Vorteil, weil mit den Herstellern der Schreinersoftware Standards etabliert wurden.